Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
Aufschrift:
GOTT WÜRFELT NICHT.
EINSTEIN
Will stellte sein Tablet neben Ajays. Auf dem Bildschirm war eine exakte Kopie von Ajays Zimmer zu sehen, mit dessen Doppelgänger am Schreibtisch.
»Hochfahren«, befahl Will seinem Computer.
Der Bildschirm leuchtete auf und erneut trat Wills Double in Erscheinung, der sich nun in der gleichen virtuellen Version von Ajays Zimmer befand. »Ajay« begrüßte ihn freudig, eilte zu ihm – wobei er von seinem Monitor zu Wills Monitor wechselte! – und schüttelte »Will« die Hand.
»Abgefahren«, meinte Will. »Sie haben sich gerade kennengelernt.«
»Ja. Sie werden Freunde, genau wie wir.« Ajay wandte sich an die Bildschirme: »Zum größeren Screen wechseln.« Das Bild der kleineren Monitore wurde jetzt an Ajays Wand projiziert, dort, wo vorher das Periodensystem zu sehen gewesen war.
»Das Ding, das du mir gegeben hast, ist ein USB-Stick«, erklärte Ajay und hielt den mysteriösen Metallstreifen hoch, den er von Will bekommen hatte. Als er ihn an die Seite seines Tablets hielt, öffnete sich ein Port, in den er den Stick einführte.
Unmittelbar danach erschien auf dem großen Wandbildschirm eine große quadratische Stahlkiste, die auf dem Boden von Ajays virtuellem Zimmer lag. NICHT ÖFFNEN stand oben und an den Seiten. »Ajay« und »Will« gingen zu der Kiste und sahen sie sich an.
»Öffnet sie«, ordnete Ajay an.
Die Doppelgänger folgten der Anweisung und der Deckel klappte auf wie bei einer echten Kiste. »Ajay« griff hinein und holte eine kleinere Kiste heraus – ein weiteres plastisches Objekt, an dessen Seite DATEI stand – und stellte sie auf den Tisch.
»Datei öffnen«, befahl Ajay seiner Syn-App.
Der Befehl wurde ausgeführt. In der Kiste lag eine kleine Fotografie. »Das ist ein JPEG«, bemerkte Ajay. »Bitte auf Vollbildschirm vergrößern.«
Das Foto wuchs, bis es den Wandbildschirm mit einer Landschaft füllte, wie Will sie noch nie gesehen hatte. Zerklüftete, schneebedeckte Berge, von denen Wasserfälle Hunderte von Metern hinab in heiße Quellen stürzten, die sich durch eine üppige grüne Landschaft zogen. Merkwürdige kantige Felsformationen, die abrupt aus dem Boden schossen und in aufsteigenden Dampf gehüllt waren. Das Ganze war so majestätisch und zugleich gespenstisch wie eine außerirdische Welt.
»Ajay« und »Will« schauten von den kleinen Bildschirmen, die noch immer die Simulation von Ajays Zimmer zeigten, nach oben zur Wand. Will hörte, wie sie leise »Ahh« und »Ooh« murmelten.
»Wo ist das?«, fragte Will.
»Keine Ahnung«, gestand Ajay. »Es ist das einzige Bild auf dem Stick.«
»Kein Text, keine Informationen oder sonst irgendwelche Hinweise?«
»Nein, aber mir ist etwas Seltsames aufgefallen. Ein digitales Bild wie das hier sollte eigentlich nicht mehr als dreißig Megabyte groß sein. Diese Datei hat aber über neun Gigabyte.«
»Wie ist das möglich?«, fragte Will und schaute genauer hin.
»Das lässt sich nur durch zusätzliche Datenschichten erklären, die in das Bild eingebettet sind. Ich habe herumgestöbert und konnte ein bisschen mehr zutage fördern.« Ajay wandte sich an sein Double auf dem Tablet: »MPEG zeigen.«
Plötzlich wurde das Bild an der Wand lebendig. Das Wasser der Bäche begann zu strömen und kräuselte sich in den Quellen. Der gespenstische Nebel waberte um die Felsen herum und über die Landschaft zogen Wolken hinweg. Will und Ajay hörten Vögel zwitschern, das Donnern und Tosen von Wasserfällen und den Wind, der im hohen Bambus raschelte.
»Also ist es eine Videodatei und kein Foto«, schloss Will.
»Beides«, korrigierte Ajay ihn. »Aber das erklärt noch nicht annähernd die Größe. Kommt dir die lebendige Landschaft irgendwie vertraut vor?«
»Nein. Ich habe diesen Ort noch nie gesehen, da bin ich ganz sicher.«
»Mir geht’s genauso. Vielleicht kriege ich ja noch mehr raus, dafür brauche ich aber Informationen. Wann verrätst du mir endlich, wo du das gefunden hast?«
Bevor Will antworten konnte, klopfte jemand rhythmisch an die Tür.
»Das ist Nick«, verriet Ajay und machte ihm auf.
Nick spazierte herein, im Arm mehrere Schachteln mit chinesischem Essen, Pappteller, Wasserflaschen und ein paar Glückskekse, die er auf der Nase balancierte.
»Mensch, Nick, veranstalte hier bloß keine Sauerei«, murrte Ajay.
»Immer mit der Ruhe, Bruder. Wann habe ich jemals eine Sauerei veranstaltet?«, entgegnete Nick und jonglierte kurz mit den Mitbringseln, wobei Ajay
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