Paladin Project. Renn um dein Leben (German Edition)
Brandschneise würde er nicht schaffen.
Weiter unten durchschnitt plötzlich ein grelles Licht die Dunkelheit. Mit dem ohrenbetäubenden Röhren eines voll aufgedrehten Motors schoss ein Paar gleißender Scheinwerfer auf ihn zu. War das eine schwarze Limousine? Will konnte es unmöglich sagen.
Er hechtete zur Seite, als der Wagen vorbeiraste und die Hitze einer gewaltigen Maschine die Luft zum Flirren brachte. Der beißende Geruch von verbranntem Gummi stieg ihm in die Nase, als das Auto hinter ihm scharf bremste und sich mit quietschenden Reifen einmal um hundertachtzig Grad drehte. Aber es war nicht die Limousine! Von den Scheinwerfern geblendet, konnte Will die schwarzen Konturen des Prowler ausmachen, den er vor dem Café gesehen hatte, und seinen massigen Fahrer hinter dem Lenkrad.
Flammen schlugen mit gewaltigem Zischen aus dem Doppelauspuff und eine Feuerwand schoss empor, in die Wills mysteriöse Verfolger direkt hineinrannten. Sofort verwandelte sich ihr Geheul in ein grässliches Kreischen und Will sah die zuckenden Umrisse panischer, unförmiger Gestalten.
Der Wagen fuhr an und bremste dann scharf neben Will. »Steig ein!«, schnauzte der Fahrer ihn an. Es war dieselbe Stimme, die Will an diesem Morgen vor dem Café gehört hatte – allerdings in seinem Kopf .
Will warf sich auf den Beifahrersitz, während der Fahrer das Gaspedal durchdrückte. Er drehte sich um und sah die brennenden Kreaturen, die wild um sich schlagend den Abhang hinunter ins Leere stürzten und dabei leuchtende Feuerspiralen nach sich zogen.
Mit einem ohrenbetäubenden Röhren raste der Prowler durch das geöffnete Tor am Fuß der Straße und erreichte kurz darauf die Ebene. Will duckte sich, als sie mit unvorstellbarer Geschwindigkeit durch die Haarnadelkurven jagten. Der Fahrer hatte sich über das Lenkrad gebeugt und im Licht der vorbeihuschenden Straßenlampen entdeckte Will einen großen runden Aufnäher auf der Lederjacke des Mannes: drei Abbildungen und Worte, die er aber nicht genau erkennen konnte.
Dann kam der Prowler auf einem unbeleuchteten Abschnitt der Straße mit quietschenden Reifen zum Stehen. »Raus«, knurrte der Fahrer.
Will sprang aus dem Wagen und wich zurück. Der Fahrer verharrte im Schatten und starrte ihn durch seine schwarze Pilotenbrille an. Die angespannte Präsenz des Mannes und seine beunruhigende Reglosigkeit verhießen Gewalt.
»Was sind das für Wesen?«, fragte Will.
»Das willst du gar nicht wissen.«
»Aber …«
»Halt 's Maul. Du hältst dich wohl für den großen Zampano, Kollege, aber wenn du nicht frühzeitig den Löffel abgeben willst, benimm dich beim nächsten Mal nicht wie ein Vollidiot.«
Will konnte den Akzent des Mannes nicht einordnen, aber er klang scharf wie eine Klinge. »Tut mir leid«, sagte er. »Aber ich habe keine Ahnung, was Sie gerade gesagt haben.«
Der Fahrer beugte sich ins Licht und nahm seine Sonnenbrille ab. Er hatte grimmige schwarze Brauen, die sich über stechenden Raubvogelaugen wölbten. Und Narben. Jede Menge Narben. Er streckte den rechten Zeigefinger nach oben. »Das war Nummer eins«, meinte er. Dann trat er aufs Gas. Der Prowler verschwand um eine Kurve und das Geräusch seines Motors verhallte in der Nacht.
Will schaute sich um. Er stand ungefähr fünfzehn Meter von der Hintertür seines Hauses entfernt. Durch ein geöffnetes Fenster drang Musik. Will hörte eine Frauenstimme singen, begleitet von einer Big Band mit altmodischer Instrumentierung:
»Gehst in den Wald du heute Nacht,
dann fühle dich gewarnt …
Gehst in den Wald du heute Nacht,
sei besser gut getarnt …«
DAD IST ZU HAUSE
Will spähte vorsichtig um die Ecke des Hauses: Die Limousinen waren verschwunden. Er eilte zur Hintertür und stahl sich leise ins Haus. Jemand war in der Küche. Es roch nach Moms Parfüm und frisch gebackenen Keksen. Will schlich durch den Flur und warf einen Blick durch den Türspalt in die Küche.
»Belinda« ging dort auf und ab, ein Handy ans Ohr gedrückt. Als sie sich mit der Hand über den Nacken fuhr, zuckte sie zusammen, als habe sie Schmerzen. Dann sprach sie mit einer monotonen Stimme, die Will kaum wiedererkannte, in ihr Smartphone: »Er ist noch nicht zurück … Ich weiß nicht, wo er ist … Ja, ich sage Bescheid, wenn er …«
Vorsichtig machte Will einen Schritt zurück. Doch dabei trat er auf eine knarrende Bodendiele – und stieß dann gegen die Wand, bei dem Versuch, nicht noch mehr Lärm zu verursachen.
»Will-Bär?«, rief
Weitere Kostenlose Bücher