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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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lassen.«
    »Und die Öfen? Wie haben sie ausgesehen?«
    »Manche waren in den Boden eingegraben und mit Ton oder Ziegeln ausgefüttert«, nickte Theseus. »Aber sie taugten wenig. Ich weiß, daß mein Großvater nie mit ihnen zufrieden war. Später ließ er die Erze in eine Grube schütten und einen Hügel darüber errichten, aus dem ich die Flammen herausschlagen sah.«
    Daidalos nickte. »So weit bin ich auch schon«, sagte er leise. »Erze und Lagen von Kohlen darüber. Blasebälge, die mit dem Fuß bedient werden, Luft, durch tönerne Pfeifen eingeführt. Ausflußrinnen. Aber das reicht nicht aus, um das Metall so geschmeidig zu machen, daß es anschließend bearbeitet werden kann. Das größte Problem ist es, die Zufuhr der Hitze absolut gleichmäßig zu halten.« Er deutete nach hinten. »Aber mit diesen Männern? Kaum zu schaffen! Sie sind keine Sklaven, die ich einfach an die Öfen abkommandieren kann. Von früh bis spät kommen sie mir mit ihren Handwerksregeln, und wenn ich sie nicht ständig lobe, verlieren sie die Lust. Dauernd muß ich mir anhören, was die Priesterinnen zu diesem und zu jenem sagen. In ihren Holzschädeln denken sie, die Göttin wünsche offenbar nicht, daß Eisen zum Schmelzen gebracht wird. Großer Zeus, steh mir bei! Jeden Tag muß ich von neuem gegen ihre Borniertheit angehen. Aber was rede ich da!« Er sah Theseus argwöhnisch an. »Meine Probleme werden dich kaum interessieren!«
    »Warum nicht?« erwiderte Theseus prompt. »Schließlich sind wir beide Athener und sollten in der Fremde zusammenhalten.«
    Daidalos blieb ihm die Antwort schuldig. Zu widersprüchlich waren die Gefühle, die diese letzte Bemerkung in ihm ausgelöst hatte. Er betrachtete den Jungen und versuchte, hinter den merkwürdig freudlosen Augen das Bild seines Vaters heraufzubeschwören. Damals war Aigeus jung und tatkräftig gewesen, ein strahlender König, hinter dem die noblen Familien der Stadt gestanden hatten. Er schüttelte den Kopf und schob das Bild beiseite, weil er es haßte, an seine Heimatstadt erinnert zu werden und an den Mann, der er einmal gewesen war. Damals hatte ihm die Welt offen gestanden. Das war lange vorbei, und er wußte es. Aber warum gelang es ihm nicht, hier auf Kreta friedlich zu leben?
    Feindselig starrte er Theseus an. Was ahnte der schon von seinen Kämpfen? Von den vielen Nächten, in denen er wachlag und Minos, seine Königin und ganz Kreta verfluchte? Seit Jahren schon sehnte er sich nach der Gesellschaft von Männern seinesgleichen und haderte mit dem Sohn, der in seinen Augen kein echter Mann werden wollte.
    »Genug für heute«, sagte er abrupt. »Die Schmiede kehren gleich zurück. Ich will nicht der sein, der sie von ihrer Arbeit abhält.«
    »Darf ich wiederkommen?« bat Theseus. »Bitte!« Sein Ton klang ehrlich.
    »Wenn du möchtest«, erwiderte Daidalos zu seiner eigenen Überraschung. »Aber achte darauf, daß niemand dich sieht! Ich lege wenig Wert darauf, daß alle Mysten um meinen Amboß herumstehen.«
    Theseus nickte. Er hatte genau verstanden, was der Ältere damit sagen wollte. Er lächelte, als er zu seinem Quartier zurückstapfte. Er würde sein Geheimnis mit niemandem teilen. Zumindest vorerst.
     
    Asterios erreichte Zakros zwei Tage vor dem Sonnwendfest. Er war auf dem Gaulos mitgesegelt, der die heiligen Gerätschaften transportierte. Schwierige Wochen lagen hinter ihm. Wilder Aufruhr hatte in seinem Inneren getobt, der sich durch nichts besänftigen lassen wollte. Kein Gebet, keine Versenkung auf Gipfeln oder in heiligen Hainen hatte geholfen. Die Zeit des Opfers kam näher, er spürte es und empfand Angst. Warum ich? hatte er sich wieder und wieder gefragt, und mit jeder dieser quälenden Fragen war seine Zerrissenheit nur noch schmerzhafter geworden. Warum meine Ariadne?
    Seine Unruhe hatte ihn schließlich an den Fuß des Nidagebirges geführt. Nach Wochen in freier Natur hatte er zum erstenmal wieder in einer kleinen Herberge übernachtet. Dort hörte er Leute über Tyro, den Heiligen vom Berg, sprechen.
    Er war frühmorgens aufgebrochen; nach einigen Stunden kam er an einer merkwürdigen Behausung vorbei, halb Hütte, halb in den Berg getriebener Stollen. Ein magerer, grauhaariger Mann stand davor und sah ihn ruhig an. Asterios hielt inne und blieb. Zwei Tage und zwei Nächte verbrachte er in seiner Gesellschaft. Kein Wort fiel zwischen ihnen, und dennoch verständigten sie sich ohne Schwierigkeiten. In der zweiten Nacht, als Asterios draußen vor

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