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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wäre nicht gut, wenn man uns zusammen weggehen sähe. Ich weiß etwas Besseres!« Sie lächelte. »Deinen Zimmergenossen wirst du nicht loswerden können, und ich habe eine lästige Dienerin auf dem Hals. Zum Glück verfügt der Palast jedoch über leere Gemächer, in denen Rätsel gelöst und Geheimnisse enthüllt werden können.« Er sah sie verblüfft an, aber sie sprach schnell weiter. »Ich werde dich holen lassen«, versprach sie und sah sich beim Sprechen mehrmals verstohlen um. »Wenn es dreimal klopft, sei bereit!«
     
    Asterios hatte das seltsame Gefühl, schon lange wachgelegen zu haben. Vielleicht hatte er gar nicht geschlafen, sondern sich nur in dem schwebenden Zustand befunden, der manchmal dem Traum vorangeht. Über ihm befand sich das dunkle Viereck des geöffneten Fensters.
    Außer dem Schlagen seines Herzens vernahm er auf einmal das andere Geräusch, das ihn wohl aufgeschreckt haben mußte. Er setzte sich auf und lauschte. Keuchen war zu hören und unterdrücktes Stöhnen. Es klang wie ein Ringkampf. Sollte er aufstehen und eine Lampe anzünden?
    Er tastete nach den Feuersteinen auf dem niedrigen Tisch neben dem Bett und ließ die Hand wieder sinken. Was ging nebenan vor?
    Er preßte sein Ohr an die Wand. Er hörte Lachen, Grunzen und Schnaufen, schließlich ein gleichförmiges Klatschen.
    Das sind zwei Körper, dachte er und fuhr auf. Jemand hatte sich zum Liebesspiel in ein leeres Zimmer geschlichen. Um seine Ruhe war es jedenfalls geschehen. So sehr er sich auch bemühte, er konnte nicht mehr einschlafen.
    »Ich will dich«, stöhnte die Frau, und er erkannte ihre Stimme. »Jetzt. Jetzt gleich!«
    Wie in Trance stand er auf, schlang sich ein Tuch um die Hüften und stolperte hinaus auf den dunklen Flur. Seine Hand lag schon auf dem Türgriff, da zögerte er noch einmal. Aber er konnte nicht anders. Er mußte es mit eigenen Augen sehen.
    Irgendwo im Raum brannte eine Ölfunzel, die milchiges Licht spendete. Theseus lag nackt ausgestreckt auf dem breiten Bett. Ariadne kauerte auf ihm. Ihr Haar war aufgelöst, ihr schlanker Rücken, der sich rhythmisch auf und ab bewegte, glitzerte schweißnaß.
    Asterios war sich sicher, daß sie ihn hatte eintreten hören. Aber sie zögerte keinen Augenblick. Ohne in ihrem wellenförmigen Auf und Ab innezuhalten, ließ sie sich vornüber fallen und rieb leidenschaftlich ihre Brüste an dem glatten Oberkörper des Mannes. Dann hob sie sich ein wenig, um ihn weiter zu reizen, und sank dann unvermittelt tiefer auf ihn nieder. Sie wiederholte ihr Spiel, laut keuchend vor Lust. Die ganze Zeit über hielten seine Finger ihre Hinterbacken umfaßt, als versuche er, ihre Bewegungen zu steuern.
    Asterios konnte kaum noch atmen. Er sah, wie die beiden stöhnten und sich ekstatisch wanden, wie schließlich der Mann in ihr erbebte und einen erstickten Laut von sich gab.
    Geschmeidig rollte Ariadne sich auf die Seite und schmiegte sich gleich wieder lasziv an den nackten, kräftigen Leib. Ihre Hände strichen besitzergreifend über seine Schenkel.
    Dann hob sie den Blick und sah Asterios an. »Willkommen, geliebter Bruder«, lächelte sie mit dunklen, schwimmenden Augen. »Ich habe dich schon sehnsüchtig erwartet.«

Die Flüchtlinge
    Seit Wochen liefen die Öfen im Südflügel auf Hochtouren. Anstatt wie bisher seine Schmiede jeden Morgen neue Feuer entfachen zu lassen, hatte Daidalos Strafen angedroht, falls die Glut ausgehen würde. Wachen sorgten dafür, daß auch während der Nachtstunden die Temperaturen konstant blieben.
    Der Herbst hatte die Blätter der Steineichen gefärbt. Die Männer, die vor den Gruben hockten und mit Tütenbälgen immer wieder Luft in die Tonröhren bliesen, hatten sich Decken um die Schultern gelegt. Kaum waren die ersten Vogelstimmen zu vernehmen, erschien meist auch schon Daidalos, um die Ausbeute zu begutachten. Manchmal blieb er die ganze Nacht und besorgte eigenhändig den Nachschub. Sorgfalt und Fingerspitzengefühl waren verlangt, denn Holzkohle und Erzstückchen mußten im richtigen Verhältnis Lage für Lage übereinander geschichtet werden.
    War der Ofen gefüllt, wurde er mit einem Tonpfropfen verschlossen. Dann konnte man nichts anderes mehr tun, als die Luftzufuhr zu regulieren und abzuwarten, bis die Schmelztemperatur erreicht war. Nach mehreren Stunden floß schließlich eine teigige Masse heraus und sammelte sich in der Grube. Der Eisenkuchen mußte von der Schlacke befreit werden, am besten sofort. Sonst ließ sie sich erst

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