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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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ließ seine Ledersäcke zu Boden gleiten und verfolgte sie bis in einen kleinen Innenhof. Es gelang ihm gerade noch, sie mit lautem Schimpfen von dem Mandelbäumchen neben der Treppe wegzuscheuchen, die zu den oberen Geschossen führte. Schweißgebadet trieb er die Tiere zurück auf die Straße und nahm wieder seine Beutel auf. Hilfesuchend blickte er sich um. In welcher Richtung ging es zu den Stallungen der Königin?
    Scherben klirrten. Er war gegen einen kleinen Mann von üppigem Leibesumfang gerumpelt, der über und über mit den verschiedensten Tongefäßen behangen war. Vor Schreck hatte der andere seinen prallgefüllten Stoffbeutel auf das Pflaster fallen lassen. Nun bückte er sich ächzend, schlug die Falten seines schweren Mantels zurück und begann fluchend, den Beutel zu durchwühlen.
    Erschrocken wollte Asterios ihm helfen, aber er wurde unsanft zur Seite gestoßen.
    »Finger weg! Du hast schon genug angerichtet!« Der Mann richtete sich schwerfällig auf. »Große Göttin, gib mir meine Sanftmut zurück!«
    Anklagend hielt er ihm eine Handvoll fettig glänzender Scherben entgegen. »Du hast mein Balsamtöpfchen in tausend Stücke zerschlagen! Alles ist ausgeflossen!« Sein volles, sorgfältig rasiertes Gesicht unter der hohen Stirn hatte ein kräftiges Rot angenommen, und seine wasserfarbenen Augen blitzten angriffslustig. »Wieder einer dieser Hirten, die nichts als Ärger in der Stadt anrichten! Und was soll nun geschehen?«
    »Ich komme selbstverständlich für den Schaden auf«, sagte Asterios.
    »Darf ich fragen, womit?« schnaubte sein Gegenüber. Argwöhnisch beäugte er den staubigen Wollmantel, den Asterios trug, seine bloßen Füße in den abgetretenen Sandalen. »Hast du zufällig einen Topf vom besten ägyptischen Balsam in deinem Gepäck? Du schüttelst den Kopf? Wie schade! Dann hast du wahrscheinlich auch keine Ahnung, wie unendlich schwierig es ist, diese Kostbarkeit zu bekommen! Willst du mir als Gegengabe vielleicht weißen Käse überlassen, mit dem morgen die Göttin vor dem Opfer gesalbt werden soll?«
    Als Asterios in seine Tasche griff und ihm wortlos einen kleinen Gegenstand reichte, erstarb sein Spott.
    »Was haben wir denn hier? Das heilige Doppelhorn mit der Sonnenscheibe!« Er wog das Medaillon respektvoll in der Hand. »Aus massivem Gold! Damit wäre mein Schaden freilich behoben!« Er musterte Asterios nachdenklich, und seine Züge entspannten sich. »Woher hast du diese Kostbarkeit, mein Junge?« fragte er mit veränderter Stimme. »Doch nicht etwa gestohlen? Sag mir die Wahrheit!«
    »Von meiner Mutter«, erwiderte Asterios knapp und zwang sich, nicht weiter an Merope zu denken.
    »Vielleicht ist es ihr nicht recht, und sie wird dir später Vorwürfe machen«, bohrte der andere weiter, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
    »Wird sie nicht«, kam scharf die Entgegnung. »Meine Mutter ist … ist tot. Behalte den Anhänger für deine Verluste und laß mich weiterziehen. Ich muß sehen, daß ich zu den Stallungen komme und ein Bett finde.« Er wandte sich zum Gehen.
    Kräftige Hände hielten ihn zurück. »Nicht so schnell! Du bist zur Zählung in der Stadt?« fragte der Mann plötzlich viel verbindlicher.
    Asterios nickte.
    »Dann hast du dein Nachtquartier schon gefunden! Iassos, Parfumhändler und Salbenmeister, lädt dich in sein Haus ein!« Dabei buckelte er so ungelenk, daß seine Fläschchensammlung abermals gefährlich ins Schwanken kam.
    »Ich weiß nicht recht«, wandte Asterios ein.
    »Nur keine Umstände, mein junger Freund! Ich bin in der ganzen Stadt für meine Gastfreundschaft bekannt. Wie wirst du genannt?«
    »Astro. Kannst du mir den Weg zu den Ställen zeigen?«
    »Nichts einfacher als das. Du folgst dieser Straße, bis sie nach dem großen Platz eine scharfe Biegung macht. Da hältst du dich erst rechts, dann links, bis du etwas weiter mehrere strohgedeckte Gebäude siehst. Du bringst deine Tiere dort unter und kehrst auf dem gleichen Weg zurück. Mein Haus dort drüben erkennst du an seinem vorgebauten Türmchen. Ich erwarte dich später mit einem kleinen Mahl!«
    Asterios willigte ein. Er trieb die Tiere in die angegebene Richtung und versuchte, sich nicht von den fremdartigen Geräuschen der abendlichen Stadt irritieren zu lassen, die ihn wie das Summen eines riesigen Bienenstocks umfingen. Dünner Rauch stieg aus vielen Innenhöfen empor, in denen die offenen Kochstellen lagen. Es roch nach frischem Brot und gebratenem Fleisch, und er wurde langsam

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