Palast der blauen Delphine
Käselaibern, die man in Olivenöl eingelegt hatte. Daneben lagen Mandelkuchen, getrocknete Datteln und Feigen, Honigkonfekt und Sesamkugeln.
Wein und Met flossen in Strömen, lösten die Zungen und machten die Gesichter schwer und einfältig. Schon waren die meisten Teller leergegessen. Weindunst lag über dem Platz, vermischte sich mit Essens- und Schweißgerüchen. Das Gelächter wurde lauter, die Prahlereien deftiger, Paare umarmten sich in dunklen Ecken.
Nach zwei Bechern Wein begann Asterios sich leichter zu fühlen. Nach dem dritten verdüsterte sich seine Stimmung wieder. Er hatte sich ganz an den Rand des Festplatzes gesetzt und sah teilnahmslos dem lauten Treiben zu.
Baupios kam Arm in Arm mit einer üppigen Frau auf ihn zugetorkelt. »Warum so allein?« Er blies Asterios seinen säuerlichen Atem ins Gesicht. »Komm, sei fröhlich mit uns!«
»Laß mich in Ruhe! Ich bin nicht zum Feiern aufgelegt.«
»Ach, komm schon, mein kleiner Freund, zier dich nicht so!« Baupios stützte sich schwer auf seine Schulter. »Ich weiß ein heißes Weib für dich!«
Asterios wich so rasch zurück, daß Baupios stolperte und aus dem Gleichgewicht kam. »Hast zu wenig getrunken, das ist es!« röhrte er.
Überraschend wendig packte er Asterios bei den Schultern, preßte ihm das tönerne Mundstück seines Weinschlauchs an die Lippen und drückte kräftig zu. Ein dünner Weinstrahl floß Asterios über Kinn und Hals.
Mit einem Satz war Asterios weggesprungen und stand mit funkelnden Augen vor dem Betrunkenen. »Hau endlich ab und laß mich allein!«
»Bist du dir zu fein, um mit deinen Freunden zu saufen? Ohne mich hättest du wie ein Wurm vor dem Thron gelegen!«
Er versetzte Asterios einen harten Stoß. Ohne nachzudenken fuhr Asterios ihm mit der Faust in die Magengrube. Fast im gleichen Moment traf ihn Baupios Rechte voll unter der Nase.
Seine Lippe platzte; Asterios bekam einen dröhnenden Hieb auf sein Ohr. Er schlug zurück und traf den Mann genau zwischen den Augen.
Blind vor Schmerz und Zorn wollte sich Baupios auf ihn werfen. Doch zwei Männer aus der Gruppe der Schaulustigen, die sie weinselig angefeuert hatten, hielten ihn zurück.
»Die Königin und ihre Töchter!«
Verwirrt trat Asterios ein Stück zurück, um Platz für die Frauen zu machen. Allen voraus lief das Mädchen mit den Kupferlocken. In der Mitte schritt Pasiphaë. Mit streng nach hinten gekämmtem Haar bewegte sie sich lächelnd durch die Menge. Links und rechts von ihr erkannte Asterios die jungen Frauen, die ihr beim Opfer zur Hand gegangen waren. Beide sahen sich ähnlich; die größere, die noch mehr der Mutter glich, war offenbar schwanger.
In einigem Abstand folgten Jesa und Eudore und unterhielten sich leise. Ihren Mienen nach zu schließen, ließen sie sich verächtlich über das Gewimmel und die Festlichkeit aus.
Asterios überlegte, ob er sich zur Königin durchdrängen sollte. Aber das schien ein aussichtsloses Unterfangen zu sein. Er konnte ihr doch nicht mitten im Gewühl den Ring zustekken! Schon bald sah er, wie sich Pasiphaë zum Gehen wandte und auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes in einer Gasse verschwand.
Seine Kehle brannte, seine Lippe war dick angeschwollen, und in seinem rechten Ohr pochte dumpfer Schmerz. Er war müde und durstig und griff mechanisch nach dem dickbäuchigen Weinkrug neben sich. Dann sackte er auf einer der hölzernen Bänke zusammen und barg den Kopf in seinen Händen.
Langsam begann sich der Platz zu leeren. Schläfer rollten sich in ihre Decken, Betrunkene torkelten nach Hause.
»Willst du den Rest der Nacht im Sitzen verbringen? Es war ein langer Tag für dich, und du solltest versuchen zu schlafen!« Iassos sah mit bekümmerter Miene auf ihn herab. Asterios war so überrascht, daß er kein Wort herausbrachte.
»Ich sehe, du bist verletzt. Tut es weh?« Mit erstaunlicher Sanftheit berührte der Parfumhändler seine geplatzte Lippe, und der Junge zuckte zusammen. »Halb so schlimm, mein Freund! Kühlende Kamillenpaste, passierte Speisen in den nächsten Tagen, und alles wird wieder gut.«
»Nichts wird wieder gut«, murmelte Asterios und verstummte. Wie sollte er Iassos sein Scheitern erklären?
»Hab Vertrauen!« Der Parfumhändler ließ sich neben ihm auf der Bank nieder. »Vielleicht kann ich dir helfen.«
»Vielleicht kannst du das wirklich«, stieß Asterios mit dem Mut der Verzweiflung hervor. Warum sollte er noch zögern? Er hatte nichts mehr zu verlieren. »Ich muß die
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