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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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entdeckte er den Parfumhändler, der zwischen den Säulen hin- und herwanderte und dabei die Lippen im stummen Selbstgespräch bewegte.
    »Na, wie ist es dir ergangen?« kam er ihm neugierig entgegen. »Du bist ja bleich wie frischgerührter Käse! Was hat die Königin zu dem Ring gesagt?«
    »Sie hat sich bedankt.«
    »Einfach bedankt?«
    »Und mich zum königlichen Hirten bestellt.«
    »Das ist ja wunderbar!« rief Iassos begeistert. »Ein hohes Amt für einen jungen Mann!«
    Asterios machte eine vage Handbewegung.
    »Warum blickst du denn so sauertöpfisch drein? Da werfe ich alles in die Waagschale: meinen guten Namen, das Vertrauen der Königin – und dann bekommst du nicht einmal den Mund auf! Ich muß schon sagen, ich bin enttäuscht!«
    »Schon gut«, murmelte Asterios.
    »Was soll das nun wieder heißen?« erregte sich Iassos. »Was soll weiter geschehen? Wohin jetzt mit dem wertvollen Räucherwerk, das ich deinetwegen zurückgehalten habe?«
    »Gib den Weihrauch einer Dienerin. Pasiphaë hat es so befohlen«, erwiderte Asterios mit ungewohnter Schärfe. »Ich danke dir für deine Bemühungen. Aber ich muß fort.« Er streckte ihm seine leeren Hände entgegen und lächelte schief. »Besäße ich noch etwas Wertvolles, würde ich es dir gern überlassen. Nein, begleite mich nicht!« wehrte er ab, als Iassos Anstalten machte, ihm zu folgen. »Ich muß allein gehen. Die Göttin segne dich!«
    Iassos blieb kopfschüttelnd zurück. Es dauerte eine ganze Weile, bis er zu einem Entschluß gekommen war. Dann entspannten sich seine Züge, und die Spur eines Lächelns erhellte sein Gesicht.
    Natürlich dachte er nicht daran, seinen kostbaren Weihrauch irgendwelchen Dienerhänden anzuvertrauen. Er würde geduldig abwarten. Pasiphaës Groll verrauchen lassen. Spätestens wenn das Rot in den Scharlachtöpfchen zur Neige ging, würde sie ihn rufen lassen.
    Langsam stieg er hinab in die große, kühle Empfangshalle.
    Ich will versuchen, dein Freund zu sein, Hirte, dachte er. Auch wenn es nicht einfach zu sein scheint. Aber ich habe den Eindruck, es lohnt sich.
     
    Früh am Morgen hatte der Regen eingesetzt, warm und ungewöhnlich ausgiebig für die Jahreszeit, der die staubigen Feldwege zwischen den Olivenhainen vor der Stadt in zähen Morast verwandelt hatte. Die Luft roch nach nassem Laub, und die Blätter der Bäume glänzten.
    Die Menschen von Chalara freuten sich über das Wasser, das über die flachen Dächer durch Rinnen und Abflußrohre in die Auffangbecken im Hof lief. Von dort gurgelte es weiter in die unterirdischen Zisternen, die durch ein weitverzweigtes Stollennetz die Stadt mit der südlich gelegenen Palastanlage von Phaistos verbanden.
    Bis die Marktleute auf der Agora ihre Verkaufsstände aufgebaut hatten, war der Himmel über Chalara wieder blau und wolkenlos, und das rötliche Pflaster des großen Platzes beinahe trocken. Auf dem Wochenmarkt drängten sich die Käufer. Bäuerinnen priesen lautstark ihre Frühjahrsernte an: Kresse, Rapunzel, Sellerie, graue Ackererbsen, Zuckerschoten, Bohnen und die länglichen Früchte des Johannisbrotbaums. Aus Weidenkörben lugten die ersten Spargelspitzen hervor. Neben Salatköpfen und Zitronen waren Artischocken zu stachligen Haufen aufgetürmt. An einigen Ständen gab es Haselnüsse, Pinienkerne, Mandeln und Pistazien zu kaufen, an anderen wurde Honig in Amphoren angeboten. Überall neben den Tischen standen die schwarz- und rotbemalten Tonkrüge, gefüllt mit Olivenöl aus der ersten Pressung des Jahres. Der würzige Geruch der Ziegenkäselaiber mischte sich mit dem Aroma der Thymian-, Rosmarin- und Minzbündel.
    Es war Aufgabe der Frauen, in der Stadt die frischen Waren feilzubieten; die Männer besorgten einstweilen die Feldarbeit, an der sich auch die Kinder beteiligten, die noch zu Hause lebten. Trotzdem sah man viele junge Mädchen an den Ständen. Dies waren die jüngsten Töchter, die nach kretischem Brauch das Erbe antreten würden. Ihr Lachen und Plappern war überall zu hören.
    Eine ganze Weile schon war Asterios auf dem Markt herumgeschlendert. Neugierig blieb er vor einer Feuerstelle stehen, über der in einem Kessel Küchlein in heißem Öl garten. Asterios ließ sich eine Handvoll von dem knusprigen Gebäck geben und verschlang es. Danach verlangte er eine weitere Portion, die er ebenfalls gierig in sich hineinstopfte. Die Bäckerin, eine junge Frau mit braunen Locken und fröhlichen Augen, sah ihm amüsiert dabei zu.
    »Da ist ja jemand mit

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