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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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schrill. »Niemals!«
    Die Priesterinnen hatten sich auf Pasiphaës Wunsch im heiligen Hain versammelt. Dreißig Frauen jeden Alters sowie ein paar Novizinnen standen mit ihren Fackeln im Kreis, von Phaidra aufgeregt und neugierig beäugt. Zum erstenmal durfte sie an der Seite der Mutter an einer nächtlichen Versammlung der Weisen Frauen teilnehmen. Es war Zeit, sie einzuführen; der Beginn ihres ersten Mondflusses konnte nicht mehr fern sein. Dann war auch sie für immer mit der Göttin verknüpft, und ihre Bindung würde noch enger werden. Als jüngste Tochter Pasiphaës ging eines Tages nicht nur der Thron, sondern auch das Amt der Hohepriesterin auf sie über.
    »Asterios ist der, den uns das Orakel vorhergesagt hat«, erwiderte Mirtho gelassen. »Und das nicht einmal, sondern viele Male. Er wird der Göttin eines Tages dienen, wie wir es tun.«
    »Aber er ist ein Mann!« widersprach Eudore. »Selbst wenn du ihn in Röcke steckst, ändert das nichts an seinem Geschlecht!«
    »Meine Schwester Merope hat ihn aufgezogen. Meint ihr, sie hat einen durchschnittlichen Mann aus ihm gemacht?«
    »Er braucht keine Röcke«, ergänzte Pasiphaë. »Er ist Sproß der Heiligen Hochzeit und damit Ihr Kind.«
    »Aber sein Körper verändert sich nicht! Wie soll er die Opferungen der Wandlungen vollziehen, wenn er weder bluten noch gebären kann?«
    »Er wird den Einweihungsweg durchschreiten«, erwiderte Pasiphaë herrisch. »Schneller als dies andere tun. Anschließend wird er der Göttin geweiht. Durch meine eigenen Hände.«
    Die meisten Frauen starrten sie noch immer mißtrauisch an. »Willst du so vollenden, was einst dein Gatte versucht hat?« Jesa sprach aus, was viele befürchteten. »Die Herrschaft der Frauen auf sanfte Weise brechen? Wenn wir erst einmal Männer in die Priesterschaft aufnehmen, werden sie bald auch in Staatsdingen mitreden und entscheiden wollen.«
    »Wir nehmen keine Männer auf, sondern geben nur dem Lilienprinzen, was ihm gebührt. Er allein kann uns retten, vergeßt das nicht! Ich bitte euch, mich dabei zu unterstützen, wie ihr es der Großen Mutter gelobt habt.«
    Sie hatte gewonnen. Sie sah es an ihren Mienen. Der Eid, den die Frauen der Göttin geschworen hatten, war stärker als aller Unmut.
    »Sie geben sich nur für den Augenblick zufrieden«, sagte Mirtho, als sie gemeinsam zurück zum Palast gingen. »Sie werden sich beraten und nach neuen Argumenten suchen.«
    »Das solltest du allerdings auch.« Pasiphaë war stehengeblieben und schickte Phaidra ein Stück voraus. »Wir müssen uns ebenfalls unterhalten – du und ich«, sagte sie leise. Die zornige Falte zwischen ihren Brauen verriet ihren Gemütszustand. »Am besten wäre es, deine kluge Schwester Merope wäre auch gleich mit dabei. Was habt ihr euch eigentlich gedacht, mich all die Jahre zu betrügen?«
    »Merope und ich haben ebenfalls der Göttin den heiligen Eid geschworen«, sagte Mirtho fest. »Wir taten, was zu tun war – in Ihrem Namen. Das Wohl Kretas ist wichtiger als deine Gefühle. Hast du das vergessen, Tochter?«
     
    Seit Tagen schon wartete Asterios vergeblich auf eine Nachricht von Ariadne, auf irgendein Zeichen, das ihn aus seiner Betäubung erlösen würde. Er lief umher wie ein Schlafwandler, zu dem alle Geräusche, alle Stimmen nur gedämpft durchdrangen. Man hatte ihn, da die Erweiterungsbauten des Nordflügels noch nicht abgeschlossen waren, zunächst im südlichen Trakt untergebracht. Die beiden ineinandergehenden Räume waren hell und mit wenigen, ausgesuchten Stücken möbliert.
    Asterios aber hatte weder Augen für die Jagdszene, die sich als Fries an den Wänden entlangzog, noch für den Spieltisch aus Onyx und Elfenbein, den Pasiphaë zu seiner Zerstreuung hatte aufstellen lassen. Zu ihrer Enttäuschung zeigte er erstaunlich geringes Interesse an allem, was sie sich für ihn ausgedacht hatte. Bei Tisch, im Kreis seiner Geschwister, gab er zerstreute Antworten und wirkte schüchtern, geradezu unbeholfen.
    Zu keinem seiner Halbbrüder schien es ihn hinzuziehen. Deukalion hatte nach anfänglichem Bemühen seine Annäherungsversuche wieder einschlafen lassen, und der dunkle, verschlossene Katreus war ohnehin kein Freund vieler Worte. Er und Glaukos, der jüngste der Brüder und nur ein Jahr älter als Asterios, mieden seine Nähe und beschränkten sich darauf, ihn aus sicherer Entfernung zu beobachten.
    Asterios bemerkte nichts von alledem. Er war froh, wenn er nicht viel reden mußte und verschwand schnell

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