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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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die lüsternen Gesten, mit denen seine Frau den, der die Maske trug, liebkost hatte. Wie gelähmt hatte Minos ihrem Treiben zugesehen und gespürt, wie quälende Eifersucht in ihm aufstieg. Für ihn vollzog sich nicht das überlieferte Ritual der Heiligen Hochzeit, in der sich die Hohepriesterin als Himmelskuh mit dem Weißen Stier aus dem Meer paart, um der Insel Segen und Fruchtbarkeit zu bringen. Was er gesehen hatte, war das Liebesspiel zweier Rasender gewesen, die nichts mehr von dem bemerkten, was um sie herum vorging. Am liebsten wäre er hingerannt, hätte ihm die schützende Maske vom Gesicht gerissen und den Dolch in den athletischen Körper gestoßen – aber nichts davon war geschehen. Die Heilige Hochzeit war ohne Zwischenfall vollzogen worden.
    Als Pasiphaë dann auch noch schwanger war, kannte seine Eifersucht keine Grenzen mehr. Während Minos sie mit Vorwürfen und bohrenden Fragen quälte, trieb er insgeheim um so emsiger seine Vorbereitungen voran: die Fertigstellung einer Flotte, die nicht nur für den Handel brauchbar war, Abkommen mit Nachbarvölkern, die den Zugang zu wertvollen Rohstoffen sicherten und damit den Grundstock für Verteidigungsanlagen und moderne Waffentechnik bilden sollten. Denn eines war den Verschwörern klar: Wollte Kreta seine Vorrangstellung auf den Meeren halten, waren neue Wege notwendig. Wege, wie nur Männer sie gehen konnten.
    Zwischen Pasiphaë und ihm gab es in den folgenden Monaten nur noch Streit, Mißverständnisse und gegenseitige Verletzungen. Und schließlich begingen die Männer um Minos den entscheidenden Fehler: Sie entführten zwei Priesterinnen, die dabei durch ein Unglück ums Leben kamen. Pasiphaë reagierte noch in derselben Nacht, verließ hochschwanger den Palast und flüchtete nach Süden.
    Was sollten die Rebellen anderes tun, als alles auf eine Karte zu setzen und das Volk schon jetzt mit den neuen Machtverhältnissen zu konfrontieren? In ihren Augen war die Zeit reif dafür.
    Minos setzte alles in Gang, um an Pasiphaës Stelle die Große Zählung durchzuführen. Wenn die Hirten und Bäuerinnen die Segnungen der Göttin durch seine Hand annahmen – dann war der Weg zum Thron für ihn frei.
    Sie waren sich ihrer Sache so sicher gewesen. Aber der Anschlag mißlang. Das Männerheer, das sie provisorisch zusammengestellt hatten, war ungeübt und lief wieder nach Hause, als es ernst zu werden drohte. Ihnen blieb nicht viel mehr als ein Dutzend Getreuer, und selbst die hatten Angst vor dem Zorn der Frauen.
    Als er am Tag der Großen Zählung Pasiphaës Platz einnehmen wollte, saß Jesa auf dem Thron, die Mondaxt in ihrem Schoß. Frauen umringten sie als schützende Mauer, Hunderte, wie es ihnen erschien. Keine einzige Waffe, nur Augen, Brüste, Arme.
    Während das Volk nach seiner Königin schrie, kreisten zu allem entschlossene Priesterinnen Minos und seine Verbündeten ein. Auch sie trugen weder Lanzen noch Dolche; allerdings machten die Weisen Frauen unmißverständlich klar, daß sie durchaus Waffen besaßen und sie bei Widerstand einsetzen würden.
    Die Männer zogen sich geschlagen zurück. Keiner von ihnen konnte wirklich verstehen, was geschehen war.
    Wenig später kehrte Pasiphaë zurück – ohne das Kind, das, wie alle glaubten, bei der Geburt gestorben war und dessen Tod sie Minos forthin anlastete. Er war auf alles gefaßt gewesen, nicht aber auf die kühle Ablehnung, mit der sie ihm begegnete. Selbst nachdem Pasiphaë seine Weggefährten in Tod und Verbannung getrieben hatte, blieb sie kalt und gleichgültig – so, wie die Weisen Frauen es ihr eingeschärft hatten. Nur einmal war es ihm noch gelungen, ihre Abwehr zu durchbrechen – in jener klaren Herbstnacht, in der sie überraschenderweise seinem Werben nachgegeben und ihn in ihr Bett gelassen hatte. In jener Nacht wurde Phaidra gezeugt.
    Am Morgen danach freilich schien ihn Pasiphaë noch mehr zu hassen als zuvor, und die schwierige, gefährliche Geburt ihrer jüngsten Tochter und Thronfolgerin, bei der sie beinahe verblutet wäre, hatte das Paar noch tiefer entzweit.
    Pasiphaë vergab und vergaß nichts von dem, was geschehen war. Rache wollte sie. Und Vergeltung. Ihr Auftritt im Theaterhof hatte ihm bewiesen, wie ernst es ihr nach all den Jahren noch immer damit war. Besonders jetzt, da sie wußte, daß Asterios am Leben war.
    Minos schreckte zusammen, als Aiakos auf einmal neben ihm stand.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Ich bin aufgehalten worden. Ich mußte erst noch

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