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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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erwidern, aber jedes Wort kostete ihn unendlich viel Kraft. »Kümmert euch um Ariadne, denn sie hat …«
    Der Boden unter ihm schien zu schwanken, und eine weiche graue Wolke trieb immer schneller auf ihn zu. Das letzte, was er wahrnahm, war ein Paar schwarzer Augen, die ihn voller Mitgefühl ansahen. Dann schwanden ihm die Sinne.

LUFT
    Das Haus, das Aiakos bald nach seiner Rückkehr nach Kreta bezogen hatte, lag keine halbe Reitstunde von Phaistos entfernt und war umgeben von einem ausgedehnten Garten, dessen Herzstück ein künstlich angelegter Teich bildete. Anstelle der in Ägypten heimischen Lotosblüten, die den hiesigen Winter nicht überlebt hätten, wucherten Anemonen und Seerosen auf dem grünlichen Wasser, das viele Vögel aus der Umgebung anzog. Zwischen hohen Zypressen standen Obstbäume; direkt am Zaun wuchs ein alter Granatapfelbaum, dessen Früchte beinahe reif waren.
    Die zweistöckige Villa erhob sich auf einer Plattform. Besucher empfing zunächst ein gepflasterter Vorhof, von dem aus sie in eine große Halle gelangten. Nördlich schloß sich eine Loggia an. Im Erdgeschoß lagen das Speisezimmer sowie verschiedene Wirtschafts- und Vorratsräume und die Unterkünfte für die Dienstboten. Eine Treppe führte nach oben, wo sich nach Osten die Zimmer erstreckten, die Aiakos und Hatasu bewohnten. Mehrere Gastgemächer und die umfangreiche Papyrosbibliothek, die der Hausherr aus Syene mitgebracht hatte, waren im westlichen Teil untergebracht. Über eine kleine Leiter war das Flachdach zu erreichen, das in warmen Sommernächten zur Betrachtung des Himmels einlud.
    Überall im Haus war spürbar, daß Ägypten Aiakos zur zweiten Heimat geworden war. Nur im Speisezimmer waren die Wände nach kretischer Manier mit Stuck verkleidet; überall sonst schmückten Schilfmatten mit Tier- und Pflanzenmotiven die steinernen Mauern. Steinerne Fußböden garantierten auch bei hohen Temperaturen angenehme Kühle. Im Winter konnten sie durch ein verschachteltes System unterirdischer Röhren von der Feuerstelle des Badehauses aus mit warmem Wasser beheizt werden.
    Asterios war inzwischen vertraut mit dieser gediegenen Pracht. Seit seiner Genesung kam er nahezu jeden Tag hierher, um von Hatasu unterrichtet zu werden.
    Die Ägypterin hatte ihm das Leben gerettet. Nach dem Sturz in der Arena war sie es gewesen, die seinen gebrochenen Arm wieder eingerenkt und geschient und anschließend die Wunde mit einer Darmsaite genäht hatte. Aber trotz dieser fachgerechten Versorgung hatte sich bei ihm am zweiten Tag hohes Wundfieber eingestellt, und nur Hatasus Tees und Kräuteraufgüssen war es zu verdanken, daß er sich langsam wieder erholt hatte.
    »Wer bist du?« hatte er immer wieder gefragt, wenn er in Fiebernächten aus verworrenen Träumen erwacht war und die Frau mit den schwarzen Augen gesehen hatte.
    »Ich bin Susai«, hatte sie geantwortet, die kalten Kompressen an seinen Beinen erneuert und ihn mit sanfter Gewalt dazu gebracht, ein paar Schlucke von dem Lavendelblütentee zu trinken. »Schlaf jetzt. Du mußt wieder gesund werden.«
    Abwechselnd mit Mirtho hatte sie bei ihm gewacht, und nur die Gewißheit ihrer Gegenwart ließ ihn wieder ruhig werden und einschlafen. Nicht einmal hatte Asterios während seines langen Genesungsprozesses eine unwillige Geste oder ein Wort der Ungeduld bemerkt. Hatasu wirkte so beherrscht, daß man sie für kühl halten konnte. Und doch spürte er hinter ihrer äußerlichen Gelassenheit andere, verborgene Gefühle, eine tiefe Traurigkeit, die sich manchmal unmittelbar auf ihn übertrug und seine eigenen Sorgen noch drückender erscheinen ließ.
    Dann verzehrte er sich mehr denn je nach Ariadne und konnte nicht begreifen, daß sie nicht versuchte, ihn zu sehen. Mirtho hatte er so lange bestürmt, bis sie ihm schließlich gesagt hatte, daß sie wieder gesund war. Wo sich die Geliebte jedoch aufhielt, erfuhr er nicht.
    Asterios war froh, daß sich Hatasu auch noch um ihn kümmerte, als es ihm schon wieder besser ging. Er ahnte nicht, welche Überwindung es sie kostete, Phaistos zu betreten. Jahre waren vergangen, seitdem Minos die junge Frau verfolgt hatte wie ein Jäger seine Beute. Nichts hatte ihn davon abhalten können – weder der Umstand, daß sie die Tochter seines besten Freundes war und seine Verliebtheit nicht erwiderte, noch Pasiphaës Eifersucht.
    Erst nachdem Hatasu ihn wiederholt zurückgewiesen hatte, nicht bereit, ein einziges seiner kostbaren Geschenke anzunehmen, war seine

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