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Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Palast der Schatten - historischer Kriminalroman

Titel: Palast der Schatten - historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sie leben? Das Geld reichte nicht, einen neuen Projektor zu kaufen. Einige Zuschauer beklagten sich über Kopf- und Augenschmerzen. Auch Carlas Augen schmerzten und waren gerötet. Jeden Tag der Schneegriesel, das Flimmern, die Regenstreifen. Der alte Projektor musste dringend ausgetauscht werden. Zudem hatten viele der Filmkopien Flecken, Kratzer, auch Bildsprünge wegen der vielen Klebestellen. Manche waren derart abgenutzt, dass sich die Emulsion ablöste und das Bild unscharf wurde. Durch den alten Projektor verschliss auch die Perforation. Manchmal deckten sich die Bilder auf der Leinwand nicht mehr.
    Carla warf einen Stift durch das Zimmer. Das Kino, das Kino …, immer nur das Kino. Sie hockte in einem dunklen, stinkenden Loch. Die schauderhafte Luft erdrückte sie. Der Gestank der Armut, schweißige Haut, ölige Dünste, Bierfahnen, Schwaden billigen Tabaks setzten sich in jede Ritze und ließ sich durch nichts beseitigen. Sie mochte sie nicht mehr hören, die heiseren, zotigen Rufe der alten Geifer oder der Soldaten, nicht mehr sehen ihre vor Staunen geöffneten Lippen, nicht hören das schneidende Gelächter der groben Frauen, nicht sehen ihre geflickten Kleider und klobigen Schuhe, ihre bleichen und kränklichen Gesichter mit tiefen Augenhöhlen und fauligen Gebissen. Tag für Tag verbrachte sie inmitten dieser elenden Kreaturen, klimperte und hämmerte auf das Piano ein. Ihr Klavierspiel verstümperte. Seit Monaten hatte sie kein einziges Musikstück mehr durchgängig gespielt. Wenn sie wenigstens in einem großen Filmtheater arbeiten würde und nicht in dieser stinkenden Höhle. Sie kam aus dieser Gruft nicht mehr heraus. Welchen Sinn hatte das alles? Theo war verschollen und die neuen Papiere hatte sie auch nicht. Würde sie ihn jemals wiedersehen? Theo, verzeih. Ich gebe nicht auf. Ich gehöre zu dir. Ich warte auf dich. Wenn du doch nur für ein paar Tage auf Urlaub kämest.

Kratzspuren
    Guste kletterte die Leiter empor.
    Sie zog mit dem Leimquast über die Mauer.
    Carla reichte ihr das Plakat.
    Â»Hast du es auch dick genug bestrichen?«
    Â»Ja doch.«
    Guste nahm das Plakat entgegen, faltete es auseinander, klebte es an die Hauswand und strich es mit der Bürste glatt.

    â€ºDie neue Wochenschau‹
    â€ºAlltag im Schützengraben‹

    Â»Schau dir das an, gut frisierte, lachende Soldaten, die im Sonnenschein im Schützengraben sitzen. Kein Wasser, kein Schmutz. Keine Toten. Keine Verletzten. Für wie blöd halten die uns? In Frankreich regnet es sintflutartig. Jeder weiß doch, dass die Soldaten bis zum Nabel im Wasser stehen. Und die Kreuze auf den Verlustlisten häufen sich auch wie Insektenschisse und die Schulen und Lazarette sind voll mit Verwundeten.«
    Â»Hör auf, Guste, ich kann sowieso nicht mehr schlafen.«
    Â»Nee, die Augen zumachen hat auch keinen Sinn. Weißt du, was mir die Frieda erzählt hat? Die ist ja Lazarettschwester. Die Züge mit den Verletzten kommen heimlich gegen zwei Uhr nachts an. Viehwaggons, vollgepfercht mit halb toten Soldaten, sie fahren sie in Lastwagen ohne Rotkreuzaufdruck in die Lazarette. Junge Männer ohne Gliedmaßen, mit zerfetzten und zerschossenen Körpern und Köpfen. All die Männer mit schlaffen Ärmeln, auf Krücken oder Rollbrettern, die wir auf den Straßen sehen, sind nur die leichten Fälle.«
    Carla warf den Quast in den Eimer und rannte ins Haus.

Winter der Gefühle
    Der Regen prasselte an die Scheibe. Carla legte Kohlen nach. Es würde nichts nützen. Das Zimmer war nicht warm zu bekommen.
    Sie hörte die Schritte des Briefträgers auf den Stufen. Das gleichmäßig schwere Tapp, Tapp seiner Stiefel. Wie immer wartete sie auf Post von Theo, auf das einzige Lebenszeichen. Wie jeden Tag horchte sie auf das Knarren der Stufen, wartete, ob sie Briefe, Karten erhielt, die keine Geschäftspost waren. Und immer wieder fürchtete sie gleichermaßen die Ankunft der Post, die nicht nur ein Lebenszeichen, sondern auch den Tod ins Haus bringen konnte.
    Der Briefschlitz klapperte. Einige Briefe fielen auf die Fußmatte. Sie eilte zur Tür, bückte sich, blätterte den Stapel hastig durch. Nichts.
    Sie zog ihre Schuhe an, warf den Mantel über, griff nach dem Schirm, um zu den Schaukästen mit den neuen Gefallenenlisten zu fahren, wie jeden Tag, wenn die Post durch war. Und wie jeden Tag hoffte sie,

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