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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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vielleicht verurteilt, ohne dich gesehen zu haben. Jetzt kann ich nur versuchen, mir alles anzusehen, ohne darüber zu urteilen. Zu diesem späten Zeitpunkt ist das alles, was ich tun kann. Ich bin mit dem Wunsch nach Liebe aufgewachsen, einer Liebe, die du diesem Kind freiwillig gibst. Aber ich bin jetzt erwachsen, Vater.« Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. »Ich … ich bin nicht mehr das Kind, das sich nach deiner Zuneigung sehnt. Wir müssen unsere Wiedergutmachung unter anderen Rahmenbedingungen versuchen. Wenn wir hart daran arbeiten, könnte es uns jedoch gelingen.«
    Maxwell Sheffield sah zu seiner älteren Tochter auf und legte für einen Moment seine Hand auf ihre. Sie verließ den Raum und nahm die kleine Sera mit zärtlicher Besorgnis an die Hand. Unwissentlich strahlte sie die mitfühlende Zuneigung aus, die Mütter nur für ihre Kinder empfinden. Und er erinnerte sich daran, wie er vor all diesen verrückten Jahren darauf eifersüchtig gewesen war.

10
    Um die seltsame Situation besser zu verkraften und ihren Schmerz zu lindern, der durch intensives Nachdenken darüber nicht gemindert wurde, stürzte sich Roxane mit ganzer Kraft in die Führung des Haushalts ihrer Vaters. Ein Offizier musste seine Dienerschaft aus eigener Tasche zahlen und sich auch um seinen Haushalt kümmern. Max Sheffield besaß ein zusätzliches Einkommen durch eine Erbschaft und hatte es somit besser als viele andere. Er beschäftigte viel Personal, und am Anfang lehnten alle Bediensteten ihre Einmischung ebenso sehr ab wie der Colonel, aber Roxane setzte sich durch. Schon bald war sie diejenige, die dem Personal die Aufgaben erteilte und sich um ihre Beschwerden kümmerte.
    Im Haus der Stantons war sie Gast gewesen, und die Haushaltsführung hatte in Augustas Händen gelegen; hier konnte sie jedoch das Wissen nützen, das sie sich unter der Anleitung ihrer Mutter angeeignet hatte. Sauberkeit stand jetzt an erster Stelle, und die Mahlzeiten bestanden aus Zutaten, die ihrem Vater wieder eine gesunde Gesichtsfarbe verliehen. In einem Brief an Unity schrieb sie: »Bisher habe ich nicht verstanden, warum man in einem so kleinen Haushalt wie dem euren so viele Diener braucht, und hier sind sogar noch weniger Personen zu versorgen. Doch mittlerweile habe ich den Grund herausgefunden. Die Bediensteten erledigen niemals die Arbeit eines anderen, sosehr man sie auch dazu drängt. Kultur und Religion verbieten ihnen, die Aufgaben untereinander auszutauschen. Meine Güte, der Stallknecht würde die Zugehörigkeit zu seiner Kaste verlieren, wenn er den Boden wischte, und der Gärtner würde niemals die tote Krähe aus dem Garten entfernen.«
    Innerhalb einer Woche hatte sie sich ihre Zeit so eingeteilt, dass sie Sera in Mathematik, Lesen und Musik unterrichten konnte. Seras Mutter Cesya begegnete sie nur gelegentlich. Nach einer Woche war der Schal aus dem Wohnzimmer verschwunden und tauchte nie wieder auf.
    Roxane verspürte kein schlechtes Gewissen deswegen. Sie brachte es nicht über sich, der Frau, die den Platz ihrer Mutter eingenommen hatte, auch einen Platz in diesem Haushalt einzuräumen. Sera trug keine Schuld an dieser Affäre, und Roxane entwickelte einen großen Beschützerinstinkt für ihre Halbschwester. Die Kleine begleitete Roxane überallhin – beim Ausritt am frühen Morgen, in die Bücherei, in die Kirche oder gelegentlich zu einem Besuch bei der einen oder anderen Frau eines Offiziers. Wenn Roxane Sera bei sich hatte, behandelte sie ihre kleine Schwester so, dass auch die Frauen das Mischlingskind ohne Murren akzeptierten. Taten sie das nicht, kam Roxane nie wieder zu Besuch. Roxane war beides recht.
    An den Abenden besuchte Roxane hin und wieder eine Vorstellung des örtlichen Theaters, deren Schauspieltruppe aus jungen Männern und Frauen aus der europäischen Gemeinschaft bestand. Eines Abends erklärte Roxane sich bereit, eine der Rollen zu übernehmen, aber der dunkelhaarige junge Offizier, dessen Gegenpart sie spielte, war zu dreist, und obwohl er Collier im Aussehen sehr ähnelte, hatte sie kein Interesse an ihm und vermied seine Gesellschaft. Mehr als einmal bat sie den Butler ihres Vaters, den einen oder anderen Gentleman, der unter irgendeinem Vorwand um ein Gespräch mit ihr bat, abzuweisen. Sie war natürlich ein Neuzugang in der Gesellschaft und daher Gegenstand der üblichen Wetten.
    Roxane war eine vortreffliche Gastgeberin; die zweiwöchentlichen Einladungen ihres Vaters waren sehr geschätzt,

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