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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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Treppe. Cecilia folgte ihm, das Messer drückte sie dabei an seine Seite. In ihr zitterte Wut und kämpfte darum, die Oberhand zu bekommen und ihm die Klinge in den Leib zu stoßen. Sie wollte Genugtuung für ihre eigene Angst, Nicolòs Verhaftung … und … und …
     
Stumm zählte sie bis zehn. Nach Rache zu streben war nichts, was sie auf der Polizeischule gelernt hatte. Deshalb war sie erschrocken über sich selbst.
     
In der Gasse angekommen erblickte sie als erstes die Laterne, die immer noch brennend auf dem Pflaster lag. In ihrem Lichtschein lag die gekrümmte Gestalt des Dieners. Er war … Cecilia musste würgen, als sie sein zerschlagenes und aufgequollenes Gesicht sah. Roh stieß sie ihren Peiniger vorwärts. Der Diener war tot – gestorben, weil er …
     
In diesem Moment erhob er sich stöhnend. Als sein Blick auf seine Herrin und den Mann in ihrer Gewalt fiel, kam Leben in ihn. Mit einem Wutschrei stürzte er sich auf den Burschen. Er war größer und kräftiger als sein Gegner. Sein schieres Körpergewicht reichte aus, den anderen an die Wand zu drücken.
     
»Nein! Nicht!« Cecilia konnte ihren Beschützer nur mühsam zurückhalten.
     
Schließlich stand der zwielichtige Bursche wie ein Häufchen Unglück da. Der Diener hatte von Cecilia das Messer bekommen und hielt ihn damit in Schach. Sie hob die Laterne auf und leuchtete dem Mann ins Gesicht. Es war derselbe, den sie verfolgt und beim Verkauf von Lucrezias Kleid beobachtet hatte.
     
»Wer ist dein Herr?«, fuhr sie ihn an.
     
Er schwieg. Das dunkle Haar hing ihm in die Stirn.
     
»Rede! Deine Lage wird schlimmer, wenn ich aussage, dass du mir Gewalt antun wolltest, aber sie kann auch besser werden, wenn ich ein Wort für dich einlege.«
     
»Das können Sie nicht tun. Ich habe Ihnen nichts getan.«
     
»Wenn man mal davon absieht, dass du mir ein Messer an die Kehle gehalten hast. Und wer sollte dir glauben und mir nicht?«
     
Cecilia gab ihm Zeit, die Antwort auf ihre Frage zu finden. Dabei ließ sie ihn nicht aus den Augen, suchte nach dem kleinsten Anzeichen, dass er bereit zum Reden war.
     
Seine Mundwinkel zuckten, und die Augen schlossen sich für einen Augenblick – er war so weit.
     
»Also?«
     
»Sie werden nichts gegen mich sagen?«, vergewisserte er sich.
     
»Wenn du meine Fragen beantwortest, hört niemand ein Wort von Gewalt gegen mich.«
     
»Eduardo Capelli. Ich stehe in seinen Diensten.«
     
»Was solltest du mit mir machen?«
     
»Ihnen eine Lektion erteilen. Sie sollten Angst bekommen, und Ihre Nase nicht mehr in Dinge stecken, die Sie nichts angehen.«
     
»Was geht mich nichts an?«
     
»Signore Capellis Geschäfte.«
     
Der Schurke war nicht dumm, er verriet immer nur so viel, wie er unbedingt musste – eine alte Ganovenregel, die im achtzehnten Jahrhundert galt wie im einundzwanzigsten. Aber sie hatte noch ein paar Überraschungen bereit, die ihm die ganze Wahrheit entlocken würden. Sie lächelte in sich hinein.
     
»Geschäfte um das Verschwinden Lucrezia Trebisos?«
     
Er schüttelte den Kopf.
     
»Sage die Wahrheit. Du hast ihr Kleid verkauft.«
     
Sie sah sein Erschrecken, und danach gab er jeden Widerstand auf. Er wurde geradezu redselig, als er berichtete, wie er mit zwei Kumpeln Lucrezia und ihrer Zofe aufgelauert hatte. Er hatte sie genauso wie Cecilia in eine dunkle Gasse gezerrt und dabei – wie verlangt – den Handschuh verloren.
     
Anschließend hatte er sogar beobachtet, ob die Zofe ihn auch aufhob. Das Kleid hatte er eigentlich verbrennen sollen, aber er meinte, dass sich mit dem schönen Gewand noch ein paar Groschen verdienen ließen. Deshalb hatte er es zunächst versteckt und später verkauft.
     
»Dabei habe ich dich beobachtet.«
     
»Sie, Signora, eine vornehme Dame … Madonna mia.«
     
»Genau. Auch vornehme Damen besitzen Geist, Witz und Mut.«
     
»Ich habe nie etwas anderes gedacht.« Er war zwar ein Schurke, aber er hatte eine galante Ader. Cecilia wusste es zu würdigen, nicht einfach nur einen tumben Kerl vor sich zu haben.
     
»Was ist mit Lucrezia geschehen?«
     
»Nichts.« Er verbesserte sich, als er ihren erstaunten Blick bemerkt. »Ich meine, wir haben sie in ein Haus auf die Terraferma gebracht. Sie war vor Schreck ganz starr, wir mussten sie nicht einmal fesseln. Dort lebt sie seitdem mit einer Köchin, einer Magd und einer Zofe. Alles tüchtige Frauen, es fehlt ihr an nichts.«
     
»Wo?«
     
»In der Nähe von Mestre.«
     
So dicht bei Venedig

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