Palzki ermittelt: 30 Rätsel-Krimis (German Edition)
mal vor, dass ich
wegen extrem widriger Verkehrsverhältnisse die Strecke von meiner Wohnung zur Dienststelle
im Schifferstadter Waldspitzweg zu Fuß ging. Auch ohne Schnee war solch eine Wanderung
eine reife Leistung für einen Kripobeamten im besten Alter. Doch allen Ärgernissen
wie Schnee und Matsch zum Trotz: Bisher hatte ich die fast 500 Meter weite Strecke
stets gemeistert. Momentan war es bei uns aber nur nasskalt. Eben ein typischer
Winter in der Rheinebene.
Im Berufsalltag
überschlugen sich die Ereignisse. Während ich gestern in Koblenz auf einem Lehrgang
weilte – es ging um psychologische Opferbetreuung –, wurde in unserem Zuständigkeitsgebiet
ein Mann ermordet. Ein Kollege nahm die Ermittlungen auf und übergab mir am Morgen
mit einem gemeinen Lächeln die Akte. Um alles musste man sich selbst kümmern. Nach
kurzem Akteneinblick machte ich mich auf den Weg.
Kurt Phaulstrick
war, wie berichtet, tot. Ermordet in seinem eigenen Keller. Der Frührentner mit
dem ungewöhnlichen Namen, den man ›Faulstrick‹ aussprach, wohnte in Speyer zusammen
mit seiner Frau in einer Zweizimmerwohnung. Seine sozialen Kontakte waren sehr überschaubar,
was seinen Mörder nicht davon abhielt, ihn um einige Jahre Rentenbezüge zu bringen.
Seine Frau Edda saß im Rollstuhl und kam als Tatverdächtige nicht ernsthaft infrage.
Um ihrem Mann im Keller die fünf tödlichen Stiche mit dem Brotmesser zu versetzen,
dürfte sie körperlich wohl kaum in der Lage gewesen sein.
Eine Mittvierzigerin
öffnete mir die Wohnungstür. Sie stellte sich als weitläufige Verwandte vor, die
sich in den nächsten Tagen um ihre Großtante Edda kümmern wollte. Jedenfalls so
lange, bis ein freier Platz in einer Anlage mit betreutem Wohnen gefunden war. Frau
Phaulstrick wirkte einigermaßen gefasst. Auf meine Frage, ob es in ihren Augen einen
potenziellen Verdächtigen gebe, sprudelte es sofort aus ihr heraus.
»Das kann
nur der Beppo Wundersam gewesen sein. Der mit seinem ganzen Esoterikzeugs!«
»Beppo Wundersam«,
entgegnete ich, »ist aber ein seltsamer Name.«
»Das ist
ja auch nur sein Künstlername. Er hat so eine Art Sekte gegründet und zieht den
Leuten das Geld aus der Tasche. Mein Mann ging mehrmals die Woche zu ihm. Zugegeben
hat er es zwar nie, ich habe ihn aber beobachten lassen. Seitdem weiß ich über diesen
Wundersam Bescheid.«
Esoterik,
Sekte – ich fühlte mich irgendwie nicht wohl. »Wissen Sie, was er dort gemacht hat?«,
fragte ich Frau Phaulstrick.
»Er hat
Geld ausgegeben, viel Geld. Für irgendwelche Heilmittel, lauter Firlefanz. Und vorgestern
habe ich bemerkt, dass unser Erspartes verschwunden ist.«
Mehr war
aus der Dame nicht herauszubringen. Ich ließ mir die Adresse von Beppo Wundersam
geben, der glücklicherweise nur zwei Straßen weiter wohnte. ›Beppo Wundersam – Heilung
– Glück – Harmonie‹ stand groß an der Türklingel. Ich drückte fest darauf und sogleich
ertönte eine Melodie, bei der sich mir die Zehennägel aufrollten. Dann stand er
vor mir mit seinen schulterlangen weißen Haaren, in denen eine Nickelbrille steckte.
Seine Bekleidung bestand aus einem Kimono und ausgelatschten Sandalen.
»Guten Tag,
Zeitgenosse«, begrüßte er mich mit einem Pferdegebisslächeln. »Womit darf ich Ihnen
dienen?«
»Mit einer
Auskunft«, erwiderte ich und zeigte ihm meinen Dienstausweis.
»Oh, die
Polizei, treten Sie doch ein, wir haben nichts zu verbergen.«
Der Weihrauchgehalt
seiner Wohnung war grenzwertig, mein Magen würde das nicht lange aushalten. »Ich
möchte mit Ihnen über einen Ihrer Kunden, Herrn Kurt Phaulstrick, sprechen.«
Wundersams
Stirn kräuselte sich. »Den Namen habe ich noch nie gehört, Herr Palzki, tut mir
leid.«
»Sind Sie
sich da ganz sicher?«
»Absolut,
aber ich kann Ihnen gerne meine Kartei zeigen.« Er drehte sich um und holte aus
einem Schrank einen altmodischen Karteikasten. »So neumodisches Zeug wie einen Computer
brauche ich nicht«, sagte er. »Hier schauen Sie, da sind alle Kunden, die mit P
anfangen.« Er hielt mir einen Stapel Karteikarten unter die Nase, den ich nur flüchtig
begutachtete. »Na, sind Sie zufrieden, Herr Palzki?«
»Ja, Herr
Wundersam, voll und ganz. Ich weiß jetzt genau, dass Sie Herrn Phaulstrick kannten.«
Frage: Woher wusste Palzki, dass
Wundersam Herrn Phaulstrick kannte?
Lösung
17. Rätsel-Krimi
Phaulstrick wird wie Faulstrick
ausgesprochen. Trotzdem suchte Wundersam im Karteikasten unter dem
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