Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
lächerlich, Don. Ich gebe zu, ich finde ihn mittlerweile sehr nett. Ich betrachte ihn als einen Freund. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“
„So - ein Freund. Zwischen Männern und Frauen halte ich reine Freundschaft für ausgeschlossen, zumindest bei heterosexuellen. Und O´Brian macht mir eigentlich nicht den Eindruck, schwul zu sein.“
Charlotte konnte sich trotz ihrer Nervosität ein Kichern nicht verkneifen. „Nein, das ist er wohl nicht. Aber du siehst das viel zu streng.“ Sie musste schon wieder lachen. „Ach komm schon, zieh nicht so ein finst e res Gesicht, Don!“
Er strich sanft mit den Fingern über ihre Wangen, so betörend sanft. Kaum das er sie berührte. „Ich habe Angst, dich zu verlieren. Ich liebe dich.“
Überrascht starrte sie ihn an. Sie fühlte sich bei ihm geborgen, sicher, warm. Hatte sie in ihrem wechselvollen Leben endlich ihren Ruhepol, ihren Hort gefunden?
„Versprich mir eines Charly!“, bat Don leise. „Versprich mir, immer ehrlich zu mir zu sein!“
„Das werde ich. Du kannst dich darauf verlassen.“
Charly war in tiefer Sorge. Der Geisteszustand ihres Großvaters verschlechterte sich rasant. Sie konnte ihn keinesfalls mehr allein Zuhause lassen.
Als Tyler sich zum Abendessen einfand, stellte Johann ihn zur Rede, wer er überhaupt sei. Charly fuhr erschrocken zusammen. Ihr war die Situation peinlich. Tyler blieb ruhig und erklärte dem alten Mann alles ausführlich. Als Johann hörte, dass seine Enkelin ihn eingeladen hatte, lächelte er zufrieden. Obwohl er keineswegs verstand, wie ein kleines Mädchen einen erwachsenen Mann zum Freund haben kon n te.
In Charlys Augen glitzerten Tränen. Don war heute Abend auf Streife. Sie hätte sich jetzt nur zu gern von ihm trösten lassen. Bertha tat geschäftig und versuchte, mit fröhlichem Geplapper, von der Situation a b zulenken. Tyler strich kurz über Charlottes Rücken, zog jedoch seine Hand sofort wieder zurück. Ganz so, als sei ihm plötzlich bewusst geworden, was er da überhaupt tat. Nach dem Essen zog sich Charlotte schnell zurück.
Auch Tyler ging rasch wieder hinüber in das Schwedenhaus. Er duschte und schlüpfte unter die Decke seines großen Bettes. Dann zog er sich den Laptop heran, setzte sich die Brille auf und ließ seine Finger über die Tastatur gleiten. In seinem Kopf nahm die Idee eines Rockmärchens immer deutlichere Konturen an. Die Worte der Anfangsouvertüre flossen aus seinem Innern und formten sich zu Versen. Tyler verspürte den beinahe übermächtigen Drang, sie im PC einzugeben und anschli e ßend abzuspeichern. Im Geiste hörte er bereits die Töne dazu. Mit Fidel, Dude l sack und Harfe erklang eine zauberhafte Melodie.
Charlotte schob ärgerlich die Blöcke der Streifeneinheiten hin und her. Es fiel ihr sehr schwer, sie zu einem Quilttop zu arrangieren. Offenbar hatte Elizabeth recht: modernes Design lag nicht jedem. Kein Wu n der, dass sich die traditionellen Blöcke so großer Beliebtheit erfreuten. Dennoch wollte sie nicht so einfach klein beigeben. Vielleicht telef o nierte sie in den nächsten Tagen mit Liz oder einer der anderen Frauen. Sie schob den Handarbeitskorb zurück ins Regal und fasste einen En t schluss. Ein anderes Telefonat ließ sich beim besten Willen nicht mehr aufschieben.
Charly knallte den Hörer auf. Ihr Vater konnte jetzt so kurz vor Weihnachten nicht weg. Er bräuchte Zeit, um die Lage zu überdenken, hatte er ihr ohne Umstände mitgeteilt. Es täte ihm leid, dass sie momentan allein mit dem Problem klar kommen musste. Er hatte jedoch ve r sprochen, sich so bald wie möglich wieder bei ihr zu melden.
Nichts als Feigheit steckte hinter seinen zögerlich gestammelten Worten. Als ihr klar wurde, was sie da gerade gedacht hatte, erschrak Charlotte. Genau das, hatte Celina immer behauptet. Das Nathan Svenson ein Feigling gewesen war. Der sich weder gegen seine Mutter, noch gegen seinen Vater hatte stark machen können. Sollte ihre Mutter letzten Endes recht gehabt haben damit? Als Kind und dann später als Teenager, hatte sie Celina deswegen häufig der Lüge bezichtigt. Mit einem traurigen L ä cheln hatte ihre Mutter sie schließlich angesehen.
Charly brauchte jetzt dringend frische Luft. Hin und her gerissen zwischen ihren widerstreitenden Gefühlen, war es ihr derzeit unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie trat hinaus auf die rückwärtige Veranda, die zum Garten zeigte. Es war merklich kälter geworden in den letzten Tagen. Ihr
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