Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
Glas nicht nur, wie sonst üblich, in den Händen drehte, sondern dass er es in einem Zug hinter kippte. Norman zog sein Jackett aus und krempelte sich die Hemdsärmel auf. Dabei ließ er seinen Schützling jedoch nicht aus den Augen. „Was ist eigentlich los? Hat die Hayes die Wah r heit gesagt?“
„Was glaubst du wohl?“ Tylers Worte waren nur eine Nuance lauter als ein Flüstern.
Norman schwieg daraufhin eine Weile, als schien er zu überlegen, was er Tyler sagen könnte.
„Das war es also, was du mir damals erzählen wolltest?“, fragte er schlie ß lich ruhig.
„Du erinnerst dich an diesen Tag?“
„Wie könnte ich das nicht.“ Über Normans Gesicht huschte der Anflug eines Lächelns. „Aber nun führst du ein anderes Leben. Du hast dir e t was Neues aufgebaut. Was beunruhigt dich so sehr?“
Tyler sah ihn lange und eindringlich an. „Ich habe auch mal geglaubt, dass all das Furchtbare aus und vorbei ist. Aber so ist es nicht. Es gibt nur dieses eine Leben und du bist für alles verantwortlich, was du tust oder getan hast. Egal, wie lange es zurück liegt. Mich hat meine eigene Vergangenheit ei n geholt.“
Dann begann er Norman zu berichten: von den Anrufen, den Zetteln, die ihm eine Heidenangst einjagten, dem Reitunfall, der keiner war und schließlich von Joshua Tanners Entführung. Er ersparte es sich nicht, über seine Schuldgefühle zu reden.
„Warum nur bist du nicht schon früher zu mir gekommen, Junge?“ Norman klang verletzt und schüttelte fassungslos den Kopf. „Hast du wirklich so w e nig Vertrauen zu mir?“
Tyler wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Er brachte es nicht über sich, Norman gegenüber seine Feigheit einzugestehen.
„Ich kann nicht leugnen, dass ich sehr enttäuscht bin, Ty. Ich bin dein Freund und das nicht erst, seit du ein Star bist. Von Anfang an habe ich an dich geglaubt. Deshalb habe ich dir dabei geholfen, deinen Traum vom Rockmusiker zu verwirklichen. Nun hast du dich weiter entwickelt, hast dir eine Ranch aufgebaut und dich neuen Freunden zugewandt. Aber sind diese Leute in St. Elwine tatsächlich deine Freunde?“ Norman machte eine kurze Pause, als wollte er damit seinen Worten mehr Nachdruck verleihen. „Woher willst du wissen, dass Elizabeth Tanner sich wirklich an ihr Versprechen hält? Denk doch mal nach! Ihr Mann ist en t führt worden. Sie will mit aller Macht, dass er gesund und wohlbehalten zu ihr zurückkehrt. Wer könnte es ihr verdenken, wenn sie zum Äuße r sten greift, um ihren Mann zu retten? Beispielsweise könnte sie einigen Leuten Informationen geliefert haben. Ich sage ja nicht, dass sie es ta t sächlich getan hat. Aber es würde doch alles recht gut zusammen passen. Das musst du zugeben, Ty.“
„Was soll ich tun?“
„Tja, ich weiß nicht. Aber ich könnte mir vorstellen, dass du keine Ruhe findest, bevor du nicht mit ihr gesprochen hast. Also, ruf sie an!“ Norman stand auf und schritt langsam durch das Zimmer. „Ich mache uns noch einen Drink.“
Tyler zog sein Handy aus der Tasche und rief Elizabeth Tanner an.
„Hier ist Tyler. Liz, warum hast du dich nicht an dein Versprechen mir g e genüber gehalten?“ Kam er gleich zum Punkt.
„Wie kommst du darauf? Ich habe lediglich mit Don gesprochen, so wie vereinbart.“
„Das kann ich nicht glauben.“
„Was ist los mit dir?“ O´Brian klang aufgebracht. Sie kam nicht mal dazu, ihm von der freudigen Neuigkeit zu berichten, denn er hatte bereits wieder aufgelegt.
„Wie sieht´s aus?“, wollte Norman wissen.
„Keine Ahnung.“ Tyler brütete düster vor sich hin.
Sein Manager nickte daraufhin nur und trat dichter an ihn heran. Als er ihm das Whiskyglas reichte, berührten seine Finger ganz kurz Tylers Hand.
Sie nahmen beide ihre Drinks und für kurze Zeit herrschte Schweigen. Norman setzte sich schließlich neben ihn und musterte Tyler gena u er. Ty spürte den intensiven Blick seines Managers und hob den Kopf.
„Ich glaube, es ist an der Zeit, dir etwas Wichtiges zu sagen“, begann Norman. „Das hatte ich schon lange vor, aber irgendwie hat sich nie der richtige Zeitpunkt oder eine günstige Gelegenheit ergeben. Manchmal war ich kurz davor, ließ es dann jedoch bleiben.“ Norman holte tief Luft. „Ich bin homosexuell, Tyler. Es fiel mir nicht leicht, das vor mir selbst einzugestehen oder zu akzeptieren. Ich brauchte recht lange dafür.“
Tyler riss die Augen weit auf. „Du warst verheiratet ...“
Norman stieß ein bitteres Lachen aus.
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