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Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)

Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)

Titel: Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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Spuren liefen. Der Junge gab sich alle Mühe, ein aufsteigendes Schluchzen zu bekämpfen. Sein Kinn bebte heftig und der kleine Adamsapfel hüpfte auf und nieder.
    „Sachte, sachte“, murmelte Tyler beruhigend. „Ich tue dir nichts. Sag mir einfach deinen Namen, okay!“
    „Ryan.“
    „Schön, Ryan, und weiter?“
    „Nur Ryan.“
    Der Junge zitterte jetzt und begann leicht zu schwanken. „Lassen wir das vorerst.“ Tyler musterte ihn eingehend. Er schätzte ihn auf höchstens zehn Jahre.
    „Okay, Ryan - was ist los? Bist du irgendwie auf der Flucht?“
    „Wie kommen Sie´n darauf?“ Er schien sich gefasst zu haben. „Kümmern Sie sich um Ihr´n Scheiß!“
    Tyler holte tief Luft. „Werd nicht frech!“, sagte er ruhig aber bestimmt, während er Mühe hatte, nicht von aufkommenden Erinnerungsfetzen übermannt zu werden.
    „Das bringt doch nichts“, schaltete sich Charlotte ein. „Lassen Sie mich den Sheriff anrufen!“
    Der Junge trat alarmiert einen Schritt zurück und schwankte bedrohlich.
    „Das sieht ein Blinder, dass der was ausgefressen hat“, keifte sie. „Er ist g a rantiert irgendwo ausgerissen.“
    Ryan stützte sich schwer auf die Motorhaube. Es kostete ihn Mühe nicht zu fallen.
    Unter all dem Schmutz war der Junge bleich wie ein Gespenst. „Geht´s dir nicht gut?“ Tyler war alarmiert. Ein misshandelter Junge erkannte den and e ren, wenn er ihm gegenüberstand.
    „Das ist mir hier einfach zu blöd“, warf Charlotte erneut ärgerlich ein. „S e hen Sie nicht, wie störrisch der Bengel ist?“
    „Vielleicht halten Sie einfach den Mund, Dr. Svenson und lassen mich das mit ihm klären!“, schnauzte Tyler sie an.
    In diesem Ton hatte sie ihn noch nie reden hören. Empört schnappte sie nach Luft. Ihr Protest ging unter, als der kleine Körper in sich zusammen sackte und an ihrem Wagen herunter glitt.
    „Verdammte Scheiße“, hörte sie Tyler fluchen.
    Er hob das Kind bereits auf seine Arme und trug es zur Scheune, fort aus der prallen Sonne. Vorsichtig bettete er ihn auf ein weiches Lager aus Stroh.
    „Lassen Sie mich mal!“ Charlotte griff nach dem dünnen Arm des Jungen und zählte die Pulsschläge.
    Tyler holte eilig ein Handtuch und einen Becher Wasser. Einen Zipfel des Handtuchs tauchte er in das Wasser und rieb damit sanft über das Gesicht des Jungen. Die schmalen, bleichen Lippen waren rissig. Als er etwas Wasser darauf tröpfeln ließ, begannen die Lider des Jungen zu flattern.
    „Wir sollten ihn ins Krankenhaus bringen“, flüsterte Charlotte. „Da wird man sich um ihn kümmern.“
    „Nein“, schrie Ryan mit erstaunlich lauter Stimme und stemmte sich auf seine Arme. „Die rufen dann die Bullen und die bringen mich wieder zurück. Ich gehe aber nicht mehr zurück. Ich gehe nicht zurück!“, schrie er und versuchte sich aufzurappeln. Sein fadenscheiniges und ohnehin zu kurzes T- Shirt rutschte noch weiter in die Höhe. Der kleine Brustkorb kam zum Vo r schein, überzogen mit unzähligen blauen Flecken.
    „Oh mein Gott“, entfuhr es Tyler. Sofort biss er sich auf die Lippen, um seine ohnmächtige Wut zu bezwingen. Welches Schwein hatte dem Kind das angetan?
    Charlotte schloss betroffen die Augen. Hörbar schnappte sie nach Luft.
    Plötzlich knurrte lautstark der Magen des Jungen und schien damit ein Si g nal zu setzen.
    Tyler brauchte nicht lange zu überlegen. „Du hast Hunger. Ich mache dir rasch etwas“, sagte er sanft.
    Ryan nickte hoffnungsvoll.
    O´Brian stieg ein paar Stufen hinauf, Charlotte folgte ihm. Sie schloss hinter sich die Tür.
    Er belegte gerade ein Sandwich mit Käse und Gurken.
    „Halten Sie das für klug, Tyler?“
    „Natürlich, er ist hungrig.“
    Sie ging nicht darauf ein, stattdessen sagte sie: „Sie machen sich strafbar, wenn Sie den Vorfall nicht melden. Das ist Ihnen doch hoffentlich klar.“
    „Ihre Sorge um meine Person rührt mich zutiefst.“ Seine Stimme troff vor Sarkasmus. Ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten, fuhr er fort: „Sie meinen also, ich soll´s dem Sheriff melden. Der holt den Jungen ab, übergibt ihn einer netten Sozialarbeiterin, die ihn dann ihrerseits in sein trautes Heim zurück bringt. Wenn er großes Glück hat, gelingt es ihm, noch mal zu türmen. Andernfalls schlägt derjenige ihn tot oder noch schlimmer ...“  Heftig atmend brach er plötzlich ab. Dann sah er sie an und jede Regung eines Gefühls war aus seinem Gesicht fort gewischt. „Ist das in Ordnung für Sie?“ Seine dunklen Augen hielten ihren

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