Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
Dampfwölkchen aus den Nüstern. Mit einer Hand tätschelte Tyler den Hals und presste gleichzeitig seine Knie gegen die Flanken des Tieres. Gehorsam setzte es sich in B e wegung. Tyler winkte Toby zu, der gerade in seinen Wagen stieg um die Futtermittel abzuholen. Während seines letzten Aufenthalts in New York hatte er in einem Geschäft einen echten Stetson entdeckt. Den zog er sich jetzt tiefer ins Gesicht. Die Stute fiel in einen leichten Galopp. Tyler mochte dieses Tier besonders. Es war sehr anhänglich und sein Name lautete Melody. Er gestand sich ein, dass er gerade dieses Namens wegen von Anfang an das Gefühl hatte, dass sie beide zusammen gehörten. Der Musiker und seine Melodie. Als er noch ganz in diesen Gedanken ve r tieft war, begann die Stute plötzlich unruhig zu tänzeln. Tyler hielt die Zügel straffer. „Ruhig!“
Er hatte das untrügliche Gefühl, dass in seinem Rücken jemand auf ihn lauerte. Als er sich umwandte war nichts außer den üblichen Sträuchern zu sehen. Dort vorn wurde der Boden bereits etwas steiniger. Vielleicht war es besser, wieder umzukehren. Schließlich war er seit fast einer Stunde unterwegs und trotz der Sonne mussten die Temperaturen weit unter 10° Celsius liegen. Mitten in diesen Überlegungen registrierte er plötzlich die Stille. Es war direkt unheimlich, obwohl es dafür keinen greifbaren Grund zu geben schien. Er stellte sich in den Steigbügeln auf, um das Gelände besser einsehen zu können. Als das Geräusch von schlagenden Flügeln aus einer Baumgruppe empor schoss, fuhr er zusammen. Doch er bemerkte erleichtert, dass es sich dabei lediglich um eine Kr ä he handelte und ließ sich daher zurück in den Sattel plumpsen. Fast a u genblicklich begann Melody zu steigen. Da Tyler nicht darauf gefasst gewesen war, hatte er Mühe, nicht herunter zu fallen. Die Stute bäumte sich bockig auf und preschte in halsbrecherischem Tempo davon. Bäume und Sträucher huschten in Windeseile an ihm vorbei. Er atmete heftig und war drauf und dran, die Kontrolle über das Tier zu verlieren. Sie hatten jetzt das Areal erreicht, wo der Untergrund steiniger wurde und zudem leicht anstieg. Die kleinen Felsen waren mit schmierigem, taue n dem Raureif überzogen. Melodys linker Hinterhuf rutschte seitlich weg und Tyler musste blitzartig sein Gewicht verlagern, um einen Sturz zu verhindern. Die Stute reagierte auf seine Bewegung noch heftiger als z u vor und stieg wiehernd auf die Hinterbeine. Melody drehte sich wild im Kreis und schleuderte den Kopf herum. Ihre Mähne flatterte abwehrb e reit im Wind. Tyler wollte danach greifen, bekam sie aber nicht zu fa s sen. Gleichzeitig schien er unbewusst den Griff der Zügel gelockert zu haben. Das Pferd nutzte instinktiv die Chance, um die Führung zu übe r nehmen. Als er den Halt verlor, dachte er flüchtig an einen schlechten Rodeoreiter. Von da an folgte er lediglich seinem Instinkt. Bereits beim Rückwärtsfallen versuchte er, mittels einer Drehung des Körpers, die Füße aus dem Steigbügel zu bekommen. Sein linker Fuß war bereits frei, doch der rechte Stiefel verfing sich und so schlug er mit seinem ganzen Gewicht bäuchlings auf dem harten Boden auf. Der heftige Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen und presste die restliche Atemluft aus seinen Lungen. Gleichzeitig hörte er, dass Knochen brachen. Ein wide r liches Knarzen hallte noch in seinen Ohren nach. Die Stute lief panisch vorwärts und Tyler brach der kalte Schweiß aus. Er verlor den Hut und seine Hände mühten sich vergeblich, im steinigen Boden Halt zu finden. Ohne jede Vorwarnung krachte plötzlich sein Beckenknochen gegen e i nen größeren, felsigen Vorsprung. Der scharfe Schmerz durchspülte se i nen Körper, wie die Welle einer Meeresbrandung. Endlich rutschte sein rechter Fuß aus dem Stiefel und fiel lautlos zu Boden. Die Bewegung l ö ste eine neuerliche Schmerzattacke in seinem Becken aus.
Tyler lag mit dem Gesicht im Dreck und er war von einem einzigen Gedanken beherrscht: Er wollte hier draußen nicht ganz allein vor die Hunde gehen. Mühsam wandte er den Kopf, um besser atmen zu können. Die unbequeme Bauchlage seines Körpers verursachte ihm nahezu unerträgliche Schmerzen. Mit jedem Atemzug schien es schlimmer zu we r den. Tyler biss die Zähne zusammen, mobilisierte noch einmal all seine Kräfte und schaffte es schließlich, unter schier unmenschlicher Anstre n gung, sich auf den Rücken zu drehen. Er zitterte so heftig vor Schmerz, dass er
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