Pandablues: Roman (German Edition)
darum machen, dass er das erste Mal wirklich froh sei, alt zu sein.
Bedröppelt ließ ich die Standpauke wie eine kalte Dusche über mich ergehen.
Seitdem gab es meinen persönlichen Trine-Schwangerschafts-Sicherheitsabstand.
Vor nächtlichen Anrufen konnte der mich jedoch nicht schützen.
»Sander?«, murmelte ich noch mit geschlossenen Augen in mein Telefon, das ich sicherheitshalber auf meinem Nachttisch platziert hatte.
»Charlotte!!!«
»Um Himmels willen, Trine! Ist es schon so weit? Bist du im Krankenhaus? Ist alles gut gegangen?«, fragte ich erschrocken und war schlagartig wach.
Einen anderen Grund als Elmos Geburt oder zumindest Wehen heftigster Natur konnte ich mir nicht vorstellen, um mitten in der Nacht um 5:19 Uhr – wie mein Digitalwecker gerade leuchtend anzeigte – anzurufen.
Ich hatte allerdings vergessen, dass es ja Trine war, die da am anderen Ende der Leitung saß.
»Quatsch, ich komme doch erst in die sechsunddreißigste Woche. Mensch, Charlotte! Ich dachte, du würdest dich nach Finn mittlerweile erheblich besser auskennen, was den Schwangerschaftsablauf betrifft.«
»Ah …«
»Ach, ist doch auch egal. Weswegen ich anrufe …«
»Ja?«
Ich hoffte, dass es ein guter, ein wirklich guter Grund war, die unmenschliche Uhrzeit berücksichtigend.
»Ich brauche dringend Urlaub.«
»Du brauchst bitte was ?«, fragte ich ungläubig und kontrollierte nochmal die Uhrzeit.
5:20 Uhr.
Kein Irrtum.
»Ja, Urlaub. Dringend. Wo können wir hin?«
»Trine! Es ist mitten in der Nacht! Und du reißt mich aus dem Tiefschlaf, weil du in Urlaubslaune bist? Ich dachte, es wäre wer weiß was passiert!«
»Wieso mitten in der Nacht? Gleich gibt’s doch schon Frühstücksfernsehen«, sagte sie und schmatzte dabei in den Hörer.
Sie hatte mir einmal erklärt, dass man beim Frühstücksfernsehen essen müsse, das gehöre nun mal dazu.
»Was ist denn jetzt schon wieder los?«, meldete sich jetzt auch Eric verschlafen neben mir.
»Nichts, es ist nur Trine«, antwortete ich entschuldigend.
»Ach so.« Eric drehte sich schlaftrunken wieder um.
Er kannte meine Freunde mittlerweile, und er liebte mich trotzdem. Dafür wiederum liebte ich ihn umso mehr.
Trine schien es nicht weiter zu stören, dass sie nun auch Eric geweckt hatte.
»Außerdem frühstücke ich gerade. Da kommen mir immer gute Ideen. Und jetzt hab ich eben beschlossen, noch mal Urlaub zu machen, bevor Elmo kommt. Dann ist erst mal Schluss mit der Ruhe hier.«
Ruhe?
Seit Finn vor ein paar Jahren zur Welt gekommen war, existierte doch sowieso keine Ruhe mehr bei Trine und Paul und in deren Umfeld von mindestens zehn Quadratkilometern.
»Hättest du mit dieser tollen Idee nicht wenigstens bis nach acht Uhr warten können?«, stöhnte ich genervt und gleichzeitig erleichtert ins Telefon. Immerhin war nichts passiert.
»Nein.«
Trine war äußerst pragmatisch veranlagt; zumindest, wenn es um ihrer Meinung nach eindeutige Belange ging.
»Ich kann eigentlich nicht weg, die Zooschichten sind anstrengend, und freie Wochenenden habe ich in letzter Zeit doch kaum. Und Eric und ich sehen uns auch immer weniger«, versuchte ich zu intervenieren.
»Verstehe ich. Also, dieses Wochenende?«
Klassischer Fall von Trial & Error.
»Aber Paul wird doch sicher …«
»Charlotte, willst du schuld sein, wenn mein metabolisches Alter bei achtundvierzig liegt?«
Schachmatt.
»Gut.« Ich atmete tief durch. »Also, wo willst du hin?«
»Na ja, ich hatte mir da so überlegt …« Trine machte eine Pause, und ich befürchtete Schlimmes. »Also, du erzählst doch immer so nette Sachen über deine Oma und ihren Bauernhof, den Wald, die Ruhe …«
»Nein!«
»Die frische, gute Landluft …«
»Nein!«
»Das leckere Essen …«
»Na-hein!«
Das kam gar nicht in die Tüte! Brüll-Trine und meine verschrobene Oma Melitta, die nur im Imperativ sprach, zusammen – danach würde ich Urlaub brauchen. Unfassbar langen Urlaub.
»Charlotte!«
»Was?!«
»Ich bin schwanger«, säuselte Trine und schmatzte wieder in den Hörer.
Morgens aß sie immer Marmeladentoast und hatte sogar die Theorie widerlegt, dass der Toast immer mit der Marmeladenseite zuerst auf den Boden fällt. Um diesen geschichtsträchtigen Moment mit mir zu teilen, hatte sie mich ebenfalls mitten in der Nacht angerufen, als sie damals mit Finn schwanger war.
Schwangerschaftshormone sind böse, böse Wesen.
»Das weiß ich, Trine. Und siehst du, gerade deswegen ist es doch auch gar nicht
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