Pandablues: Roman (German Edition)
»So. Das scheint es gewesen zu sein.«
Zufrieden stemmte ich beide Arme in meine anglerhosenbeschürzte Hüfte und zog mir die Handschuhe aus. Meine Hände waren darin klatschnass geworden, so sehr hatte ich während der Aktion transpiriert.
Mittlerweile war auch endlich die Tierärztin eingetroffen, die nach eingehender Untersuchung des Nachwuchses Entwarnung gab: »Alles in Ordnung hier. Sie haben intuitiv alles richtig gemacht, Frau Sander.«
»Sie sind unsere Rettung, Charlotte!« Willi Schweinehagen bewegte sich so ruckartig auf mich zu, dass ich zuerst befürchtete, er wolle mich umarmen. Sein weißkariertes Hemd war komplett durchsichtig vom Schweiß geworden. Gott sei Dank gab er mir dann aber doch nur die Hand.
Schlapp vom gerade Erlebten schlug ich ein.
Herr Schweinehagen schien derart erleichtert zu sein, dass er überhaupt nicht mehr aufhörte, meine Hand zu schütteln. Mittlerweile hatte er sogar seine zweite Hand auf unsere schaukelnden nassen Hände gelegt.
»Auf Du und Du?«, fragte er mich mit einem glücklichen Lächeln.
Endlich!, dachte ich und nickte müde.
»Willi«, sagte er und schüttelte weiter.
Mittlerweile wippte mein gesamter schlaffer Körper mit, jetzt, da sich die ganze Anspannung gelöst hatte.
»Charlotte.«
Was man heutzutage so alles in Kauf nehmen musste, um den grauseligen Nachnamen seines Chefs nicht mehr aussprechen zu müssen. Der Arbeitsmarkt nach der Krise war auch nicht mehr das, was er mal war.
Erleichtert ließ ich mich auf eine leere Futterkiste fallen. Leider ohne vorher zu kontrollieren, ob der Deckel auch wirklich fest auflag.
Tat er nicht.
Ich versank mit einem schnellen Rumps! fast mit dem gesamten Körper in der Kiste, bis nur noch Beine, Arme und mein Kopf herausguckten.
Willi und der mittlerweile wieder verpeilt dreingrinsende Schülerpraktikant lachten befreit.
»Wir sollten eine Kamera im Stollen installieren, damit die Besucherkinder auch die neuen Babys sehen können.« Die Idee kam mir spontan in der Futterkiste. »Der Osnabrücker Zoo bietet das auch an, habe ich mal gehört.«
»Das ist ein hervorragender Einfall, Charlotte«, antwortete Willi nickend.
»Und wir sollten passend dazu dann Mini-Stofftier-Nacktmull-Babys verkaufen oder, noch besser, ganze Stofftier-Nacktmull-Familien!«
»Ja, sehr gut!«, lobte Willi mich.
Wahrscheinlich war er so erleichtert, dass alles gut ausgegangen war, dass er mir sogar seinen Posten angeboten hätte, hätte ich nur danach gefragt.
Vielleicht sollte ich ihn mal um eine Gehaltserhöhung bitten …
Wenn die Woche mit einem derartig spektakulären Geburts-Montag begann, konnte es doch nur noch besser werden.
Langsam, aber sicher entwickelte ich mich unfreiwillig zu einer echten Geburtsexpertin, denn meine letzte Geburt war noch gar nicht so lange her. Ich erinnerte mich mit sehr gemischten Gefühlen an das Kennenlernen meines zweiten Patenkinds, Elmo. Auch hier setzte die Geburt eher unerwartet ein, und es spielte neben einer Kurve auch sehr viel Grünkohl eine Rolle.
2. Kapitel
Genau genommen war es eine scharfe Kurve gewesen, eine sehr scharfe sogar.
Trine war damals mit Elmo, ihrem zweiten Kind, in der sechsunddreißigsten Woche schwanger.
Schon bei ihrer ersten Schwangerschaft mit meinem Patenkind Finn zwang sie Gott und die Welt, an ihrem Leid teilzuhaben, und brüllte unschuldige Menschen auf Parkplätzen, in Kaufhäusern oder auf der Straße an, wenn die nicht, wie ihnen geheißen, sofort Platz für Trine und ihren melonengroßen Bauch machten oder entsprechend vorsorglich reagierten.
Ich hatte mich mittlerweile schon daran gewöhnt und hielt immer ein wenig Abstand, wenn ich mit Trine unterwegs war, sodass man uns bei ihren regelmäßigen Standpauken nicht zwangsläufig als zusammengehörend erkennen konnte.
Denn ich hatte auch hier dazugelernt: Während Trine alle um sie herum zusammenfaltete und meist wütend schnaufend davonstapfte, weil jemand zum Beispiel die Unverschämtheit besaß, sich den letzten freien Parkplatz direkt vor dem Supermarkteingang zu schnappen, wurde ich dann stellvertretend von den arglosen und verdutzten Mitbürgern mit bösen Blicken und Bemerkungen abgestraft.
Einmal hatte mir sogar ein älterer Herr eine Standpauke gehalten, dass die Frauen heutzutage ja auch nicht mehr das seien, was sie früher einmal waren, null leidensfähig, total zimperlich, dabei sei es nun mal ihre natürliche Bestimmung, zu gebären, und heute würde jede ein derartiges Brimborium
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