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Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Titel: Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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an Lucien.
    »Womit?«
    »Gib uns ein Rätsel auf. Oder erzähl uns eine Geschichte.«
    »Aber eine spannende, wenn ich bitten darf«, sagte Quindal. »Ich schlafe gleich ein.«
    »Also gut.« Lucien nahm seine Geschichtenerzählerpose ein und stopfte seine Pfeife. »Kennt ihr die Legende von Fene und Usin? Nein? Nun, das wundert mich nicht, sie ist sehr alt. Heute kann sich kaum noch jemand daran erinnern.
    Fene war eine Vila und lebte in den Hügeln von Karst. Wie alle Vilen ernährte sie sich von der Lebenskraft der Menschen, die so leichtsinnig waren, ihre Schlucht zu betreten. Eines Tages traf sie Usin, einen jungen Manusch. Usin war ein Wahrsager, und obwohl er erst zweiundzwanzig Sommer zählte, besaß er beträchtliche Macht, denn damals war die Magie noch stark. Er floh vor Räubern und wusste sich nicht anders zu helfen, als sich in Fenes Schlucht zu verstecken. Fene wollte über ihn herfallen und seine Lebenskraft aussaugen, doch als sie ihn sah, verliebte sie sich in ihn. Sie gewährte Usin Zuflucht in ihrer Höhle, bis die Räuber die Jagd nach ihm aufgaben.
    Usin blieb viele Tage bei ihr und erholte sich von seinen Wunden. Bis jetzt hatte Fene die Menschen verachtet und sie für dumme, schwache Geschöpfe gehalten, für Schlachtvieh, dessen einziger Lebenszweck darin besteht, getötet und verspeist zu werden. Ihre Liebe zu Usin lehrte sie jedoch, dass die Sterblichen eine Seele besaßen und obendrein Klugheit, Einfallsreichtum, Witz und Mut, und da schwor sie, niemals wieder einen Menschen zu töten.
    Usin nahm sie mit zu seinem Clan. Die anderen Manusch fürchteten sich vor der Vila, doch da sie große Achtung vor den Wesen der Schattenwelt empfanden und Usin respektierten, überwanden sie bald ihre anfängliche Abscheu und behandelten Fene wie eine der ihren.
    So erfuhr sie, dass die Manusch seit vielen Jahren von einem bösen Nigromanten geknechtet wurden. Der Totenbeschwörer verschleppte ihre Kinder, stahl ihr Vieh und tötete jeden, der sich ihm widersetzte. Usin und die Krieger waren machtlos gegen ihn. Als Fene die Verzweiflung des Clans sah, beschloss sie, den Manusch zu helfen. Nur wie? Mit Waffengewalt konnte man nichts gegen den Nigromanten ausrichten. Außerdem hatte er seinen Turm mit Bannsprüchen vor Schattenwesen geschützt, sodass Fene sich nicht an ihn anschleichen und ihn töten konnte. Schließlich traf sie eine Entscheidung: Sie schenkte ihre gesamte magische Kraft ihrem Geliebten, damit er die Macht besaß, den Totenbeschwörer zu bezwingen. Noch in derselben Nacht ging Usin zum Turm des Nigromanten und streckte seinen Feind mit einem Zauberspruch nieder.
    Endlich waren die Manusch frei, doch Fene hatte einen hohen Preis gezahlt. Durch den Verlust ihrer magischen Kraft war sie sterblich geworden. Wenige Jahre später wurde sie krank und starb in Usins Armen. Dennoch bereute sie ihre Entscheidung nicht, denn Usins Liebe und die Freundschaft der Manusch bedeuteten ihr mehr als ewiges Leben.«
    »Das ist aber ein trauriges Ende«, meinte Liam.
    »Ja«, sagte Lucien. »Die alten Geschichten sind immer traurig. Aber wenn ihr wollt, erzähle ich euch jetzt eine lustige. Es war einmal ein Schweinezüchter, der hieß Will ...«
    Die Stunden verstrichen, während Lucien, Quindal, Liam und Vivana abwechselnd Märchen und Legenden zum Besten gaben. Jackon blieb wach bis zum Morgengrauen. Dann forderten die Strapazen der letzten Tage ihren Tribut, und er wurde so müde, dass er kaum noch die Augen offen halten konnte. Mit letzter Kraft schleppte er sich zum Frachtraum und legte sich auf seine Matte.
Nur fünf Minuten,
dachte er.
Fünf Minuten, und dann stehe ich wieder auf.
    Er schloss die Augen und schlief auf der Stelle ein.
    »Hallo Jackon«,
wisperte
Lady Sarka.

27

Der Handelsposten
    N och eine Nacht stehen wir nicht durch«, sagte Quindal am nächsten Morgen. »Wir müssen etwas unternehmen.«
    Liam umklammerte mit beiden Händen seine Kaffeetasse. Er war noch ganz gefangen in seinem Albtraum, obwohl er bereits seit einer halben Stunde hiersaß. Ein Teil von ihm schien nach wie vor durch die dunklen Grabgänge zu irren, verfolgt von Schritten, die näher und näher kamen. Wenn er die Augen schloss, sah er wieder das Leichengesicht seines Vaters, halb verwest und voller Maden, und hörte ihn leise flüstern:
Sieh mich an, Liam. Das ist deine Schuld. Du hättest mich retten können, aber du warst zu feige ... zu feige ... zu feige .. .
    Er wusste nicht, was die anderen geträumt hatten.

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