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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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Moment lang fühlte er sich innerlich leer, und ihm kam diese »Heile Welt«-Wirklichkeit sonderbar vor. Wer war er eigentlich – er, der sich in so vielen verschiedenen Welten immer wieder eine andere Identität zulegte?
    Er stellte das Gepäck ab und holte aus seinem Koffer eine Puppe und den Spielzeugroboter hervor. Die beiden Kinder stießen Jubelschreie aus und stürzten sich auf ihre Geschenke.
    Schanz ergriff eine Einkaufstüte, entnahm ihr ein Präsent und wandte sich seiner Frau zu. »Dein Lieblingsparfum. In einem neuen Flakon, designt von einem international bekannten Künstler. Hat mir die Verkäuferin gesagt … Es tut mir leid, aber seinen Namen hab ich schon wieder vergessen. Und das hier noch …« Er lächelte etwas gezwungen und hielt Beatrice dann auch noch den edlen Seidenschal aus der Tüte entgegen.
    »Oh, wie schön«, erwiderte sie freudig, nahm beides entgegen, betrachtete es von allen Seiten und küsste ihn schließlich auf den Mund. »Danke, Schatz!«
    In dem tanzsaalgroßen Esszimmer war der Tisch schon gedeckt, und die Kerzen darauf brannten. Sie setzten sich und aßen zusammen ein spätes Abendbrot. Danach wurden die Kinder zu Bett gebracht, und Schanz half seiner Frau noch, den Tisch abzudecken.
    Während Beatrice die Küche aufräumte, setzte er sich in seinem Arbeitszimmer an seinen schweren antiken Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Als er im Internet war, gab er bei Google den Namen des Netzwerks I Share Evil ein. Google spuckte jedoch nichts aus. Er versuchte es über eine andere Suchmaschine, aber auch dort wurde er nicht fündig. Während seiner Recherche schaute er sich immer wieder zur offenen Tür um, so wie jemand, der unentdeckt bleiben wollte, weil er sich heimlich Pornos oder sonst etwas Verbotenes anschaute. Er wollte nicht so kurz nach seiner Ankunft die Tür hinter sich schließen, aber was er nun suchte, durfte Beatrice nicht zu sehen bekommen.
    War I Share Evil vielleicht eines jener geheimen Netzwerke, von denen man in der Presse gelegentlich las? Ein Schattennetzwerk, wie sie etwa von Kinderschändern oder Terroristen betrieben wurden? Er überlegte kurz, ob er sich wieder abmelden sollte. Ihm war klar, dass er Spuren im Netz hinterließ und dass der Polizei solche Connects über kurz oder lang nicht verborgen blieben. Mithilfe von sogenannten Netz-Sheriffs suchten sie schließlich nicht erst seit gestern das Internet nach illegalen Pages ab.
    Aber war I Share Evil wirklich vergleichbar mit solchen Gruppen? Was war daran illegal, dass man seiner Wut virtuell Luft machte? Eigentlich völlig harmlos , beruhigte er sich. Wer hatte nicht schon einmal in Gedanken jemanden umgebracht?
    Was ihn an der ganzen Sache faszinierte, war, dass man mit seinen Gefühlen und Gedanken nicht alleine war, dass es anscheinend eine Menge Leute gab – eine Community –, die das Gleiche wie er fühlte und dachte. Das Einzige, was ihn erneut stutzig machte, war der Artikel über den Ausbruch der Seuche in Little Wicker Mill. Irgendwelche okkulten Spinner würden jetzt von der Macht der bösen Gedanken, von Self-fulfilling Prophecies oder von Flüchen sprechen. Aber an so einen Firlefanz glaubte er nicht. Eine direkte Verbindung zwischen dem Netzwerk und dem Unglück in der australischen Kleinstadt war völlig an den Haaren herbeigezogen, geradezu grotesk.
    Also begrub er die kritischen Gedanken ein für alle Mal. Die Wut, die sich in ihm angestaut hatte und die ihn innerlich zerfraß, musste endlich raus. Wie bei Gross. Hier bot sich ihm ein Forum dafür an. Er konnte sprechen: zu Freunden, die ihn verstanden. Sein »Blutsbruder« hatte ihn dazu ermutigt, und wie Gross wollte auch er, dass ihm Gerechtigkeit widerfuhr. Er loggte sich auf I Share Evil ein und gründete eine Gruppe mit dem Namen
    DEATH OF A BITCH!

37
    Die Seuchenstation lag versteckt hinter hohen Bäumen in einem großen Abstand zu den anderen Gebäuden des Klinikums.
    Als Simone aus dem Notarztwagen auf der Trage herausgeladen wurde – gegen die überflüssige Bahre hatte sie sich vergeblich gewehrt –, blickte sie noch einmal kurz hinauf zum nächtlichen Himmel, wo sie zwischen zwei dunklen Wolken einen Stern leuchten sah. Danach ging alles ganz schnell: Zwei vermummte Mitarbeiter der Station rollten sie durch Korridore und eine Schleuse zu ihrem Krankenzimmer, das an einer Seite von einem großen Glasfenster anstelle einer Mauer begrenzt wurde. Zudem gab es hier Überwachungskameras, die rund um die Uhr das

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