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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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noch an Barbara? Die hübsche Rothaarige aus der Parallelklasse? Wir haben in der Schule nie miteinander gesprochen. Waren wohl beide seinerzeit zu schüchtern. Ich habe sie viele Jahre später in einem Café in Frankfurt wiedergetroffen. Es war in der Nähe der Anwaltskanzlei, in der ich gearbeitet habe. Wie der Zufall so spielt, nicht?
    Habe mich sofort wieder in sie verliebt. Sie war noch immer genauso hübsch … und ihre feuerroten Haare! Wie ich die geliebt habe! Zwei Jahre später haben wir geheiratet und sind zusammen nach Australien gezogen. Mein großer Traum, weißt du noch? Bei einer Anwaltskanzlei in Perth habe ich eine gute Anstellung bekommen. Ein Jahr danach kam unsere Tochter Julie zur Welt. Wir haben ein Leben geführt, wie man es sich schöner nicht erträumen kann: jeden Abend nach der Arbeit an den Strand, Barbecue mit Freunden, an den Wochenenden zum Fischen an einen kleinen See in der Nähe von Little Wicker Mill, wo wir uns ein Wochenendhäuschen gekauft hatten. Alles lief perfekt, fast zu perfekt – bis zu dem Tag, Jahre später, an dem mein Leben in den Abgrund gerissen wurde und der schreckliche Albtraum begann. Es fällt mir schwer, darüber zu schreiben, es schmerzt noch so sehr. Du wirst verstehen, was ich meine, wenn Du diesen Zeitungsartikel durchliest.
    Schanz klickte auf einen Link, den Gross angefügt hatte. Es war der gleiche Zeitungsartikel, den er bereits in Bangkok über die Suchmaschine gefunden hatte und der über den Mord an Gustafs Frau und seiner Tochter berichtete. Er schloss die Seite und las, was Gustaf weiter schrieb:
    Nachdem man mir meine Familie genommen hatte, war ich nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich habe mit dem Gedanken an Selbstmord gespielt. Ich! Kannst Du Dir das vorstellen? Am liebsten wäre ich Barbara und Julie ins Grab gefolgt, aber dann kam plötzlich etwas in mir hoch, was ich zuvor noch nie so gespürt hatte. Hass, unendlicher Hass auf die, die mir das angetan haben. Auf diesen Bastard Trevor Molteni, der freigesprochen wurde, und auf diese verdammte, beschissene Kleinstadt, die sich von ihm und seiner Gang hat einschüchtern lassen und dann aus Angst geschwiegen hat.
    Genau zu diesem Zeitpunkt hat sich ein Freund bei mir gemeldet, so wie ich heute bei Dir. Und I Share Evil hat uns zusammengebracht. Er hat mir eine ähnlich furchtbare Geschichte erzählt wie die, die ich erlebt habe. Und ich habe verstanden. Verstanden, dass wir die Dinge nicht nur einfach hinnehmen müssen, sondern dass wir etwas dagegen tun können. Wir, die Leidenden, die nach Rache dürsten: Wir sitzen alle im gleichen Boot, aber zusammen sind wir stark. Später wurde mir klar, dass das Netzwerk ein Geschenk des Himmels ist. I Share Evil hilft uns dabei, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Und das ist erst der Anfang! Wir sind viele, Peter, und es werden immer mehr. Geh auf meine I Share Evil-Gruppe, dann wirst du es verstehen.
    Paul Schanz hielt inne. Er starrte aus dem Fenster und spürte dem eigenen Hass nach. Er bemerkte nichts von dem üblichen Abendverkehr auf den Straßen Berlins. Auch dass der Taxifahrer damit beschäftigt war, die bereits rötlich entzündete Haut um seine Fingernägel herum weiter bis aufs Fleisch abzukauen, entging ihm völlig. Besonders ein Gedanke in Gustafs Message ließ ihn nicht mehr los:
    Wir, die Leidenden, die nach Rache dürsten: Wir sitzen alle im gleichen Boot, aber zusammen sind wir stark.
    Sie waren Blutsbrüder gewesen, ja. Aber war das ein Grund, ihn nach fast dreißig Jahren zu kontaktieren und gleich seine ganze Geschichte, so schlimm sie auch war, vor ihm auszubreiten? Was beabsichtigte er? Wollte er sein Mitgefühl? Und meinte er mit den »Leidenden, die nach Rache dürsten« etwa auch ihn?
    Wusste er etwas von seinem Hass auf die Nutten? Und hatte er ihn deshalb angeschrieben? Aber wie konnte er das wissen? Seine HIV-Infektion hatte er völlig geheim gehalten. Unmöglich, dass da was durchgesickert war … zu Gustaf … und bis nach Australien! Er hatte noch niemals jemandem von seiner Krankheit und den eigenen Rachegedanken erzählt! Konnte er sich überhaupt sicher sein, dass das wirklich sein alter Freund Gustaf Gross war, der diesem Netzwerk angehörte?
    Von den vielen Gedanken, die durch seinen Kopf wirbelten, wurde Schanz ganz schwindelig. Er zögerte, auf die Gruppe seines Freundes zu gehen, weil er plötzlich ein Unbehagen verspürte. Die letzten Zeilen von Gustaf hatten etwas von einem fanatischen Eiferer, und

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