Pandoras Kuss
sie den Angestellten und zogen uns wieder um.
Es hatte etwas vom Ende eines Theaterstücks. Der Vorhang hatte sich geöffnet, wir hatten unsere Rollen gespielt, der Vorhang senkte sich wieder und jetzt schminkten wir uns in der Garderobe unsere Ma sken ab, um ins wirkliche Leben zurück zu kehren.
Nur, was war schon noch das wirkliche Leben für mich? Mein Beruf? Meine seltsamen Treffen mit Persephone? Oder dieser Nachmittag in dem gespenstischen Haus mit Amelie, die nicht Persephone war, aber auch nicht die dunkle Fee, sondern irgendetwas dazwischen und zugleich alles zusammen?
Merde .
Als Amelie wieder auftauchte hatte sie ihr Haar zurück gebunden, die Bluse bis zum letzten Knopf geschlossen, trug wieder ihre Marlene Dietrich Hose und hatte sogar ihre große dunkle Sonnenbrille aufgesetzt. Eindeutig: Das war nicht mehr Amelie, sondern Persephone, die dunkle Fee.
Sie hatte während der Fahrt die Stereoanlage angestellt als wollte sie mir damit deutlich machen, dass sie jetzt nicht in der Stimmung für Gespräche war.
Eigentlich hätte der direkte Weg zurück zur Stadt über die Schnellstraße geführt. Doch Persephone wählte die Landstraße, die sich in endlosen Kurven an Feldern und Waldstücken vorbei durch x kleine Ortschaften schlängelte, bevor sie auf die Schnellstraße zur Stadt mündete. Wie es schi en, war sie nicht scharf darauf zu rasch wieder zur Stadt und ihrem gewohnten Leben zurückzukehren. Ich konnte das nachvollziehen. Mir ging es genauso.
In irgendeinem Ort, dessen Namen mir nichts sagte, fuhr sie von der Straße ab zu einem kleinen Restaurant.
Es war auf rustikale Art gemütlich und in einem ehemaligen Bauernhof untergebracht. Wir waren die einzigen Gäste. Persephone bestellte zwei Kaffee, was mir nur recht war. Ich hatte einen Koffeinstoß dringend nötig, um mein gewohntes Giftlevel zu halten. Außerdem war ich sauer auf sie, weil sie nahtlos wieder in ihren Eisfee-Modus zurück gewechselt war. Der Kaffee würde mich beruhigen, hoffte ich wenigstens.
Wir tranken schweigend unseren Kaffee. Der Kellner sah immer mal wieder zu uns herüber. Entweder fürchtete er, wir könnten demnächst noch mehr bestellen oder er wunderte sich, wo diese beiden Frauen in ihrem Sportwagen plötzlich herkamen und weshalb sie ausgerechnet in diesem Restaurant abgestiegen waren.
Persephone zahlte und schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. Er sah sie an als wüsste er ab da an genau, wovon er die nächsten paar Nächte träumen würde.
Auf dem Parkplatz vor meinem Ha us hielt sie an und sagte nur „bis dann“, bevor sie dem kleinen Porsche die Sporen gab und davon brauste.
Toll.
Wirklich toll.
So unglaublich herzlich.
42.
Ich stieg wütend die Treppe zu meiner Wohnung herauf, ließ mir ein Bad ein und köpfte eine Flasche Wein.
Ich hätte auch einen Aschenbecher und die Notzigaretten mit ins Bad genommen, wären die blöden Kippen nicht alle gewesen. Aber frau konnte nicht immer alles haben. Das warme Schaumbad war jedenfalls genau das Richtige, um diesen seltsamen Tag zu verarbeiten.
Ich lag in dem warmen Wasser und fragte mich, was mir dieser Tag gebracht hatte. Mir war meine Unschuld geraubt worden. Na ja - sozusagen. Außerdem kannte ich seit heute Persephones eigentlichen Namen und wusste, dass sie auf mehr als nur S&M Sex stand. Außerdem war sie unverschämt reich und wahrscheinlich sogar berühmt. Pech für mich, dass ich keine Tratschblätter las, sonst wäre mir ihr Foto und ihr Name schon früher unter gekommen.
Was ich immer noch nicht erfahren hatte war, was diese Gemeinschaft eigentlich war und ob ich richtig damit lag, dass tatsächlich Rava hinter dieser Vereinbarung stand, die ich unterzeichnet hatte.
Was fing ich jetzt mit ihr an? Wie weiter nach diesem Nachmittag in ihrem verwunschenen Schloss? Hatten wir jetzt etwa eine Art Beziehung? Und mit wem hatte ich diese Beziehung dann eigentlich (falls ich denn überhaupt eine Beziehung zu ihr hatte) mit Amelie, mit Persephone oder beiden? Wollte ich das eigentlich? Und konnte ich ihr das nächste Mal einfach so wieder gegenübertreten als sei nichts geschehen?
Mist, warum musste das Leben immer so furchtbar kompliziert sein?
Mein Telefon klingelte.
Und selbstverständlich lag es um den entscheidenden Zentimeter außerhalb meiner Reichweite. Ich streckte meine Hand danach aus und warf dabei die Weinflasche um, ohne das Telefon erreicht zu haben. Der Wein lief über die Fliesen, mein Badetuch und meine
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