Pandoras Kuss
Büro und verließen das Revier ohne noch einmal mit mir gesprochen zu haben.
Angesichts der Umstände war ich erstaunlich ruhig.
Ich erledigte einfach meine Arbeit und ging zwei Mal mit Nadine auf den Parkplatz um eine Zigarette zu rauchen und einen Automatenkaffee zu trinken. Ich rauchte zu viel, keine Frage. Und sollte acht geben, dass ich davon wieder wegkam.
Gegen fünf rief mich Hublot zu sich.
Er bestand darauf, dass ich hinter mir die Tür schloss und mich in seinen Besucherstuhl setzte.
Keine guten Vorzeichen. N ormalerweise handelten wir unsere kleineren Dienstbesprechungen im Stehen und bei geöffneter Tür ab.
„Du weißt , wer die waren und was sie hier wollten? Sie haben deine Akte eingesehen und sich eine Menge Kopien gemacht. Außerdem haben sie mich mit Fragen gelöchert. Ich kam mir ja fast vor wie in einem Verhör. Dabei ist das hier mein Laden. Ich bin sicher, sie haben nichts gefunden. Aber sie fangen auch gerade erst an.“
Ich ahnte, was jetzt folgen würde.
„Das war nur Vorspiel. Ein bisschen auf den Busch klopfen, um zu sehen ob dabei schon ein paar Ratten aus den Löchern springen. Keiner nimmt das wirklich ernst. Aber wenn sie zurückkommen, werden sie konkretere Fragen stellen.
Und i ch will nicht lügen müssen, falls die Schnüffelbrigade irgendetwas an Mist ausbuddeln sollten, von dem ich nichts weiß.
Du kennst mich.
Mit mir kann man reden.
Ich werde dir nicht den Kopf abreißen, egal was es ist.
Sollte da also irgendwas sein - ganz gleich was - dann hast du jetzt die Chance es mir zu sagen. Nur lügen solltest du besser nicht.“
Schwester Marie-Claire suhlte sich geradezu in Schadenfreude und die schamlose Hexe hatte sich gleich ganz und gar verkrümelt. Danke Mädels, genauso war ich das von Euch gewohnt.
Hublot war ein guter Chef und kein schlechter Flic. Er war kein Genie aber er hatte ein Händchen dafür seine Leute zu motivieren und bei der Stange zu halten. Außerdem hatte er mich stets absolut fair behandelt und stand zu seinen Beamten, sollten die in Schwierigkeiten geraten.
Ich bin sicher, dass mir die Röte in die Wangen stieg. Dennoch konnte ich seinen Blick erwidern und ihm versichern, dass die Schnüf felbrigade nichts finden würde, weil es nichts zu finden gab.
„Schön, Sergeant Colbert. Da ist noch was. Rava erwartet dich im Präsidium.“
Oha! Rava?
„Darf ich fragen weshalb?“
Hublot hielt meine geröteten Wangen hoffentlich einfach für Ausdruck meiner Überraschung. Er lag ja auch so falsch damit nicht. Aber er konnte andererseits auch nicht wissen welche Gefühle Rava in mir auslöste. (Erst recht seitdem ich ihm am Sonntag auf dem Schrottplatz seine italienischen Schuhe voll gekotzt hatte. Wenn das kein Grund war rot zu werden!)
„Deine Beförderung ist bestätigt. Ich nehme an, er will mit dir über deine weitere Verwendung sprechen…“
Meine weitere Verwendung? Was sollte das denn?
Ab Oktober wurde hier im 18. Revier eine entsprechende Planstelle frei. Bis dahin würde ich eben zu warten haben. Das ging hunderten Kollegen in ganz Frankreich so. Einige warteten sogar mehrere Jahre auf ihre Planstellen.
„Schau Marie, du hast doch nicht etwa erwartet, dass Rava d ich hier im 18. versauern lässt oder?“
Doch , genau das hatte ich erwartet. Und versauern wäre auch nicht der erste Begriff gewesen, der mir zu meinen Dienst hier einfiel.
Hublot zuckte die Achseln.
„Na du wirst ja sehen, was er zu sagen hat. Mach dir mal keine Sorgen, Kleine.“
Natürlich nicht, weshalb sollte ich mir auch Sorgen machen?
Ich hatte die Schnüffelbrigade auf den Fersen, eine verdrehte Dreiviertelmilliardärin drängte mir ihre Freundschaft auf, ein geheimes Netzwerk Perverser erpresste mich und mein verheirateten Chef ließ jedes Mal, sobald ich ihn auch nur ansah, die Schmetterlinge in meinem Bauch heftig aufflattern. Aber sonst – alles gut, alles cool, danke der Nachfrage.
„Mach’s gut. Und ruf an , sobald du Näheres weißt, ja!“, meinte Hublot zum Abschied, gab mir die Hand und führte mich persönlich zur Tür.
Ich griff meine Jacke, ging zum Parkplatz, stieg in meinen Wagen und fuhr nach Hause.
Keine Chance, dass ich in meiner Dienstkluft aus verwaschenen Jeans, karierter Bluse und ausgetretenen Turnschuhen Rava gegenübertrat. Ich duschte in Rekordzeit, schlüpfte in ein ziemlich gewagtes weißes Kleid, zog dazu den Trenchcoat über und stieg außerdem in die grauen halbhohen Pumps, die Persephone mir für
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