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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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einen Mann ist das schon allein körperlich unmöglich.« Er streckte die Hand nach dem Telefon auf dem Nachttisch aus. »Bist du sicher, dass ich dich nicht überreden kann, Harley noch eine weitere Stunde zu vergessen?«
    »Nein.«
    »Eine halbe Stunde?«
    »Nein.«
    »Fünfzehn Minuten? Ich verspreche, dass du es nicht bereust.«
    Das würde sie ganz bestimmt nicht. Die letzten Stunden waren beinahe unerträglich leidenschaftlich gewesen. Gott, sie war rasend gewesen. Noch nie hatte sie etwas so Intensives erlebt. Sie war versucht, sich zu ihm umzudrehen und noch einmal von vorn anzufangen.
    »Fünfzehn Minuten?«, flüsterte er.
    Sie legte ihm die Hand auf die Brust. Er fühlte sich warm und lebendig an, sein Herz klopfte schneller unter ihrer Handfläche. Das bewirkte sie bei ihm. Sie konnte machen, dass sich seine Muskeln anspannten und sein Atem sich beschleunigte. Macht. Doch er konnte dasselbe auch bei ihr hervorrufen. Gemeinsam könnten sie die Macht und die Wonne endlos auskosten …
    O Gott, ihre Gefühle waren zu stark. Es war Leidenschaft und doch nicht nur Leidenschaft. Was geschieht mit mir?, fragte sie sich panisch.
    »Lieber nicht.« Sie setzte sich auf und schwang die Beine über den Bettrand. »Ruf Harley an. Er wartet schon lange genug.« Sie stand auf und fasste nach der Baumwolldecke am Fuß des Bettes, um sie um sich zu wickeln. »Ich springe unter die Dusche.«
    »Schon wieder?« Er lächelte. »Zu zweit ist das schöner.«
    »Aber allein geht’s schneller.« Sie ging ins Bad. »Bis später.«
    »Megan.« Sie drehte sich zu ihm um. Sein Blick suchte ihre Augen. »Du läufst weg.«
    »Kann sein. Vielleicht versuche ich auch nur, die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken. Du hast gesagt, wir müssen die Spannungen der Vergangenheit lösen, sonst lassen sie uns bis in alle Ewigkeit nicht mehr los. Das haben wir getan, Grady.«
    »Den Teufel haben wir getan. Ich habe gar nichts gelöst. Ich will einfach mehr.« Er schwieg eine Weile. »Bis in alle Ewigkeit – das klingt im Moment gar nicht so schlecht.«
    »Mir macht es höllische Angst.« Sie verschwand im Badezimmer. Gleich darauf ließ sie das heiße Wasser auf sich niederprasseln.
    Sie wollte die Gefühle und seinen Geruch von sich waschen. Vielleicht konnte sie dann ruhig und sachlich über das, was passiert war, nachdenken.
    Unwahrscheinlich. In dem Moment, in dem sie an Grady dachte, sah sie ihn vor sich, wie er am Strand stand und der Wind seine Haare zerzauste. Oder wie er sie im Warteraum der Klinik gehalten hatte, nachdem sie erfahren hatte, wie schlecht Phillips Zustand war. Oder wie er nackt auf ihr lag, hart, kraftvoll und doch zitternd vor Verlangen.
    Sie erschreckte es, dass das erotische Bild das letzte in der Reihenfolge war. Nach den Erlebnissen der letzten Stunden hätte es das erste sein müssen. Es war nicht zu leugnen, dass ihr die zarteren, süßeren Augenblicke mehr bedeuteten.
    Leidenschaft war gut. Alles andere würde sie schwächen, und Grady hatte bereits bewiesen, wie rücksichtslos er sein konnte. Er hatte die Kontrolle. Konnte sie physisch und mental unabhängig bleiben, wenn sie dahinschmolz, sobald sie mit ihm zusammen war? Emotionale Verwicklungen mit Grady konnten sich zu einem Unglück auswachsen.
     
    Er wartete splitternackt vor der Tür, als sie dreißig Minuten später aus dem Bad kam. »Du hast abgesperrt?«
    »Ich wollte Privatsphäre.«
    »Und du weichst vor mir zurück?«
    Sie schaute ihm in die Augen. »Ja. Du bist ein bisschen erdrückend. Gerade jetzt kann ich emotionale Verwirrungen nicht gebrauchen. In dem Tribunal-Protokoll steht, dass Lauscher sehr zu intensiven, flüchtigen Emotionen neigen. Auch wenn ich diesem Unsinn kaum Glauben schenke, darf ich mich nicht von Gefühlen leiten lassen.«
    »Nein, das darfst du nicht.« Er lächelte. »Aber andererseits könntest du mich als Therapeut, der dir Erleichterung verschafft, ansehen. Diese Rolle übernehme ich freiwillig und gern.«
    Die Intensität war verflogen, aber sein Charisma, das sie bereits vor zwölf Jahren in seinen Bann gezogen hatte, tat auch jetzt seine Wirkung. Da stand er – nackt und gänzlich unbefangen und so verdammt schön, dass sie die Augen nicht von ihm wenden konnte. Sie zwang sich, den Blick loszureißen. »Ich lasse mich nicht ablenken, Grady.«
    »Und ich werde nicht nachlassen, es zu versuchen.« Er ging an ihr vorbei ins Bad. »Es hat so gutgetan. Eine kleine Ablenkung ist gut für die Seele. In einer halben

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