Pandoras Tochter
Hotel zurückkamen.
»Dir bleiben nur noch ein paar Stunden Schlaf«, sagte Grady, als sie das Wohnzimmer durchquerte und zu ihrer Zimmertür ging. »Renata hat uns ein bisschen Luft verschafft, indem sie diesen Falbon ausgeschaltet hat, aber wir wissen nicht, wie viele Informationen er an Molino weitergegeben hat. Falls Molino weiß, dass wir in München sind, sollten wir lieber aus der Stadt verschwinden.«
»Nicht ohne Renata Wilger«, erklärte Megan. »Ich lasse sie nicht allein. Wir können uns hier in München ein anderes Quartier suchen.« Sie öffnete die Tür. »Du willst die Chronik? Wir werden sie bekommen.«
»Und du willst Edmund Gillems kleinen Protegé beschützen.«
»Er hat für sie gebetet«, erwiderte sie. »Seine Gebete werden erhört.« Sie machte die Tür hinter sich zu.
Mein Gott, bin ich müde, dachte sie auf dem Weg ins Badezimmer. Harleys Anruf hatte sie aus dem Tiefschlaf geweckt, und jetzt war sie erschöpfter als zuvor. Die Chronik wurde allmählich zum Mittelpunkt, um den all ihre Gedanken kreisten und auch die der Leute um sie herum. Sie nahm mythische Proportionen an, dabei war es nur ein Buch, verdammt noch mal. Kein Mensch sollte bereit sein, für ein Buch sein Leben zu opfern.
Und niemand sollte bereit sein, für ein Buch zu töten, wie es Molino tat.
Was ging ihr da durch den Kopf? Gleichgültig, wie klein sie die Chronik redete, sie hatte offensichtlich Auswirkung auf das Leben Tausender, sonst wäre Edmund nie freiwillig dafür gestorben.
Sie wusch sich das Gesicht und zog sich aus. Hör endlich auf zu grübeln. Gönn dir ein bisschen Schlaf, damit du morgen neu durchstarten kannst.
Nein, bevor sie zurück ins Bett ging, würde sie Dr. Gardner anrufen und sich nach Phillip erkundigen. Wahrscheinlich war es dumm zu hoffen, dass sich an seinem Zustand etwas ändern würde, aber sie wollte ihn nicht aufgeben.
Pandora ließ die Hoffnung in der Büchse, als sie all die anderen Geister befreite.
Nun, sie war nicht Pandora, sie würde keine sein, stattdessen wollte sie sich mit aller Macht an die Hoffnung für Phillip klammern.
K APITEL 13
R
enata hat sich in ein kleines Häuschen am Stadtrand zurückgezogen«, berichtete Harley, als Grady am nächsten Morgen seinen Anruf entgegennahm. »Sobald es hell wurde, habe ich mich auf die Suche nach einer Bleibe in ihrer Nähe gemacht. Ich habe etwa eine Meile entfernt ein möbliertes Haus gemietet.« Er nannte die Adresse. »Ich bleibe an Renata dran, bis ihr herkommt. Dann überlasse ich alles Weitere dir und haue mich aufs Ohr.« Er beendete das Telefonat.
»Wo ist sie?«, wollte Megan wissen, als sie aus ihrem Zimmer kam.
»Am Stadtrand. Harley hat uns eine Bleibe in ihrer Nähe organisiert. Okay?«
Sie nickte. »Ich hole mein Gepäck.« An der Tür blieb sie noch einmal stehen. »Dieser Michael Travis kümmert sich doch um alle möglichen übersinnlich Begabten, oder?«
Grady nickte.
»Kennt er auch irgendwelche Heiler?«
»Worauf willst du hinaus?«
»Was denkst du denn? Es geht um Phillip. Ich bin bereit, alles zu versuchen.«
»Ich habe noch nie von einem echten Heiler gehört und glaube kaum, dass Michael einen kennt. Er hat mir erzählt, dass er vor zehn Jahren dachte, er hätte einen in Brasilien gefunden, aber er hat sich als Betrüger erwiesen. Scheinbar ist eine solche Begabung äußerst selten.«
»Mist! Das ist das einzige Talent, das in dem ganzen Chaos von Wert wäre. Ich bin Ärztin und würde alles geben, um den Menschen auf diese Weise helfen, um Phillip helfen zu können. Besteht die Möglichkeit, dass ich eine Heilerin werde? Du sagtest, meine Mutter hätte mehrere Talente gehabt. Sie war eine Finderin. Könnte ich nicht …« Er schüttelte den Kopf. »Warum nicht, verdammt?«
»Die Chancen stehen schlecht. Finder gibt es relativ viele. Sarah war eine außergewöhnlich gute Finderin. Heiler oder Heilerinnen gibt es so gut wie keine. Ich glaube kaum, dass du dich zu einer entwickelst.«
»Ich bin eine Heilerin. Ich bin Ärztin, und zwar eine gute. Ich möchte nur eine noch bessere werden.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht irrst du dich. Es ist eine solche Verschwendung, die ganze Ausbildung, und dann kann man nichts anderes tun, als sich das Leid dieser Welt anzuhören.«
»Ich hoffe, dass ich mich irre. Ich will dich nicht enttäuschen. Wenn es in meiner Hand läge, würde ich dir alles geben, was du willst, und alles tun, worum du mich bittest.« Er begegnete ihrem Blick und fügte
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