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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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stecken und hinunterzuwürgen, brauchte fast Todesmut. Sariel hielt den Atem an, um den Brechreiz zu unterdrücken, und nahm den ersten Bissen.
    Er war überrascht. Der Schleimpilz hatte kaum Eigengeschmack und schmeckte nur ein wenig nach Erde und frischem Wasser. Kaum hatte er den Bissen hinuntergeschluckt, verschwand auch der Brechreiz. Sariel probierte einen weiteren Bissen und danach den nächsten. Er aß, bis er satt war. Danach fühlte er sich schon besser.
    Sariel konnte förmlich spüren, wie Kraft und Leben mit jedem Bissen in seinen Körper zurückkehrten. Ein Gefühl, wie er es bereits von dem Nglirr kannte. Jedenfalls kein bisschen vergiftet, und Sariel fragte sich, ob etwas so Nahrhaftes wirklich die Quelle des Verderbens sein konnte. Satt und erfrischt, dafür mit mehr Fragen im Kopf als zuvor, trat Sariel wieder aus der Höhle. Überrascht stellte er fest, dass der Kalmar verschwunden war. Das riesige Tier hatte ihn zu einer Nahrungsquelle geführt, sich selbst gestärkt und war dann einfach weitergetrottet. Deutlich war die Spur zu erkennen, die der Kalmar durchs Geröll gezogen hatte.
    Für einen Moment fühlte sich Sariel verraten, zurückgelassen wie ein lästiges Anhängsel. Immerhin hatte Sariel so viel verstanden, dass die Kalmare offenbar gutmütige Tiere waren und keine Menschen fraßen. Im Gegenteil hatte der Riesenoktopus sogar verstanden, was ihm fehlte, und ihn gerettet. Bloß wusste Sariel immer noch nicht, wie es jetzt weitergehen sollte.
    Verwirrt und ratlos ließ er sich auf einen Felsblock sinken. Dachte an zu Hause. Nicht an Kurkuma, nicht an seine Eltern, nicht einmal an Jana oder Christoph Glasing. Er dachte an seine Schule, an den Sportunterricht und an die Jungs in seiner Klasse, die sonst was für eine solche Kletterwand geben würden, wie Sariel sie gerade anstarrte. Freeclimbing war total angesagt in seiner Schule. Aber diese Wand vor ihm war etwas anderes als die fünf Meter mit Steighilfen und Sicherungsseil in der Sporthalle. Diese Wand da vor ihm war über hundert Meter hoch, streckenweise spiegelglatt, dann wieder scharfkantig, brüchig und so steil, dass man große Teile über Kopf klettern müsste. Genau betrachtet, unmöglich. Andererseits war er auch nicht mehr Huan, sondern der Sariel, im Schlaf ausgebildet und mit allem Wissen ausgestattet, das die Sari zur Verfügung hatten, geschult in verschiedenen Kampfsportarten und vorbereitet auf eine Heldenmission. Wer, wenn nicht der Sariel, sollte diese Felswand bewältigen? Dort oben, vom nächsten Kamm aus, konnte man sich vielleicht orientieren. Vielleicht ging es dort weiter.
    Vielleicht auch nicht.
    Wieder keine Wahl. Sariel erhob sich, verschränkte die Finger, bis die Knöchel leise knackten, streckte sich, atmete durch und stellte sich an die Wand.
    Es war unmöglich.
    Scheiß der Hund drauf!
    Biao betrachtete das wimmelnde Schwarmwesen, das vor ihm schrie und zappelte, mit neugierigem Interesse. Die Panik hatte inzwischen vollständig von Liya Besitz ergriffen, genauso wie die Käfer. Biao wusste nicht, warum Liya sich überhaupt mit den Käfern eingelassen hatte. Aber das Mädchen, das er schon lange als »nahes Wesen« betrachtete, tat viele unverständliche und scheinbar sinnlose Dinge. Biao wusste nicht, was in ihrem Kopf vorging, der Laute hervorbrachte, die manchmal an ihn gerichtet waren. Unverständliche, aber vertraute Laute. Aber Biao spürte die Panik des nahen Wesens, das ihm mehr bedeutete als sein eigenes Leben oder der Große Plan. Er spürte, dass die Kratzkäfer dabei waren, sie umzubringen. Wie alle Kalmare hasste Biao nichts so sehr wie Kratzkäfer. Gegen Kratzkäfer half nur ein Mittel. Sozusagen ein altes Hausmittel der Kalmare.
    Biao holte einmal tief Luft - und spuckte Liya an.
    Ein dicker, weißlicher Schleimbrocken klatschte auf die Kratzkäfer auf Liyas Haut. Augenblicklich fielen gleich Dutzende von ihnen ab. Biao spuckte noch einmal, und wieder lösten sich sämtliche Käfer, die von der Spucke getroffen wurden. Als Liya die Wirkung der Kalmarspucke bemerkte, zögerte sie keine Sekunde mehr. Mit beiden Händen griff sie in die erstaunlich geruchlose Masse und rieb ihren juckenden Körper damit ein. Und die Käfer fielen von ihr ab wie überreife Früchte. Irgendeine Substanz in der Kalmarspucke schien sie derart abzustoßen, dass sie sogar das Festmahl auf Liyas Körper aufgaben. Biao spuckte ein drittes Mal - mehr Flüssigkeit brachte er nicht mehr auf. Liya verteilte die Spucke

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