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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Hirsche, besonders jetzt. Die großen durchstreifen die Gegend nach Kühen, wo es doch jetzt mit der Brunft losgeht.«
    »Schön.« Ich schaltete die Taschenlampe ein und holte die Landkarte aus dem Medizinbeutel um meinen Hals.
    »Was ist das, was Indianisches?«, fragte Patterson mit einem Blick auf den Beutel.
    »Die Mutter meines Großonkels hat ihn genäht«, sagte ich. »Eine Handarbeit der Micmac, Stachelschweinborsten auf Leder. Sehr wertvoll für mich. Ich hab ihn immer bei mir, wenn ich auf die Jagd gehe. Bringt mir Glück.«
    »Na dann los«, sagte Patterson. »Wird ein guter Tag für Sie werden.«
    Ich warf einen Blick auf die Karte, prüfte den Kompass, den ich mir an die grün-schwarz karierte Wolljacke gesteckt hatte, und holte mein Fernglas aus dem Fleece-Rucksack.
    »Wenn Sie auf eine Spur stoßen, gehen Sie nicht zu ehrgeizig ran!«, riet Patterson. »Die Hirsche sind seit etwa drei Jahren nicht mehr gejagt worden. Sie könnten früher auf einen stoßen, als Ihnen lieb ist.«
    Er verstummte und sah mich verlegen von der Seite an. »Da sag ich Ihnen, was Sie zu tun haben. Dabei hab ich Ihre Technik noch nie ausprobiert, um ehrlich zu sein.«
    Er hatte etwas Jungenhaftes an sich, und ich musste lächeln. »Ich war seit Jahren nicht mehr im Wald. Hab wahrscheinlich jedes Gespür dafür verloren.«
    »Ach woher. Wenn Sie erst mal draußen sind, ist alles wieder da, Sie werden sehen.«
    »Na hoffentlich. Arbeiten Sie schon lange für Cantrell?«
    Wie sich herausstellte, war es seine erste Jagdsaison mit dem Pächter. Eigentlich hätte nicht Cantrell, sondern Tim Nelson, Theresas Mann, den Pachtvertrag bekommen sollen; er hatte schon drei Jahre für Metcalfe gearbeitet. Es hieß, Cantrell habe sich die Pacht über einen Verwandten seiner Frau gesichert, einen Rechtsanwalt der Familie Metcalfe.
    »Beziehungen sind eben alles im Leben«, sagte Patterson. »Tim nimmt es nicht so schwer, aber Theresa stinkt die Sache ganz gewaltig. Mike ist schon okay, finde ich. Irgendwo aus dem Osten. Redet nicht viel über sein Vorleben. Kennt sich aber aus, so viel steht fest. Und er zahlt gut, das ist schon mal was.«
    »Und Sheila?«
    »Die ist schwer in Ordnung«, sagte Patterson. »Sie hat ’ne kleine Schwester drüben in Ontario, die nicht ganz richtig im Kopf ist, wie man so sagt. Deshalb hat sie so viel Geduld mit Grover.«
    »Er ist …«
    »Nur ’n bisschen neben der Spur«, sagte Patterson. »Mehr ist es nicht. Bei manchen Sachen hat er den Dreh raus, bei anderen eben nicht.«
    »Aber er ist nett.«
    »Stimmt, außer er lässt mal wieder die Koffer auf dem Kai stehen, und die rutschen dann in den See«, sagte Patterson. »Alles schon da gewesen. Nicht nur einmal. Hab ich Ihnen eigentlich schon erzählt, dass meine Frau neulich ein Kind gekriegt hat?«
    »Nein«, sagte ich und spürte, wie mein Herz wieder stärker klopfte.
    »Wie alt?« Patterson fischte aus der Brusttasche seiner Wolljacke den Schnappschuss eines Säuglings im pinkfarbenen Strampler, neben sich ein Stofflamm. »Sie wird sechs Monate, wenn ich zurückkomme. Heißt Laura, wie meine Frau. Haben Sie auch Kinder?«
    »Einen Jungen und ein Mädchen.«
    »Möchte wetten, die finden es mächtig cool, dass ihre Mom jagen geht und so. Stimmt’s?«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Ich weiß es nicht. Wir leben im Augenblick nicht zusammen.«
    Er schien zu spüren, was in mir vorging. »Tut mir Leid. Muss schlimm sein.«
    »Schlimmer.«
    Er schaltete zurück und bog in eine Ausbuchtung, wo die Waldarbeiter ihre Stämme stapelten. Der Schnee fiel hier nicht so dicht. Ich konnte die Hügelkette vor mir erkennen. Patterson zeigte auf die gelbe Markierung auf der anderen Seite der Lichtung. Er riet mir, eine Zeit lang auf dem Weg zu bleiben, bevor ich mich in die Wildnis schlug. Er würde gegen drei Uhr selbst in die Gegend kommen, um zu jagen. Wir würden uns gegen halb fünf treffen. Ich schüttelte Patterson die Hand, stieg aus und schlug die Tür hinter mir zu.
    Das Fahrzeug rumpelte davon. Ich holte fünf Patronen aus der Hosentasche und lud das Gewehr. In der vorderen Jackentasche fand ich ein Feuerzeug und prüfte mit Hilfe der Flamme die Windrichtung. Er blies aus Nordwest, und ich beschloss, in einer großen Schleife gegen den Wind zu laufen, um das Gelände erst einmal kennen zu lernen. Sollte ich auf eine große Spur stoßen, würde ich ihr folgen. Wenn nicht, hätte ich das Revier erkundet. Das wäre wichtig für die nächsten Tage, wenn die

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