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Panik: Thriller (German Edition)

Panik: Thriller (German Edition)

Titel: Panik: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Gordon Smith
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und breitete die Arme aus.
    » Vielen Dank, dass ihr so zahlreich gekommen seid«, sagte sie. Ihre Stimme zitterte vor Nervosität. » Wie schön, dass es so viele geschafft haben. Äh, wie ihr alle wisst, ist das hier die Generalprobe und nicht die endgültige Aufführung, also bitte ich alle Versprecher sowie meine Anweisungen und gelegentliche Wiederholungen zu entschuldigen.«
    Daisy bewegte sich nicht– sie konnte nicht. Ihre Wangen brannten noch heißer als die Scheinwerfer.
    » Kinder, bitte, bitte, bitte schaltet eure Handys aus«, fuhr Mrs. Jackson fort. » Und jetzt viel Vergnügen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Romeo und Julia, eine Tragödie von William Shakespeare.«
    Mrs. Jackson drehte sich gerade um, als Daisy aus ihrer Erstarrung erwachte und die Lehrerin mit rudernden Armen auf sich aufmerksam machte.
    » Bitte, Mrs. Jackson«, flüsterte sie so leise, wie sie konnte, da sie die Blicke des Publikums auf sich spürte. » Ich muss mit Ihnen reden.«
    » Was machst du denn auf der Bühne?«, fuhr sie Mrs. Jackson an. Das grelle Licht ließ ihr Gesicht wie eine Ledermaske wirken. » Runter mit dir.«
    » Aber…«
    » Du ruinierst ja das ganze Stück«, zischte Mrs. Jackson und wedelte mit den Händen, als wäre sie eine Fliege auf ihrem Mittagessen. » Husch, husch.«
    Daisy stand mitten auf der Bühne. Vor Staunen stand ihr der Mund offen. Im Publikum war es völlig still– es schien nur aus glasäugigen Puppen zu bestehen.
    » Runter mir dir«, sagte Mrs. Jackson und ging einen Schritt auf Daisy zu. Die Hitze der Scheinwerfer war kaum zu ertragen, sie standen auf einer Lichtinsel in einem Ozean der Finsternis. Daisy stolperte, erkannte die Treppe zu spät und fiel von der Bühne. Der Schmerz umklammerte ihren linken Knöchel wie eine Kralle. Sie landete auf Händen und Knien, der schwere Rucksack rutschte ihr über die Schulter. Sie wartete auf das Gelächter, die hämischen Freudenschreie und Beleidigungen, aber in der Aula war es totenstill.
    Daisy rappelte sich auf. Jetzt war es nicht mehr so hell, und sie konnte die Schüler im Publikum erkennen. Niemand sah sie an. Auf der Bühne hielt Mrs. Jackson den Vorhang auf und schubste das Mädchen, das den Erzähler spielte, auf die Bühne. Sie streckte ihr den hocherhobenen Daumen hin und verschwand wieder in der tiefen Dunkelheit. Das Mädchen nahm ihre Position ein und legte los.
    » Äh, zwei Häuser waren– gleich an Würdigkeit…«
    Daisy lief auf die Tür zu und wünschte sich dabei, dass sie sie auslachen würden. Das hier war noch viel, viel schlimmer. Ein Albtraum. Als sie die Tür erreichte, rannte sie bereits, stürmte durch den Haupteingang in die Sonne. Das kann alles nicht wahr sein, schrie ihr Verstand immer wieder, kann nicht sein, kann nicht sein. Sie lief über den Parkplatz und ließ sich gegen die Hecke am Ende sinken. Zwischen den tiefen Schluchzern schnappte sie nach Luft.
    Erst als sie sich völlig leer geweint hatte, sah sie auf und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht. Im Vergleich zu dem, was sie gerade erlebt hatte, kam ihr ihr Zuhause noch als die beste Alternative vor, selbst wenn ihre Eltern noch im Bett lagen, selbst wenn ihre Mutter– was Gott verhüten möge– wieder krank war.
    Ihre Mum wollte sie zwar zur üblichen Zeit abholen, aber es war nur eine zehnminütige Busfahrt. Daisy lief die Straße hoch und wich dabei den Schülergruppen aus, die vor dem Schultor standen, und wartete darauf, dass irgendjemand – ein Schüler, ein Lehrer oder die Polizistin, die bei Schulschluss immer aufpasste– sie bemerkte. Aber es war, als wäre sie unsichtbar.
    An der Haltestelle warteten drei Busse. Sie stieg gerade noch rechtzeitig in den mittleren ein. Da sie keine Fahrkarte hatte, wartete sie ungefähr eine Minute lang vor dem Fahrer. Dann konnte sie nicht mehr stehen und ließ sich in einen Fensterplatz in der ersten Reihe sinken, um nicht umzufallen. Die Welt zog an ihr vorbei, während sie sich die pochenden Schläfen rieb. Sie konnte kein Geist sein, sonst würde die Fensterscheibe vor ihr nicht beschlagen, wenn sie dagegenhauchte.
    Bei dem starken Verkehr dauerte es fast eine Viertelstunde, bis sie ihre Straße erreicht hatten. Daisy drückte auf den Knopf und stand auf, als der Bus in die Haltestelle einbog. Es war kein weiter Weg, aber sie ging schnell, rannte fast, wollte unbedingt nach Hause, zu ihrer Mum. Selbst wenn der Tumor zurückgekehrt war, war das nicht schlimm. Sie würde sich um sie

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