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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Seele hat ihn nicht verdaut und kann ihn nicht verdaut haben; auch in den hehrsten Momenten erinnert eine kleine Gehirnkolik daran, dass sich der Herr Mensch im Zivilisatorischen etwas überfressen hat. Worauf Herr Babbitt ins Geschäft geht – »produzieren, produzieren!« Dabei produziert er gar nichts. »Er fabrizierte nichts Nennenswertes, weder Butter noch Schuhe noch Lyrik, aber er war geschickt in seinem Berufe, Häuser für weit höhern Preis an die Leute zu verkaufen, als diese eigentlich bezahlen konnten.«
    Autofahrt ins Büro, Wettrennen mit der Straßenbahn – »ein selten schönes, kühnes Spiel« –, Einmarsch in das große Bürogebäude, das mit Recht ein selbständiges »Dorf« genannt wird, mit Dorfbewohnern, einem Marktplatz und Seitengassen – Arbeit! Die Szene, wie Babbitt einen Brief diktiert, ist von einer Komik, die wir in der ganzen modernen deutschen Literatur suchen können: hier ist endlich einmal ein Chef für hundert gesehen, ohne deshalb ein Atom weniger konturiert, weniger klar geschildert zu sein. Wie sich das Geschwabbel des nervösen, im Zimmer herumstapfenden Babbitt durch die Sekretärin in einen modernen Geschäftsbrief auflöst, mit dem der Diktator selbstverständlich unzufrieden ist – »Ich wünschte wirklich, sie würde nicht immer an meinem Diktat herumverbessern!«: das lohnt allein schon die Lektüre dieses einzigartigen Buches. Folgt die weitere Geschäftstätigkeit Babbitts.
    Auf jeder einzelnen Seite möchte man dreimal Hurra schreien.
    Ein nationaler Kritiker der Deutschen Zeitung, glaube ich, hat einmal geschrieben: »Wenn man den Namen Rudolf Presber hört, nimmt man unwillkürlich Haltung an.« Vor Lewis müßte man die Wache herausrufen. Zum Beispiel, weil er klar und unerbittlich alle Vorstellungen über Geschäfte, die in dem Kopf eines modernen Kaufmanns vorhanden sind, herausgekratzt und sie wie synthetische Perlen auf einer Zuckerschnur aufeinandergereiht hat. »Eine gute Gewerkschaft ist nützlich, weil man dadurch kommunistischen Gewerkschaften, die jeden Privatbesitz unterdrücken würden, ausweicht.« Und: »Als Babbitt zweiundzwanzig Jahre alt war, hatte ihm Jemand gesagt, alle Senkgruben seien ungesund, und er eiferte seitdem noch immer dagegen.« Ach, meine Brüder: wie viele solcher Senkgruben gibt es auch bei uns! Nachdem Babbitt solchergestalt meditiert hat, verfügt er sich an die Geschäfte. »Er befolgte die Regeln seines Clans und führte nur solche Unredlichkeiten aus, die durch Präzedenzfälle sanktioniert waren.« Heilige Börse! Und nachdem sie geschoben, betrogen, sich übers Ohr gehauen haben, dass es nur so kracht, Lewis: »Die große Arbeit der Welt war im Gange. Lyte hatte etwas über 9000 Dollars verdient, Babitt steckte 450 Dollar Vermittlungsgebühren ein, Purdy erhielt mit Hilfe des feinfühligen Mechanismus der modernen Geschäftswelt ein Geschäftsgebäude…«
    Ja, Sombart, da staunste –!
    Frühstück. »Babbitts Vorbereitungen, um das Büro während seiner anderthalbstündigen Frühstückspause sich selbst zu überlassen, waren etwas weniger kompliziert als die Ausarbeitung eines allgemeinen europäischen Krieges.« Das muß man selbst nachlesen: wie er frühstücken geht; wie er sich unterwegs im Auto ausrechnet, was er in diesem Jahr verdient hat – »Die Folge dieses kühlen Vermögensüberschlages war, dass er sich siegreich und wohlhabend und gleichzeitig erschreckend arm vorkam« -; wie er sich einen elektrischen Zigarrenanzünder für den Wagen kauft, wegen arm – »Er hatte nun die Möglichkeit, seine Zigarre anzuzünden, ohne anzuhalten, was ihm in ein bis zwei Monaten gewiß zehn Minuten ersparen würde«. Und dieser Babbitt ist gar kein Literaturclown. Jeder mittlere Prokurist einer berliner Bankfirma darf getrost über die falschen Schilderungen der Herren Dichter lachen, die ihn und seine Tätigkeit niemals begriffen haben. Babbitt ist ein Mensch, der in den Einzelheiten seiner Geschäfte vom Autor durchaus richtig beurteilt wird, der sich das Rauchen abgewöhnen will, seine Kinder auf seine Manier liebhat, ins Büro fährt, arbeitet, vom Büro kommt, badet und wieder ins Büro fährt. Zum ersten Mal ist in der großen Schilderung seines Arbeitstages die Gehirntätigkeit eines solchen Menschen richtig wiedergegeben: wie in ganz wichtigen Augenblicken immer wieder irgendeine Albernheit auftaucht; wie durcheinandergedacht wird; wie die Zivilisation über ihn dahinpurzelt; und wie seine Vorstellungen alle

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