Panther
hören. Leise entriegelte er die Tür. Sam sah erwartungsvoll zu ihm auf.
»Sitz«, sagte John Marshall, und der Hund setzte sich.
Seine Pistole hielt der Polizist in der rechten Hand. Mit der linken griff er nach der Klinke und riss die Tür auf. Mit erhobenem Revolver trat er vor die Tür.
Niemand war da. Sam folgte John Marshall über die offene Veranda und die Stufen hinunter. Dort blieb der Hund stehen und hob schnüffelnd die feuchte Schnauze.
Ein bleicher zunehmender Mond beschien den Vorgarten. Nichts rührte sich. Grillen zirpten, Geckos keckerten, über allem schien himmlischer Friede zu liegen.
»Was hast du denn gehört, mein Junge?«, fragte Jason Marshall Sam, der inzwischen einer unsichtbaren Spur auf dem Gehweg zum Tor folgte.
Vielleicht war es ein Waschbär, dachte der Polizist, oder ein Opossum. Wer auch immer der Eindringling gewesen war, Sam schien zufrieden mit sich, dass er ihn vertrieben hatte, ganz wie es sich für einen guten Wachhund gehörte. Schwanzwedelnd zog er in Bonnie Marshalls geliebten Gemüsegarten ab, um sich dort zu erleichtern. Jason Marshall steckte den Revolver in den Hosenbund und ging ums Haus herum, um auch auf der Rückseite einen Blick in den Garten zu werfen. Schnell hatte Sam ihn eingeholt und sprang vergnügt voraus. Als beide wieder vor dem Haus standen, zog es Sam plötzlich die Stufen hinauf, und er fing an, wie besessen die Veranda abzuschnüffeln.
Bonnie Marshall spähte vorsichtig durch den Türspalt. Hinter ihr stand Libby im Bademantel, ihre Füße steckten in Fellpantoffeln.
»Alles in Ordnung. Sam muss einen Waschbären gehört haben«, sagte Jason Marshall. »Geh schnell wieder ins Bett, Maus.«
»Aber Sam bellt doch nie«, sagte Libby verschlafen. »Und ich hab ihn ganz laut bellen gehört.«
»Wer weiß, vielleicht war es eine ganze Horde Waschbären«, sagte ihre Mutter. »Aber jetzt ist er wieder wie immer und gähnt. Also gehen wir lieber schnell wieder in die Federn. Ich muss früh raus.«
»Dad – wieso hast du deine Pistole rausgeholt?«
Jason Marshall blickte kurz auf den Pistolengriff, der aus dem Bund seiner Jeans ragte. »Für den Fall, dass sich wirklich jemand da draußen herumtreibt«, sagte er zu Libby. »Aber da war niemand. Und jetzt ab ins …«
»Hey, seit wann hat Sam denn ein neues Spielzeug?«, fiel Libby ihrem Vater ins Wort.
Jason Marshall drehte sich um und sah, dass der Labrador stolz mitten im Eingang saß und etwas Glänzendes im Maul trug. Sein Schwanz bewegte sich wie ein haariger Scheibenwischer hin und her.
»Aus, Sam. Aus!«, sagte Bonnie Marshall.
Der Hund ignorierte sie fröhlich.
»Jason«, sagte Bonnie, »nimm ihm das Ding besser weg, sonst schluckt er’s noch runter.«
Sam war berüchtigt dafür, dass er sich nicht nur für Hundefutter begeistern konnte. Jason Marshall packte Sam am Halsband und zog ihn ins Haus. Dann machte er sich an die Aufgabe, die glitschigen Kiefer seines Hundes auseinanderzudrücken, was gar nicht so einfach war. »Komm, sei ein guter Junge«, bat ihn Jason Marshall. »Lass los, Sam.«
Doch der Hund hatte Lust auf eine kleine Jagd und fing an, wie verrückt im Kreis durchs Zimmer zu rennen. Jedes Mal, wenn die Marshalls ihn in eine Ecke abgedrängt hatten, quetschte er sich zwischen ihren Beinen durch und rannte weiter.
»Ich geb’s auf«, sagte Bonnie Marshall schließlich. »Gute Nacht zusammen.«
Libby kickte seufzend ihre Pantoffeln in die Ecke. »Ich geh auch.«
Jason Marshall setzte sich in einen Sessel und wartete. Als niemand mehr Sam hinterherrannte, machte dem Hund das Spiel keinen Spaß mehr. Japsend legte er sich auf den Teppich und ließ sein geheimnisvolles Spielzeug fallen, direkt vor Jason Marshalls Füße.
Libbys Vater beugte sich vor und sah überrascht auf den Boden. Dann griff er nach dem kleinen Aluminiumzylinder, wischte Sams Sabber ab und überprüfte für alle Fälle – nur um ganz sicherzugehen – den Namen auf dem Aufkleber.
Ein Irrtum war ausgeschlossen.
Es war das Asthmaspray seiner Tochter. Das in den Sümpfen verloren gegangen war.
5
Als Nick und Marta aus dem Bus stiegen, standen drei Polizisten vor der Schule.
»Was ist denn hier los?«, sagte Marta zu Nick.
»Frag mich nicht. Vielleicht ist heute ›Sag einfach Nein‹-Tag.«
Einmal im Jahr lud nämlich die Truman School Polizeibeamte, Ärzte und Sozialarbeiter ein, um mit den Schülern über Drogen und Alkoholmissbrauch zu sprechen. Diese Polizisten jedoch verhielten sich so,
Weitere Kostenlose Bücher