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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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eigentlich nicht die Bohne interessierte, so ließ er sich doch von Marta mitziehen. Seiner Fantasie ging es auf englischen Landsitzen deutlich besser als in der irakischen Provinz Anbar.
    Um zum Supermarkt zu gelangen, mussten Nick und Marta den vierspurigen Green Horn Parkway überqueren, der zugleich Autobahnzubringer war. Er war eine der verkehrsreichsten Straßen im Bezirk, dabei war er erst vor wenigen Monaten eröffnet worden.
    Endlich sprang die Ampel auf Rot, und die Autos bremsten. Nick war schon halb über die Straße, als er einen blauen Prius entdeckte, der im Leerlauf an dritter oder vierter Stelle an der Ampel wartete. Genauso einen Wagen fuhr Mrs. Stark. Nick versuchte, den Fahrer zu erkennen, aber die Sonne blendete ihn, und so legte er eine Hand über die Augen.
    »Sag mal, spinnst du?«, rief Marta ihm zu, die schon auf der anderen Seite stand. »Du bist gleich platt wie ein Pfannkuchen.«
    Nick rannte hinüber. Im nächsten Moment sprang die Ampel auch schon auf Grün, und der Verkehr rollte wieder an. Als der Prius vorbeifuhr, konnte Nick einen Blick auf den Fahrer erhaschen – eine Frau war es auf jeden Fall nicht. Nick konnte kein Gesicht erkennen, aber er sah, dass der Fahrer breite Schultern hatte und eine dunkle Strickmütze trug, die er tief ins Gesicht gezogen hatte.
    Das war der falsche Wagen, dachte Nick.
    Dann merkte er, dass auch Marta dem blauen Prius nachsah, der soeben auf die Autobahn abbog. »Seltsam«, sagte sie. »Der Typ hatte genauso ein Nummernschild wie Du-weißt-schon-wer.«
    »Echt?«
    »Anscheinend will neuerdings jeder die armen Seekühe retten.«
    »Scheint so«, sagte Nick und dachte darüber nach, was für ein seltsamer Zufall das war.
    Als sie im Laden standen, merkte Nick, dass er gerade noch fünfundfünfzig Cent in der Tasche hatte, was seine Geschichte mit den Einkäufen ziemlich durchsichtig machte. Ob Marta ihn durchschaute, konnte er nicht sagen, sie ließ sich jedenfalls nichts anmerken und lieh ihm zwei Dollar, damit er zwei Liter Milch kaufen konnte.
    Nick begleitete erst Marta zurück, dann ging er auch nach Hause. Als er um die letzte Ecke bog, sah er zu seiner Überraschung das Auto seiner Mutter in der Einfahrt. Sie kam nie frühzeitig von der Arbeit nach Hause, abgesehen von dem einen Mal, als sie in der Cafeteria einen verdorbenen Burrito gegessen hatte und ihr schlecht geworden war.
    Nick schloss die Tür auf und rief: »Hey, Mom?«
    Sie war nicht im Wohnzimmer und auch nicht in der Küche. Er stellte die Milch in den Kühlschrank und ging durch den Flur zum Schlafzimmer seiner Eltern. Die Tür war geschlossen.
    »Mom?« Er klopfte leise. »Mom, ich bin’s.«
    »Komm rein.«
    Sie saß auf der Bettkante, neben sich ein Häufchen zerknüllter Papiertaschentücher. Ihre Augen waren gerötet, und sie schniefte.
    Nick bekam weiche Knie. »O nein!«
    »Er ist nicht tot, Liebes. Aber verwundet.«
    »Wie schlimm?« Nicks Stimme klang rau.
    Seine Mutter streckte einen Arm aus und zog Nick an sich. »Er ist auf dem Weg nach Hause.«
    »Wie schlimm ist es?«, fragte Nick noch einmal. Er zitterte.
    Seine Mutter küsste ihn auf die Stirn und wischte ihm die Tränen von den Wangen.
    »Er kommt nach Hause. Alles andere ist unwichtig.«

7
    Millicent Winship war siebenundsiebzig Jahre alt, wog fünfundvierzig Kilo, war märchenhaft reich und zäh wie ein Hornhecht. Ihre einzige Tochter, Whitney, hatte der Familie Schande bereitet, indem sie Mann und Sohn verlassen und nach Paris gezogen war, um dort ein Käsegeschäft zu eröffnen. Mrs. Winship hielt nicht viel von dem Kerl, den Whitney geheiratet hatte, aber sie fand es schlimm, dass er ihren einzigen Enkel jetzt allein großziehen musste – einen stämmigen und rebellischen Jungen namens Duane, benannt nach seinem Vater.
    Also beschloss Mrs. Winship, dass sie wenigstens eins tun könne – ihrem Enkel die denkbar beste Schulbildung ermöglichen. Wegen seiner schlechten Noten und mancher Verhaltensauffälligkeiten war die Truman School nicht gerade versessen darauf, den jungen Duane als Schüler zu gewinnen, doch dieses Problem löste Mrs. Winship mit einem extrem großzügigen Scheck.
    Sie bekam Duane junior nicht oft zu sehen, da sie fünf verschiedene Wohnsitze in fünf verschiedenen Staaten hatte – in Kalifornien, New York, Arizona, South Carolina und Florida. Jedes ihrer Häuser lag auf einem Turniergolfplatz. Sie selbst spielte zwar nicht, aber sie sah mit Begeisterung zu, wie die Spieler in ihren

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