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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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seit dem Frühstück schon ein ganzes Röhrchen Magentabletten geleert hatte. Wie gern wäre er zu Hause in Texas gewesen, um den Ruhestand zu genießen.
    An den Fingern einer Hand zählte Drake McBride die Untaten ab, die an dem armen Melton begangen worden waren. »Also – Überfall, Raub, unmoralisches Was-auch-immer – wie viele waren es, mein Junge?«
    »Keine Ahnung.«
    »Na ja, wie viele hast du gesehen?«
    »Gesehen hab ich einen«, sagte Melton. »Aber es müssen mehr gewesen sein. Einer allein kann mich nicht überwältigt haben, unmöglich.«
    Jimmy Lee Bayliss sagte nichts dazu, er hielt es aber für durchaus möglich, dass dieser mickrige, kettenrauchende Melton von einem durchtrainierten Mann allein überwältigt worden war.
    Drake McBride zog Jimmy Lee Bayliss zur Seite. »Die Polizei muss nichts davon wissen, dass das auf Parzelle 22 passiert ist, logisch. Wir sagen, es war auf Parzelle 21, da sind wir schließlich ganz legal tätig. Sorgen Sie dafür, dass unser junger Mann hier seine Geschichte richtig auf die Reihe kriegt.«
    »Die Polizei anlügen? Viel zu riskant«, warnte Jimmy Lee Bayliss seinen Boss. »Vor allem, wenn wir uns auf Melton verlassen. Der Junge hat den IQ einer Ofenkartoffel. Der bringt es fertig, denen wer weiß was zu erzählen.«
    Drake McBride stöhnte entnervt auf. »Mensch, Jimmy – wir dürfen doch nicht mal einen Fuß auf Parzelle 22 setzen, geschweige denn graben oder Rohre verlegen. Was bleibt uns denn anderes übrig, als zu lügen?«
    »Ganz einfach: gar nicht erst die Polizei rufen.« Jimmy Lee Bayliss gab sich große Mühe, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. Er hatte bei dem Projekt von Anfang an ein ungutes Gefühl gehabt, auch wenn Drake McBride versprochen hatte, dass sie beide dadurch reicher werden würden, als sie es sich in ihren wildesten Träumen ausmalen könnten.
    »Überlassen Sie die Sache nur mir«, sagte er zu seinem Chef.
    »Aber hier waren Kriminelle zugange«, sagte Drake McBride. »Banditen, Piraten, was weiß ich.«
    »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Polizei hier rauskommt, um am Ende der Welt Rohrdiebe zu jagen? Die haben wirklich Besseres zu tun.«
    »Bestimmt waren das Drogensüchtige«, murmelte Drake McBride. »Junkies oder so. Wo wollen die denn zwei Tonnen Rohre verkloppen?«
    Sie gingen zurück zum Lkw, wo Melton an einem erloschenen Zigarettenstummel paffte. »Man schwitzt sich ja zu Tode in diesem Zeug«, schimpfte er und fing an, die Luftpolsterfolie abzureißen.
    »He, nix da!« Drake McBride machte das Auszeit-Zeichen. »Nimm’s nicht persönlich, aber ich hab jetzt wirklich keinen Bock auf Striptease. Behalt deinen Plastikstrampler mal schön an.«
    Jimmy Lee Bayliss erklärte Melton, er würde auf dem Weg in die Stadt mit ihm bei Wal-Mart vorbeifahren. »Ich kauf dir ein paar neue Klamotten, und ein warmes Essen kriegst du auch.«
    »Schönen Dank, Mann. Und was ist mit den Überstunden?«
    Jimmy Lee Bayliss sah zu Drake McBride hinüber, der eine saure Miene zog.
    »He, ich hab die ganze Nacht hier draußen gehockt«, meckerte Melton, »und die ganze Zeit haben sich diese roten Ameisen Stücke von meiner Haut geholt. Wollen Sie etwa sagen, die Stechuhr ist nicht weitergelaufen?« Er hielt die Arme über den Kopf, damit der Generaldirektor der Red Diamond Energy die leuchtend roten Abschürfungen sehen sollte, die er sich geholt hatte, als Jimmy Lee Bayliss mit einem Schraubenzieher den festgetrockneten Leim zwischen Haut und Baumrinde abgeschabt hatte.
    »Du wirst es überleben«, bemerkte Drake McBride.
    »Schilder uns mal den Typ, der dich überfallen hat«, sagte Jimmy Lee Bayliss.
    Melton musste zugeben, dass er kaum was gesehen hatte. »Er hatte so ’ne Skimütze auf, bis fast runter über die Augen. Vom Gesicht hab ich kaum was gesehen.«
    »War er denn jung oder alt?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Melton. »Aber stark war er – und echt verrückt.«
    »Was hab ich gesagt – ’n Drogi.« Drake McBride runzelte die Stirn.
    »Nee, Mann, der war nicht high oder so was. Einfach nur ’n ganz gemeiner Spinner«, sagte Melton. »Als er mich an den Baum geklebt hat, hat er gemeint, ich bin Fraß für die Bären. Das hat er gesagt. Nett, oder?«
    Jimmy Lee Bayliss fragte: »Hatte er ’ne Waffe?«
    »Weiß nicht. Glaub schon.«
    Vermutlich also eher nicht, dachte Jimmy Lee Bayliss. Melton wäre es einfach peinlich gewesen zuzugeben, dass er sich von einem unbewaffneten Eindringling hatte fangen lassen, der

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