Panther
eine bedrohte Spezies. Seine spindeldürren, langen Beine waren eingeknickt, sodass er nicht größer war als eine Ente.
Der Fremde hatte seine eigene Taschenlampe dabei und leuchtete ihnen damit brutal in die Augen. »Sieht so aus, als wärt ihr zum ersten Mal wo eingebrochen«, sagte er. »Schwache Leistung.«
»Wir wollten nichts stehlen. Ganz ehrlich nicht«, platzte Nick heraus. Er konnte das Gesicht hinter der Taschenlampe nicht sehen, aber die Stimme klang nicht nach Smoke.
»Jetzt gibt’s erst mal eine kleine Spazierfahrt«, sagte der Mann.
»Nein, warten Sie!«, rief Marta. »Wir suchen bloß nach unserer Lehrerin, das ist alles.«
»Los, auf!«
Sie verließen das Haus durch die Hintertür, der Mann trieb Nick und Marta vor sich her. Als sie draußen standen, konnten sie im Licht der Sterne sehen, dass der Mann eine abgenutzte Hose anhatte, schlammverkrustete Wanderstiefel und kein Hemd. Eine schwarze Skimütze bedeckte Haare, Stirn und Ohren. Er war etwa so groß wie Smoke, jedoch schlanker und muskulöser.
Nick versuchte gar nicht erst zu flüchten – Marta hatte noch immer so zittrige Knie, dass sie keine Chance gehabt hätten.
Neben dem Haus war der blaue Prius von Mrs. Stark geparkt.
»Hinten rein mit euch«, befahl der Mann.
Marta erstarrte. »Kommt nicht infrage.«
»Lassen Sie uns einfach gehen«, flehte Nick. »Die Polizei erfährt auch kein Wort von uns.«
Der Mann lachte leise in sich hinein. »Wenn hier einer die Polizei rufen sollte, dann ja wohl ich. Also, ihr könnt es euch aussuchen: Entweder ihr steigt freiwillig ins Auto oder ich helfe nach.«
Widerstrebend stiegen Nick und Marta ein. Der Fremde wendete den Prius und fuhr, ohne die Scheinwerfer anzumachen, den engen Weg hinunter bis zum Buzzard Boulevard.
»Was haben Sie mit Mrs. Stark gemacht?«, hörte Nick sich selbst zu seiner Überraschung sagen.
Der Mann betrachtete ihn im Rückspiegel. »Die Frage ist ja wohl eher, was mache ich mit euch beiden?«
Marta krallte die Finger in Nicks Oberschenkel.
»Ich heiße Twilly«, sagte der Mann. Ein sicheres Zeichen (dachte wenigstens Marta), dass er vorhatte, sie umzubringen und ihre Leichen in einen Entwässerungskanal zu werfen. Wieso sollte er ihnen sonst so unbekümmert seinen Namen sagen und riskieren, dass sie ihn anzeigten?
»Ich bin Nick Waters«, sagte Nick. »Und meine Freundin heißt Marta.«
»Was hast du mit deinem Arm gemacht, mein Junge?«
Nick war sich ziemlich sicher, dass dieser Twilly ihm die Wahrheit – nämlich dass er auf Linkshänder trainierte – nicht abnehmen würde, und abgesehen davon hatte er gerade gar keine Lust, in eine ausführliche Diskussion über die Kriegsverletzung seines Vaters einzusteigen.
»Lacrosse«, sagte er. »Ich hab mir ’ne Zerrung geholt beim Lacrosse-Training.«
»Aha«, sagte der Mann.
»Im Ernst«, warf Marta ein. »Ich war dabei.«
»Wenn du meinst.«
»Wohin bringen Sie uns?«, fragte Nick.
»Kommt drauf an.«
»Meine Mom wartet auf uns beim Einkaufszentrum«, sagte Marta. »Wenn wir nicht pünktlich sind, dreht sie durch. Sie ruft das Weiße Haus an, das schwöre ich, hoch und heilig.«
Der Fremde antwortete: »Ich wünschte, ich hätte auch so eine Mom.«
Da er derjenige war, der sie in diese schlimme Lage gebracht hatte, beschloss Nick, dass er sie auch wieder da hinausbekommen musste. Und da er den Kerl schlecht überwältigen und das Auto entführen konnte, schien es ihm das Beste, ihm gut zuzureden.
»Mister – Sie wollen doch nicht ins Gefängnis kommen wegen Kindesentführung.«
»Nein, das hab ich nicht vor«, sagte der Mann gelassen.
»Ehrlich, wenn Sie uns gehen lassen, verpfeifen wir Sie auch nicht bei –«
»Mrs. Stark ist also eure Lehrerin?«
»Sie gibt bei uns Bio«, antwortete Marta.
»Und ihr verehrt sie so sehr, dass ihr in ihr Haus einbrecht, nur um euch zu überzeugen, dass alles in Ordnung ist mit ihr? Ist das die Geschichte, die ihr euch ausgedacht habt?« Der Mann namens Twilly schmunzelte hinter seinem Lenkrad.
»Nicht wirklich«, sagte Nick. »Wir sind auch nicht eingebrochen. Da war ein Schlüssel auf der Veranda.«
»Ach ja.«
»Und was wollten Sie da?«, fragte Nick, ohne eine direkte Antwort zu erwarten.
»Ich war auf der Suche nach etwas Kakaopulver«, antwortete der Mann und schaltete die Scheinwerfer ein. »Und nach einem Buch. Schon mal was von Edward Abbey gehört, dem Schriftsteller?«
Weder Nick noch Marta kannten ihn.
»Ist auch kein Wunder«, sagte der
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