Panther
Jeden April bekomme ich eine Geburtstagskarte, auf der er mir von seiner neuesten Freundin vorschwärmt. Gibt es sonst noch hässliche Gerüchte, von denen ich wissen sollte?«
»Das mit den Schlangen – es heißt, Sie halten giftige Schlangen im Keller, Klapperschlangen und Wassermokassinschlangen und Kupferkopfschlangen.« Wenn Marta erst einmal in Fahrt war, konnte auch Nick sie nicht mehr aufhalten.
»Ebenfalls unrichtig«, sagte Mrs. Stark. »Eine Zeit lang hatte ich das Glück, ein Paar Östliche Indigoschlangen zu besitzen, die einer meiner Schüler von einer Baustelle gerettet hat. Die Indigoschlange ist ein wundervolles Reptil, absolut ungefährlich und so gut wie ausgestorben. Ich habe meine zwei tief im Fakahatchee-Nationalpark ausgesetzt und hoffe, dass sie dort ihre große Liebe gefunden und viele, viele Kinder bekommen haben. Sonst noch was?«
»Nein«, sagte Nick schnell.
»Doch«, sagte Marta und berührte mit einem Finger ihr Kinn. »Das hier.«
»Ah, die Narbe.« Mrs. Stark schien alles andere als ärgerlich, sondern eher amüsiert über Martas direkte Art.
Entschuldigend sagte Nick: »Das geht uns wirklich nichts an.«
»Das stimmt, aber ich erzähl es euch trotzdem. Es ist passiert, als ich etwa in eurem Alter war. Ein Fischadlerküken war aus dem Nest gefallen, und jung und furchtlos, wie ich war, beschloss ich, hoch hinauf zu steigen und den kleinen Kerl wieder zu seinen Geschwistern zurück ins Nest zu setzen. Es befand sich hoch oben an einem Strommast, der Wind heulte, aber irgendwie habe ich es bis nach oben geschafft.«
»Und was ist dann passiert?«, wollte Marta wissen. »Haben die Vögel nach Ihrem Gesicht gehackt oder so?«
»Lieber Himmel, nein! Die waren völlig verschüchtert. Aber als ich schon halb wieder unten war, bin ich mit der Sandale von einer Sprosse abgerutscht und an die sechs Meter abgestürzt – voll auf die Fresse, sagt man wohl, direkt auf eine Glasflasche, die so ein Umweltschwein aus dem Auto geworfen hatte.« Mrs. Stark tippte an ihre Narbe. »Manche sagen, sie hätte die Form eines Ambosses, andere finden, sie sähe wie eine Sanduhr aus. Jedenfalls war es nicht der Teufel, Marta, der seine Markierung hinterlassen hat. Es war Pepsi Cola.«
»Wie viele Stiche?«
»Dummerweise habe ich mich geweigert, ins Krankenhaus zu gehen. Daher diese unansehnliche Erinnerung.« Mrs. Stark streckte sich. »Aber jetzt muss ich erst mal ein Nickerchen machen, ich bin müde. Wartet hier auf Mr. Spree. Er fährt euch zurück in die Stadt. Und denkt daran: Ihr habt Stillschweigen geschworen.«
»Sind Sie seit dem Brand nicht mehr zu Hause gewesen?«, fragte Nick.
»Nein, ich war die ganze Zeit hier, Tag und Nacht. Mr. Spree war so freundlich, alles Mögliche für mich zu erledigen, angefangen mit der Rückgabe von Libbys Asthmaspray. Sogar die Reifen an meinem Auto hat er gewechselt und mir geholfen, meinen AB von hier aus zu besprechen.«
Marta setzte sich auf. »Hört ihr das?«
In der Ferne jaulte ein Motor auf, der in wechselnden Gängen in zu hohen Drehzahlen gefahren wurde.
Doch Mrs. Stark schien unbesorgt. »Ein freundliches Geräusch«, sagte sie. »Da kommt einer von uns.«
»Duane?«, fragte Nick.
»Richtig.«
»Eins verstehe ich ja nicht: Wie haben Sie ihn dazu gekriegt, Ihnen zu helfen? An dem Tag, als er Ihren Bleistift durchgebissen hat – da war er doch wirklich stinksauer wegen dieses Pickelpapiers.«
»Oh, ich habe Duane nie gebeten, bei unserem Projekt mitzumachen. Das wäre mir nicht im Traum eingefallen. Glaub mir, der Junge stand ganz oben auf meiner persönlichen Liste der Unruhestifter. Mr. Spree hat ihn rekrutiert. Die beiden kannten sich von einem früheren Abenteuer.«
»Das passt«, sagte Marta.
»Ja, die Welt ist klein. Ihr könnt euch vorstellen, wie geschockt ich war, als Duane eines Morgens hier vor mir stand.«
Vor allem kann ich mir vorstellen, wie geschockt er war, dachte Nick.
Das Motorrad kam näher und wurde immer lauter, bis der Motor auf einmal abgewürgt wurde. »Er versteckt seine Maschine jetzt im Wald und kommt zu Fuß aus südlicher Richtung hierher«, erklärte Mrs. Stark. »Normalerweise braucht er für das letzte Stück rund eine halbe Stunde.«
Nick drehte sich der Kopf von all den Neuigkeiten, die er von der Lehrerin erfahren hatte. »Aber wie haben die beiden sich kennengelernt, Twilly und Duane?«, wollte er wissen. »Was war das für ein Abenteuer, von dem Sie gesprochen haben?«
»Darüber darf
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