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Panther

Panther

Titel: Panther Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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schlechtes Gewissen, das sah man ihr an. Nick wusste, dass sie sich mies fühlte, weil sie so schlecht über Mrs. Stark geredet hatte.
    »Es tut mir leid, dich zu enttäuschen, aber ich bin keine Hexe.«
    Marta lief rot an. »Woher wissen Sie, dass ich das gesagt habe?«
    »Im Unterricht trage ich immer ein Hörgerät. Eigentlich brauche ich keins, aber es macht mir Vergnügen zu lauschen, wenn Schüler miteinander flüstern.« Mrs. Stark schmunzelte. »Es ist gerade mal so groß wie ein Knopf.«
    Marta war das Gespräch offensichtlich furchtbar peinlich.
    »Ach was, du bist nicht die erste Schülerin, die mich Hexe nennt«, sagte Mrs. Stark. »Von deutlich vulgäreren Ausdrücken ganz zu schweigen.«
    Marta brachte nur ein »Ich hab’s nicht so gemeint« hervor.
    »Doch, genau so hast du’s gemeint. Aber macht nichts.« Mrs. Stark klang weder verärgert noch vorwurfsvoll. »Seht mal, meine Aufgabe ist es, junge Köpfe mit Wissen anzufüllen, und bestimmte Wissensgebiete können manchmal langweilig sein. Sterbenslangweilig. Aber deshalb muss ich streng sein, um meine Schüler bei der Stange zu halten. Ich erwarte gar nicht, den Wettbewerb als beliebteste Lehrerin der Schule zu gewinnen, aber wenn ihr meinen Kurs besucht habt, dann seid ihr immerhin in der Lage, einen sinnvollen Text von fünfhundert Wörtern über den Calvin-Zyklus zu schreiben.«
    Mrs. Stark öffnete eine andere Kühltasche und holte drei Flaschen Wasser heraus. Zwei gab sie Nick und Marta, die dritte behielt sie selbst.
    »Aber um auf das Buschfeuer zurückzukommen«, sagte sie, »ich habe damals eine ganze Weile gebraucht, bis ich die Stelle gefunden hatte, wo Libbys Asthmaspray lag. Der Rauch war zäh, und ich fing an zu husten. Die Lunge tat mir weh, meine Augen brannten, und so dauerte es nicht lange, bis ich die Orientierung verloren hatte. Ich fand einfach nicht zurück zum Holzsteg. Ich konnte wirklich kaum die Hand vor Augen sehen.«
    »Und was haben Sie dann gemacht?«, wollte Nick wissen.
    »Ich hab’s mit der Angst bekommen, das könnt ihr mir glauben.«
    Marta verkniff sich ein Kichern.
    »Ich habe geheult, geflucht und um Hilfe geschrien«, fuhr die Lehrerin fort. »Ich dachte ehrlich, ich würde mitten im Sumpf verbrennen. Und dann kommt urplötzlich hinter mir jemand angerannt.«
    »Twilly?«, riet Marta.
    »Korrekt. Er packt mich an der Hand und zerrt mich praktisch den ganzen Weg bis zu diesem Lager. Fragt nicht, wer ich bin, nicht einmal, ob ich verletzt bin. Das Einzige, was er sagt, ist: ›Ich brauche Ihre Hilfe.‹«
    Nick konnte sich die Szene lebhaft vorstellen. Twillys Auftritte waren tatsächlich ziemlich eindrucksvoll. »Hatten Sie keine Angst vor ihm?«
    »Vor dem Feuer hatte ich mehr Angst«, sagte Mrs. Stark. »Mr. Spree hat mir mit destilliertem Wasser die Augen ausgewaschen. Er wollte mir auch lauwarmes Bier zu trinken geben, aber da habe ich mich geweigert. Und dann hat er mir dieses herrliche, prachtvolle Kätzchen gezeigt …«
    Ihre Stimme verlor sich.
    »Wussten Sie, was es war?«, fragte Marta.
    »Natürlich. Ich kenne jede bedrohte Tierart in Florida – und das solltest du auch.«
    »Stimmt. Ich lerne gerade«, sagte Marta.
    »Mr. Spree hat mir erzählt, die Panthermutter sei verjagt worden, von irgend so einem Idioten mit Gewehr. Er selbst hat das jämmerlich schreiende Junge im Wald gefunden. Es war noch ganz winzig, hatte nicht einmal die Augen geöffnet. Und eh ich mich’s versah, hatte er mir das Kleine in die Arme gelegt, mir ein Babyfläschchen in die Hand gedrückt und gesagt: ›Wenn Sie’s nicht füttern, stirbt es. Und wenn wir seine Mutter nicht finden, kann es sein, dass es trotzdem stirbt.‹ Deshalb bin ich jetzt hier.«
    »Vertretungsweise«, sagte Nick. Das also war der ›familiäre Notfall‹, der Mrs. Stark daran hinderte, zur Schule zu kommen.
    »Als Kindermädchen. Oder Panther-Sitter. Mir blieb keine andere Wahl. Mr. Spree konnte sich nicht selbst um das Kleine kümmern, weil er den ganzen Tag unterwegs war, um die Mutter zu finden. Also habe ich mir zum ersten und einzigen Mal in achtzehn Jahren von der Schule freigenommen. Es tut mir nur leid, dass meine Schüler diesem Dr. Waxmo ausgeliefert waren, der, offen gesagt, eher einen anderen Beruf ausüben sollte – vielleicht sollte er im Zirkus anheuern.«
    Marta stöhnte auf. »Der Mann ist ein einziger Albtraum.«
    »Oh, ich weiß«, sagte Mrs. Stark mit Bedauern. »Duane hat mir ausführlich berichtet, wie Wendell

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