Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
dir sagen, nach ein paar Jahren wird man da genügsamer. Schließlich hat man so seine Bedürfnisse.« Ein wenig überrascht sehe ich sie an.
»Ehrlich? Du gehst mit manchen von den Typen nur ins Bett, um deinen, äh, nun ja, Trieb zu befriedigen?«
»Wie du das schon wieder sagst. Echt mal, deine Mutter hat wirklich immer noch viel zu viel Einfluss auf dich.«
»Was hat denn meine Mutter damit zu tun?«
»Die würde sicher die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn du einfach nur so aus Spaß mit jemandem ins Bett gehen würdest.«
Ich stelle mir kurz die Reaktion meiner Mutter vor und muss grinsen. »Wahrscheinlich würde sie in Ohnmacht fallen. Und sich endgültig damit abfinden, dass ihre älteste Tochter vollkommen verkorkst ist.«
Mit schief gelegtem Kopf sieht Lydia mich forschend an. »Also hast du es ihretwegen nicht getan? Wegen deiner Mutter?«
»So ein Quatsch.«
»Bist du sicher?«
»Der Typ geht gar nicht, hast du mir denn eben nicht zugehört?«
»Doch, schon. Ich habe verstanden, dass er sich als potenzieller Partner nicht eignet. Aber sehr wohl, um dir eine aufregende Nacht zu bescheren. Und ich frage mich nur, ob du einfach keine Lust hattest oder ob es darum ging, Mamas liebes Mädchen zu sein.«
»Das sind ja beeindruckende psychologische Theorien«, sage ich übellaunig. »Ich wollte einfach nicht mit ihm ins Bett. Der Typ geht gar nicht. Der hatte sich schon eine imaginäre Kerbe in seinen Bettpfosten gemacht, bevor er überhaupt zu mir rübergekommen ist. Ich bin einfach nicht scharf drauf, eine seiner Trophäen zu werden.«
»Das kann ich total gut verstehen«, pflichtet mir Lydia bei, »ich wollte ja nur sichergehen. Übrigens, ich hoffe, dir ist klar, dass du den Mann nicht zum letzten Mal gesehen hast.«
» Wie kommst du denn darauf? Du hättest ihn sehen sol len.« Bei der Erinnerung daran kichere ich in mich hinein. »Erst hat er geguckt wie ein Auto. Und als er merkte, dass es mir ernst ist, hat er geschimpft wie ein Rohrspatz. Es war zum Piepen, ehrlich. Wie ein kleiner Junge, dem man sein Spielzeug weggenommen hat.«
»Eben.« Sie nickt. »Und ich könnte mir vorstellen, dass er nicht ruhen wird, ehe er das zurückbekommt.«
Wenn Lydia recht hat, habe ich mich also durch diese Aktion selber zum Reh gemacht, das Fred, der Jäger, jetzt unbedingt vor seine Flinte, also …, ich meine …, ach, lassen wir das. Eigentlich habe ich mich schon viel zu lange mit diesem Mann befasst. Dabei habe ich doch wirklich anderes zu tun. Zuallererst mal, eine Begleitung für Emmas Traumhochzeit zu finden. Und im Idealfall für meinen restlichen Lebensweg gleich mit. Leider war ja Heino ein Totalausfall. Als ich mich wieder bei DreamTeam einlogge, sehe ich, dass er den Kontakt zu mir blockiert hat. So ein Spinner! Befürchtet er wirklich allen Ernstes, ich hätte Interesse daran, ihn zu stalken? Für einen Moment denke ich ernsthaft darüber nach, eine Beschwerde-Mail an die Supportgruppe zu schreiben. Aber da ich ja weiß, dass die aus ein paar Halbtageskräften mit null Ahnung besteht, nehme ich von der Idee Abstand.
An meine verbliebenen sechs Brieffreunde schreibe ich jeweils eine kurze Mail, in der ich sie bitte, mir kurz zu bestätigen, dass ihr angegebenes Alter von ihrem tatsächlichen Alter nicht gravierend abweicht und dass ihr Foto sie selbst darstellt. Eine halbe Stunde später sind Thomas M. und Michael G. unauffindbar. Blockiert! Unfassbar! Also zwei weitere Lügenbarone. Mir ist völlig unbegreiflich, wie man so etwas tun kann. Denken die allen Ernstes, dass sie damit durchkommen? Spätestens beim ersten Treffen fliegt das doch sowieso auf. Oder glaubten die, mich mit ihren E-Mails dermaßen betört zu haben, dass ich über Hinkebein und Buckel einfach so hinwegsehen würde? Wobei ich hier mal klarstellen möchte, dass ja gar nicht das Hinkebein an sich das Problem wäre. Das eigentliche Problem ist doch die Lüge. Wobei ich zugebe, dass der Grat zwischen »Ich zeige mich von meiner Schokoladenseite« und »Lüge« ein schmaler ist. Ich selbst habe zum Beispiel mein Profilbild auch mit Photoshop ein bisschen bearbeitet. Nicht viel, nur ein, zwei Pickelchen verschwinden lassen und meinen Hautton etwas wärmer gestaltet. Schließlich war die Aufnahme im Winter gemacht worden, und ich wollte nicht, dass potenzielle Partner sich fragen, ob ich möglicherweise in einem Sarg schlafe und mich von Blut ernähre. Aber immerhin bin ich von diesem Bild nur einen Besuch im
Weitere Kostenlose Bücher