Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
hoch und haben keine Gärten. Die Straßen sind immer voller Menschen und Kutschen und Omnibussen und Autos und Hunden. Ihr müsstet den ganzen Tag in einem kleinen Zimmerchen bleiben.«
Sie seufzte, und ich sah Lili fragend an.
»Hat sie recht, das ist in Städ ten so. Da kann man nicht einfach rauslaufen. Höchstens mal in einem Park promenieren. Aber das habe ich nie gerne gemocht.«
»Nur im Haus …« Die Aussicht machte auch mich nicht glücklich.
»Haus ist ja in Ordnung. Adèle hatte immer viele Zimmer. Ich habe gerne aus den Fenstern geguckt und mir allerlei hübsche Liegeplätze ausgesucht. Aber nur ei nen Raum zu haben, das wird langweilig.«
Janeds trübe Stimmung übertrug sich auf uns, und nun redete sie weiter von ihren Sorgen.
»Ich wer de erst ein mal Arbeit suchen müssen. Um ein Restaurant aufmachen zu können, muss man erst mal wissen, wo sich das lohnt. Und woher man die Lebensmittel bekommt und alles. Ich kenne doch so gar nichts in New York. Was bin ich dumm und übermütig gewesen, Pantoufle. Ich kann ja noch nicht mal rich tig die Sprache. Und Frauen alleine werden immer wieder belästigt.«
Gedankenverloren kraulte sie jetzt meinen Pelz.
»Wir könnten Pippin fragen, ob er uns mitnimmt. Jetzt, wo er das Revier für Maha Rishmi nicht mehr braucht«, murmelte Lili.
»Das stimmt natürlich, aber wür de er statt sei ner großen Löwin einen kleinen Kater – und vielleicht sogar noch eine Katze bei sich aufnehmen? Vielleicht ja, aber das würde bedeuten, dass ich Janed verlassen muss. Und, Lili, das kann ich nicht.«
»Nein, das kannst du nicht. Das verstehe ich inzwischen. Sie ist ein seltener Mensch, nicht?«
Wir kuschelten uns dichter an sie he ran, und sie seufzte noch mal.
»Vielleicht, Pantoufle, vielleicht hat Ron Cado recht. Viel leicht sollte ich ein fach wieder umkeh ren. Das nächste Schiff neh men und nach Hause zurückkehren. Dann wä ren die Mate lots al lerdings enttäuscht. Und ich
hätte so gut wie kein Geld mehr. Denn als blinder Passagier würde ich nie wieder fahren wollen.«
»Also ich hätte nichts dagegen, wenn sie zurückfahren würde«, sagte ich zu Lili, und diesmal putzte sie sich verlegen den Schwanz. Ich ahnte, was sie dachte. »Wenn du mitkommen würdest, müsstest du dich da ran gewöhnen, draußen zu leben.«
»Mhmhm.«
»Das ist gar nicht so schlimm, wenn man ein biss chen wegen der Möwen aufpasst.«
»Und Fischköpfe vom Sandboden essen mag.«
»Nicht immer. Ich hatte auch ei nen Teller. Mit blauem Rand und roten und blauen Blumen drauf. Und Janed kann rich tig gut kochen. Ihre Rilettes sind sehr lecker, ehrlich.«
»Wahrscheinlich lässt Adèle mich auch nicht so einfach gehen.«
Wir alle drei verfielen in ein trübsinniges Dösen, aus dem mich erst wieder mein Inneres weckte. Ein Gang zur Kiste war angeraten.
Janed war weg, vermutlich bei den Matelots oder bei Pippin. Lili machte, als ich mich streckte, ebenfalls ein Auge auf.
»Ich muss mal.«
»Ich auch.«
Der Löwe ist los
Die Maschinen wummerten mit voller Kraft, als wir uns den unteren Etagen nä herten. Es war heißer als sonst. Ich hüpfte, weil es pressierte, als Erster in die Sandkiste, scharrte, und gut war’s.
Lili folgte, und ich sah mich höflich an anderer Stelle um.
Deshalb bekam ich den Anfang des Dramas nicht mit. Erst ein grelles Kreischen ließ mich herumfahren. Gerade noch sah ich, wie Jock Lili packte, aus der Kiste hob und mit Schwung in den Gang warf. Sie schlug mit dem Kopf gegen die Wand und blieb regungslos liegen.
Ich wollte zu ihr, aber zwischen uns stand der Mann. Er stellte eine große Kanne neben die Löschsandkiste.
Ich sah zwischen seinen Beinen hindurch, dass Lili schwankend wieder auf die Pfoten kam. Aber sie schien be nom men und schielte. Noch im mer versperrte der Mann mir den Weg zu ihr. Jetzt lang te er in die Kiste und füllte eine Hand voll Sand in die ölstinkende Kanne.
Lili schüttelte den Kopf, das Schielen legte sich.
Der Mann griff noch einmal ins Klo und in die – ähm. Ja, genau da rein.
Er fluchte und machte einen Schritt auf Lili zu. Holte zu einem Fußtritt aus.
Es ging in Windeseile!
Ich wurde zum Tier!
Zu einem großen Tier.
Zu einem riesigen Löwen.
Ge rade noch rechtzeitig sprang ich ihn von hinten mit ausgefahrenen Krallen an.
Er brüllte auf, als mei ne Pranken sei nen Arm ent langfuhren, drehte sich um und erkannte mich in meiner wahren Gestalt.
Er keuchte, ließ Kanne und Sand fallen, rannte los.
»Der
Weitere Kostenlose Bücher