Papa ante Palma
sich bei der Dame offenbar um Fr.
Knüppel, jedenfalls war dieser Name auf das Aluschildchen gestanzt, das an ihrem
Kittel klemmte.
»Was?«, sagte Frau Knüppel und zog die Zucchini
über den Laser.
Prude wippte auf den Zehenspitzen, als würde sie
sich den nächsten Satz ganz genau überlegen. »Wenn Esieh Esachen mit Gesmak
essen wolle, musse Esieh nach Kastilien fahre«, sagte sie schließlich.
»Wie, wat, Kastilien? Isch fahre nirgendwo hin«,
retournierte Frau Knüppel.
»Gibt’s hier ein Problem?«, raunte eine
Männerstimme hinter mir.
Ich drehte mich um und erblickte einen Mann in
einem weißen Kittel. Er hatte einen Schnurrbart, braune, fettige Haare und
wirkte ungefähr so bedrohlich wie eine Bulette. An einem Betonpfeiler gleich
daneben hing auf Kopfhöhe ein ausgedrucktes Farbfoto von demselben Mann.
Darunter stand: Kompetent und freundlich, Ihr Marktleiter
Herr Grabosch .
»Nein, Herr Grabosch«, sagte ich, »wir haben hier
überhaupt kein Problem. Jedenfalls im Vergleich zu dem, was bei mir zu Hause
gerade los ist.«
Prude sammelte die Lebensmittel ein und stopfte
sie in einen Jutebeutel. »Pfff! Ekomm, Estief, wir gehen!«, prustete sie dann
und schritt wie ein gekränkter Pfau aus dem Supermarkt.
Das kann ja heiter werden mit uns beiden, dachte
ich nur und folgte ihr auf dem Fuße.
Umso erstaunter war ich, als Lucia am Abend im
Kinderzimmer zu mir sagte: »Sie mag dich.«
»Das hat sie aber bisher gut verbergen können«,
antwortete ich und sah zu ihr hinüber. Wir wickelten die Kinder gerade parallel
und zogen ihnen die Schlafbodys an. »Dann will ich lieber nicht zu den Menschen
gehören, die sie nicht mag.«
»A comer!« , bat
Prude, kaum dass die beiden schliefen, in einem Tonfall zu Tisch, der faule
Ausreden schon im Vorfeld erstickte.
Ihre Paella war erstaunlich köstlich, doch Lucias
Mutter moserte so lange daran herum, bis ich irgendwann ebenfalls glaubte, sie
sei insgesamt zu kalt, das Kaninchen zu hart und der Reis zu weich.
»Danke fürs Kochen«, sagte Lucia.
»Pff«, schnaubte Prude bloß, die mit unverhofften
Komplimenten offensichtlich nicht gut umgehen konnte.
Prude wusste allerdings genau, wie sie ihren
Willen durchsetzte.
Einmal schob sie Lucia nach dem Essen einen
Stapel Briefe zu. Ich wunderte mich, warum Lucia noch so viel Post nach Hannover
bekam, obwohl sie schon seit vielen Jahren in Köln wohnte. Doch es waren Prudes
Briefe: von Versicherungen, Banken, Ämtern. Lucia öffnete sie, überflog jeden
einzelnen und fasste den Inhalt in zwei, drei spanischen Sätzen zusammen.
Daraufhin fing Prude an zu fluchen. »Warum geht
ihr nisst nach Espanien?«, fragte sie uns, als hätte das irgendwas mit den
Briefen zu tun.
»Das würden wir sehr gerne machen, aber hier sind
nun mal unsere Freunde, außerdem haben wir beide gute Jobs«, antwortete ich
schnell.
Auswandern war für Lucia und mich nun mal ein
wunder Punkt. Wie oft hatten wir uns das ausgemalt und es dann doch wieder
verworfen. Eine Träumerei, nichts weiter. Mit den Kindern war es nicht mal mehr
das.
Denn um davon träumen zu können, hätten wir erst
einmal schlafen müssen.
Drei
Nun sind die Träumereien doch Realität geworden, denke ich, als ich am Flughafen von Palma de Mallorca pfeifend die kilometerlangen Gänge zur Gepäckausgabe entlanglaufe und ständig fremde Kleinkinder anlächele, das mache ich sonst nie. An einem Infostand entdecke ich einen vergilbten deutschen Schlagerstar mit frisch geföhnter Vokuhila-Frisur. Vermutlich einer von den Typen, die einen Vornamen als Nachnamen haben, wie Andreas Markus, Markus Alexander, Alexander Gabriel, Gabriel Andreas … Selbst das tut meinem Überschwang keinen Abbruch.
Am Gepäckband schnappe ich mir den Koffer und verlasse das Flughafengebäude. Wie Lucia es mir beschrieben hat, wartet davor ein blauer Bus, der Richtung Stadt fährt. Ich springe hinein, und kurz darauf donnern wir über die Autobahn in Richtung Innenstadt. Das Licht draußen ist anders als in Deutschland, gleißend hell, und die Luft, die durch das Klappfenster hereinströmt, ist zum Schneiden dick. Linker Hand liegt das Meer. Salzgeruch, Abgase und Müllgestank dringen in den Bus.
Wahnsinn! Nur noch ein paar Minuten, dann bin ich endlich bei Lucia und den Kindern, in unserer neuen Wohnung.
Der Busfahrer biegt in eine Ringstraße ab, die direkt in die Innenstadt führt. Palma ist größer, als ich es mir vorgestellt habe, auf beiden Seiten der Hauptstraße reihen sich
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