Papa
so absurd.
Sie spürte Tommis Blicke, der neben ihr saß und keinen Laut von sich gab. Sie konnte ihn atmen hören. Sie strich sich eine Strähne hinter das Ohr.
Ihr dunkles Haar fiel über die Schultern. Und obwohl es ihr offenbar nicht gutging, sah sie hübsch aus. Die roten Lippen umgeben von blasser Haut.
Am liebsten wäre Tommi aufgesprungen und hätte seine Leinwand geholt, um diese jugendliche Schönheit einzufangen. Doch er wusste, dass dieser Moment nur flüchtig war. Daher blieb er sitzen und beobachtete weiter.
Lillian hatte die Augen geschlossen. Bewegte sich nicht. Schwebte im Wasser und versuchte, sich zu konzentrieren, sich ihrer Situation bewusst zu werden. Doch es gelang ihr nicht. Nur ihr Herz raste nach wie vor, als wollte es vor etwas davonlaufen.
Ihr Körper schien im Wasser Gewicht zu verlieren, schien sich aufzulösen wie die Mafialeichen im Film. Nur, dass sie in duftendem Badewasser saß und nicht in hässlicher Säure.
Tommi sah auf den nackten Körper, der nur mit Badeschaum bedeckt war, als ein stechender Schmerz ihn aufstöhnen ließ. Er fasste sich mit beiden Händen an den Kopf, der zu platzen drohte, und presste gegen den Schmerz an.
Tief einatmen. Weit ausatmen. Schmerzen kamen und gingen. So war es immer. Ein flüchtiger Schleier legte sich vor seine Augen, trübte ihm die Sicht und löste sich schließlich zusammen mit dem Schmerz auf.
So intensiv war es schon lange nicht mehr gewesen. Für ein paar Sekunden fühlte er sich verletzlich wie ein Kind.
Lillian öffnete aus einem Reflex heraus die Augen. Ihr Herz schien ein paar Schläge ausgesetzt zu haben. Ihr Atem war flach und kam nur stoßweise aus ihr hervor.
Badewasser schwappte über den Rand, an den sie sich verzweifelt festkrallte.
Ich ertrinke.
Sie setzte sich ruckartig auf. Stöhnend und mit weit aufgerissenem Mund schaute sie sich um, als ihr Blick auf ihre Arme fiel. Bis zu den Schultern waren sie mit Farbe beschmiert. Auf dem Badewasser, das zwischen den Schaumbergen wie grüne Bergseen hervorlugte, schwammen bunte Pfützen.
Mit einem Schrei, der mehr ein Krächzen war, versuchte sie, die Farbe abzuwaschen. Sie rieb mit den Händen über ihre Arme, die ölige Paste verschmierte mehr und mehr zu einem braunen Belag, der ihre weiße Haut faulig aussehen ließ.
Wieder stieg das Gefühl, lebendig begraben zu sein, in ihr hoch, schnürte ihr die Kehle zu und ließ sie japsen.
Mit den Fingernägeln kratzte sie die Farbe ab, bis ihre Arme voll roter Striemen waren.
Schluchzend stemmte sie sich über den Wannenrand, griff ein Handtuch und rubbelte sich auf dem Weg in ihr Zimmer damit ab.
Dort angekommen, verkroch sie sich unter die Bettdecke.
Woher stammte die Farbe? Die Antwort darauf lag so nahe, und doch konnte Lillian sie nicht erkennen.
Die Tablette
, dachte sie,
diese verdammte Tablette
.
Die Tür knallte.
Lillian rollte sich ein, biss sich auf die Unterlippe, schmeckte salzige Tränen.
Tommi setzte sich auf die Bettkante.
Sie spürte seine Hand unter die Decke kriechen, ihren nackten Oberschenkel berühren.
Er fühlte die Gänsehaut, die sich auf ihr ausbreitete. Das arme Ding, so verängstigt. Er streichelte sanft ihren zitternden Körper und sprach flüsternd auf sie ein. »Du bist durch die Krankheit verwirrt. Dein Kopf zeigt dir Dinge, die nicht da sind. Aber alles ist in Ordnung. Das Schlimmste hast du überstanden. Ich bin bei dir und passe auf, dass dir nichts geschieht. Auf mich kannst du dich verlassen.«
Lillian schluchzte. »Lass mich. Geh weg von hier.«
Tommi lächelte. »Das willst du nicht. Ich weiß genau, was du willst, und sobald du dich ausgeruht hast, fangen wir zwei damit an. In Ordnung?«
Sie lugte unter der Bettdecke hindurch und funkelte ihn an. »Lass mich in Ruhe, ich will zu Mama.«
Er hörte nicht auf zu streicheln. Kinder konnten nicht immer alles überblicken. Sie waren schwach und benötigten Führung. Er und sie gehörten zusammen. Und er würde sie nicht gehen lassen, nicht, nachdem sie ihm so nahe war. Seine Finger strichen über die Wölbung ihrer Wirbelsäule hinab zu ihrem Po. Sie war
seine
Stieftochter, und sie würde machen, was
er
wollte.
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Kapitel 18
D er Pförtner der forensischen Psychiatrie Ruhrbach, ein etwa zwanzigjähriger Mann mit hoher Stirn und Brille, blickte von Michelle zu Maik und wieder zurück und schüttelte dann den Kopf. »Sie können mir erzählen, was Sie wollen. Frau Dr. Kramme hat keine Sprechstunde.« Ohne weiter auf sie zu
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