Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
Weltmeisterschaftsduell nacherzähle und die niederträchtige Rolle, die Campomanes darin spielte, der Generalsekretär von FIDE, der internationalen Dachorganisation des Schachs, es ist so außergewöhnlich wie jede Krise des Sports, von Bodyline bis zum Boykott der Olympischen Spiele in Moskau, und sollte im Kontext gelesen werden.
Es mag wohl sein, daß
Child of Change
Karpow, der definitiv ein Schachgenie ist, nicht gerade höflich behandelt; vielleicht ist Kasparows Zorn über die Behandlung, die man ihm hat angedeihen lassen, etwas zu selbstgerecht, aber insgesamt überzeugt mich das Buch. Für den Betrachter sind die Gefechtslinien klar markiert, und Kasparow entsteigt dieser ausgezeichnet geschriebenen und gegliederten Autobiographie als ein echter Held aus massivem Gold. Seine sympathische Vorliebe für Lermontow und Wyssotzki (mir vorher unbekannt, aber ausgiebig zitiert), seine Schachleidenschaft, die hohe Schule des Spiels, die er predigt, und seine außergewöhnlich ausgewogeneHaltung legen nahe, daß nur der Erfolg ihn verderben kann. Er ist reich, attraktiv, jung, irrsinnig beliebt und fürchterlich begabt. Er ist ein fairer Sportsmann und ein belesener und intelligenter Beobachter von Leben und Gesellschaft. Er liebt seine Heimat und scheint bei ihrem Wiederaufbau eine genauso aktive Rolle zu spielen wie jeder andere ihrer Bürger. Nur ein Werbevertrag für Adidas-Turboschachschuhe oder den kalorienarmen 3-D-Chessman ® von Sony könnte ihn davon abhalten, einer der bedeutendsten Russen dieser Zeit zu werden. Das Kind des Wandels könnte sehr wohl zum Mann der Stunde heranwachsen.
Briefkastenvetter
Der kurze Versuch, eine Kolumne für den ›Daily Mirror‹ zu schreiben, wird durch diesen albernen Artikel wiedergegeben.
In seinem rastlosen Bestreben, um Ihretwillen jede erdenkliche Erfahrung durchzumachen, ist Stephen Fry für eine Woche zum Briefkastenvetter geworden. Hier sind seine Antworten auf Briefe aus so vielen verschiedenen Anlässen, daß sie manchmal ein Thema behandeln und manchmal ein ganz anderes:
Hallo! Bekanntlich sollte man alles im Leben einmal ausprobieren, außer Inzest und Volkstanz. Diese Woche versuche ich mich als etwas, das ich Briefkastenvetter genannt habe. Ich hatte diese Woche einen dicken Postsack, noch dazu mit Briefen vollgestopft. Aber dieses Experiment dauert bloß eine Woche, also schickt mir bloß nicht
Eure
Probleme!!! Klar? Klasse! Danke! Ach, find’ ich wirklichlieb. Weiß ich echt zu schätzen. So soll es sein! Mm, find’ ich auch. Mensch, ja!
Lieber Vetter Stephen, was ist mit meinem Körper los? Ich bin dreizehneinhalb, und ich merke, wie sich bei mir und meinen Gefühlen anderen gegenüber etwas ändert. Was
bedeutet
das bloß? Gruß, »Leicht Verwirrt«
Lieber »Leicht Verwirrt«, nimm sonstwen auf den Arm. Du weißt ganz genau, was mit Dir los ist, und willst bloß, daß ich Dir eine Antwort schreibe, in der das Wort »Genitalien« auftaucht, damit Du so richtig dreckig ablachen kannst. Ich kümmere mich hier um echte Probleme, wenn Du Schweinkram willst, geh zu Marje Proops.
Lieber Vetter Stephen, meine Freundin, die ich sehr liebe, kann meine Bedürfnisse nicht befriedigen, und ich habe angefangen, hinter ihrem Rücken Restaurants aufzusuchen. Ich habe schreckliche Angst, daß sie sich von mir trennt, sobald sie mich bei anderen essen sieht. Sollte ich es ihr selbst sagen, bevor sie es herausfindet? Gruß, »Hungrig«
Lieber »Hungrig«, zu einer Beziehung gehört mehr als bloß das Essen, weißt Du. Während der ersten Wochen ist es ganz normal, daß Essen und Mahlzeiten für Euch das Wichtigste sind, und Ihr verbringt ganze Tage am Tisch und erforscht die Vorlieben des anderen und seine Fähigkeiten als Koch. Aber wenn Ihr Eure Beziehung ernst nehmen wollt, ist es wichtig, gemeinsame Interessen außerhalb der Küche zu finden. Wenn sie Dich im Moment nicht befriedigen kann, liegt es vielleicht daran, daß Du ihr nicht sagst, was Du wirklich magst und brauchst. Kauf ein Kochbuch, es gibt genug, die eine Vielzahl unterschiedlicherKüchen vorstellen, die vielleicht eher nach Deinem Geschmack sind. Wünsche gutes Stopfen!
Lieber Vetter Stephen, könntest Du bei einer Wette helfen und mir sagen, ob Norwich City je den Littlewoods Cup gewonnen hat? Mein Freund sagt, haben sie nicht, aber ich glaube, sie haben ihn vor vier oder fünf Jahren gewonnen. Gruß,
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