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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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»Das ist gut, ich kann diesem Gesundheitsfaschismus nichts
abgewinnen.«
    Einem Humidor entnahm er eine Cohiba, Siglo Dos, und ein
Balsahölzchen, setzte dieses mit einem Streichholz in Brand und rauchte damit
genüsslich die Zigarre an. Behutsam nahm er die ersten Züge, wartete ab und
lehnte sich wohlig zurück. »Kaum zu glauben, dass Sie nicht rauchen, bei Ihrem
Doktorvater!«
    »Ja, er hat immer gern geraucht.«
    »Die Vorlesungen hat er immer in zwei Einstündige aufgesplittet,
damit er in den Pausen in seinem Zimmer rauchen konnte.«
    »Das war aber erst, nachdem das Rauchverbot in den Lehrsälen
durchgesetzt worden war. Davor hatte er immer eine Pfeife im Mund.«
    »Über seinem Platz im Büro war ein richtig gelber Nikotinfleck,
wenn ich mich recht erinnere. Gibt es den noch?«
    »Nein, nach seinem Tod hat meine neue Chefin den Raum geerbt und
sofort neu streichen lassen.«
    Einen Moment saßen wir da und nickten uns zu, im vollen
Einverständnis über die Grausamkeiten der Geschichte. Danach trank ich einen
Schluck vom Kaffee. Obwohl es Filter war, gar nicht so schlecht. Ich nahm noch
einen Schluck.
    »Mein Büro haben Sie gleich gefunden?«
    »Ja. Unten auf der Tafel steht geschrieben, für die, die lesen
können, H. Dittrich, Beratungen und Konziliar, 4. Stock, Tür 17. Was und
wen beraten Sie eigentlich?«
    »Jeden, der bezahlen kann.«
    »Bei welcher Art von Geschäften?«
    »Bei jeder, in der ich um Rat gefragt werde.«
    Einen Moment schwieg er, dann fügte er mit einem Lächeln hinzu:
»Ehrlich gesagt, allzu viel Arbeit ist es nicht. Ich habe hier ein kleines
Refugium, zu dem Frau Dittrich keinen Zutritt hat, ich habe einen Vorwand, um
Frau Chmelar weiterzubeschäftigen, und manchmal verirrt sich tatsächlich jemand
hierher, dem ich helfen kann.«
    »Wie mir.«
    »Genau.«
    Dittrich rauchte gelassen weiter, nippte wieder an seinem Glas.
Dem Geruch nach zu schließen, irgendeiner der Islay Malts, wahrscheinlich ein
Laphroag. Dittrich war eiskalt, ich würde den ersten Schritt tun müssen.
    »Interessieren Sie sich für antike Papyri?«
    »Ja, so wie für einiges andere auch noch.«
    »Was sagt Ihnen die Batrachomyomachia?«
    »Eine antike Parodie der Ilias. Von Plutarch dem Sohn oder Bruder
der Königin Artemisia zugeschrieben, wie hieß der gleich?«
    »Pigres.«
    »Richtig.«
    »Es gibt aber auch Forschermeinungen, die auf die Zeit Alexanders
hinweisen, aber das ist für uns nicht entscheidend.«
    »Sie sprachen von antiken Papyri, es gibt aber keine vollständigen
Fragmente, so weit ich weiß.«
    »Ich habe Zugang zu einem.«
    Ruhig nippte ich an meinem Kaffee. Dittrich hatte angebissen. Von
meiner Zeit hinter dem Spieltisch wusste ich, wann jemand ruhig ist und wann er
nur so tut. Dittrich tat es meisterhaft, aber kleine Anzeichen verrieten
Anspannung.
    »Zuerst muss die Echtheit überprüft und anschließend die Legalität
des Dokuments sichergestellt werden. Es ist doch legal im Besitz Ihres
Klienten?«
    »Sicherlich, daran besteht kein Zweifel.«
    »Den Museen und Sammlungen bieten Sie es nur nicht an, weil Sie
von einem privaten Sammler einen höheren Preis erwarten?«
    Dittrich wusste genau, was gespielt wurde, und ich spielte mit.
»Genau so ist es. Den öffentlichen Institutionen geht weltweit das Geld aus,
alles konzentriert sich in privaten Sammlungen, so wie die
naturwissenschaftliche Forschung aus der Öffentlichkeit der Universitäten in
die dunklen Geheimkammern mächtiger Konzerne wandert.«
    »Wir leben im Todeskampf der res publica, da haben Sie recht.«
    Dittrich nahm einen Zug und stand auf. »Ich werde mir
nachschenken, Sie sind sicher, dass Sie nichts wollen?«
    »Danke nein.«
    Dittrich füllte sein Glas und setzte sich zurück an den Tisch.
»Sie haben also jemanden an der Hand, der über ein solches Papyrus verfügt. Ist
es vollständig?«
    »Nein, nur ein Gesang, der XVII.«
    »Ist das nicht der, mit der Aristeia des Mäusehelden, wie hieß der
noch?«
    Dittrich wusste das alles selber, bloß wollte er nicht seine
Karten auf den Tisch legen.
    »Es handelt sich um die Stelle, in der der
Mäuseheld Bröckchenräuber mit seiner Nussschale die Reihen der Frösche lichtet,
worauf Zeus ihm Einhalt zu gebieten denkt, aber Ares und Athene fühlen sich dem
großen Mäusehelden nicht gewachsen.«
    »Köstliche Stelle.« Dittrich schmunzelte und schmauchte vergnügt
vor sich hin. »Haben Sie das Papyrus selbst gesehen und sind von seiner

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