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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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sicherste Platz ist, um ein Floß zu bauen. Also bitte ich Carbonieri, wieder seinen Garten zu übernehmen ohne fremde Hilfe. Er ist einverstanden. Dank Dega gibt man ihm den Garten zurück.
    An diesem Morgen, während ich mit einem Haufen Rötungen am Haus des neuen Kommandanten vorbeikomme, höre ich, wie der junge Sträfling, der hier den Hausburschen macht, zu einer jungen Frau sagt: »Madame, da kommt der, der jeden Tag Madame Barrot Fisch gebracht hat.« Und ich höre, wie ihm die junge, hübsche Braune – der Typ der bronzehäutigen Algerierin – erwidert: »So, das ist also Papillon?« Und sie wendet sich an mich:
    »Ich habe bei Madame Barrot delikate Langustinen gegessen, die Sie gefischt haben. Kommen Sie herein!
    Ein Glas Wein und ein Stück Ziegenkäse, frisch aus Frankreich, werden Ihnen schmecken.«
    »Nein, danke, Madame.«
    »Warum nicht? Sie haben Madame Barrot doch auch besucht, warum wollen Sie nicht jetzt zu mir kommen?«
    »Weil Monsieur Barrot erlaubt hat, bei Madame Barrot einzutreten.«
    »Papillon – mein Gatte kommandiert im Lager, im Haus kommandiere ich. Treten Sie ruhig ein.«
    Ich spüre, daß diese hübsche Braune, die sich so freigebig zeigt, mir vielleicht nützlich – oder gefährlich werden kann. Ich trete ein.
    Sie stellt einen Teller mit geräuchertem Schinken und Käse vor mich hin, setzt sich ohne Umstände am Eßzimmertisch mir gegenüber, bietet mir Wein an, dann Kaffee, zuletzt einen köstlichen Jamaikarum.
    »Papillon«, beginnt sie, »Madame Barrot hat trotz ihres Abreise- und unseres Anreisetrubels Zeit gefunden, mir von Ihnen zu erzählen. Ich weiß, daß sie die einzige Frau auf den Inseln war, die von Ihnen Fisch bekommen hat. Ich hoffe, Sie werden mir die gleiche Gunst erweisen.«
    »Nur weil sie krank war – aber Sie sind wohlauf, wie ich sehe.«
    »Ich kann nicht lügen, Papillon. Ja, ich bin wohlauf, aber ich komme aus einem Seehafen, und ich liebe Fisch über alles. Ich bin aus Oran. Eine einzige Sache stört mich, nämlich daß Sie, wie ich weiß, Ihre Fische nicht verkaufen. Das ist wirklich ärgerlich.« Kurz und gut, wir kamen dann doch überein, daß ich ihr Fische bringen werde.
    Ich war gerade dabei, eine Zigarette zu rauchen, nachdem ich ihr gute drei Kilo Rötlinge und sechs Langustinen gegeben hatte, da kommt der Kommandant. Er sieht mich und sagt: »Ich habe dir gesagt, Juliette, daß außer dem Hausburschen kein Verbannter Zutritt zu meinem Haus haben darf.«
    Ich erhebe mich sofort, aber sie sagt: »Bleiben Sie sitzen. Dieser Verbannte ist nämlich der Mann, den mir Madame Barrot vor ihrer Abreise empfohlen hat. Also hast du nicht dagegen zu sein. Keiner wird hereinkommen außer ihm. Außerdem wird er mir, wann immer ich es wünsche, Fisch bringen.«
    »Gut«, sagt der Kommandant. »Wie heißen Sie?« Ich will aufstehen und Antwort geben, aber Juliette legt mir einfach die Hand auf die Schulter und drückt mich auf den Sitz nieder: »Hier ist
mein
Haus«, sagt sie. »Der Kommandant ist hier nicht mehr Kommandant, sondern er ist mein Gatte – Herr Prouillet.«
    »Danke, Madame. Ich heiße Papillon«, stelle ich mich ihm vor.
    »Oh! Ich habe von Ihnen und von Ihrer Flucht vor drei Jahren gehört, aus dem Spital von Saint-Laurent -du-Maroni. Übrigens ist einer der Aufseher, den Sie bei Ihrem Fluchtversuch niedergeschlagen haben, mein eigener Neffe und der Ihrer Protektorin.«
    Juliette beginnt zu lachen, es ist ein frisches und junges Lachen, und sagt: »Dann sind Sie es also, der Gaston niedergeschlagen hat? Das ändert nichts an unseren Beziehungen.«
    Der Kommandant, noch immer stehend, sagt zu mir: »Es ist einfach unglaublich, wieviel Morde und Totschläge es jedes Jahr auf den Inseln gibt, weit mehr als auf dem Festland. Worauf führen Sie das zurück, Papillon?«
    »Hier werden die Männer bissig, weil sie nicht flüchten können, Herr Kommandant. Sie leben und kleben einer am anderen, Jahre und Jahre hindurch, da ist es doch verständlich, daß sich unzerstörbare Haß- und Freundschaftsbeziehungen herausbilden. Anderseits werden auch nur weniger als fünf Prozent aller Morde aufgedeckt, und das bedeutet, daß der Totschläger oder Mörder fast sicher ist, straffrei auszugehen.«
    »Diese Erklärung ist logisch. Wie lange gehen Sie schon Fische fangen. Und zu welcher Arbeit sind Sie eingeteilt, daß Sie das Recht dazu haben?«
    »Ich bin Latrinenentleerer, Herr Kommandant. Um sechs Uhr früh ist meine Arbeit zu Ende, und das erlaubt

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