Papillon
das Floß vergraben kann.«
»Nein, das ist gefährlich, eine Planke unter dem Gemüse!« sagt er. »In der Nacht gibt es Gammler, die Gemüse stehlen, und wenn sie draufsteigen und bemerken darunter eine Grube, sind wir geliefert. Ich werde ein Versteck in einer Stützmauer machen. Ich werde einen großen Stein herausnehmen, dadurch entsteht eine Art kleine Grotte. Da muß ich dann nur den Stein herausheben und wieder an seinen Platz setzen, nachdem ich das Holzstück dahinter versteckt habe.«
»Soll man dir die einzelnen Stücke direkt in den Garten liefern?«
»Nein, das wäre zu gefährlich. Die Kinderwagenburschen sind nicht berechtigt, in meinen Garten zu kommen; das beste war’s, wenn sie das Stück jedesmal an einen andern Ort legten, in der Nähe von meinem Garten.«
»In Ordnung.«
Alles scheint zu klappen. Bleiben nur noch die Kokosnüsse. Ich werde sehen, wie ich genügend viel zusammenbekomme, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich lebe geradezu auf. Klar, daß ich noch mit Galgani und Grandet reden muß. Ich habe nicht das Recht, zu schweigen, denn sie könnten als Komplizen beschuldigt werden. Normalerweise müßte ich mich von ihnen offiziell trennen und allein leben. Als ich ihnen sage, daß ich mich von ihnen trennen muß, weil ich eine Flucht vorbereite, beschimpfen sie mich und sind radikal dagegen: »Mach dich so schnell wie möglich fort.
Wir werden es uns schon richten. Während du wartest, bleib ruhig mit uns zusammen. Wir haben schon andere Sachen erlebt.«
Jetzt ist die Flucht schon seit mehr als einem Monat ins Rollen gekommen. Sieben Baustücke habe ich schon gekriegt, darunter zwei große. Ich habe mir die Stützmauer angesehen, wo Matthieu das Versteck gegraben hat. Man sieht nicht, daß der Stein wegbewegt wurde, denn er hat vorsichtshalber drum herum Moos hineingestopft, ein ausgezeichnetes Versteck, nur scheint es mir zu klein, um alles darin unterzubringen. Im Augenblick freilich ist noch genug Platz.
Die Tatsache, daß ich eine Flucht vorbereite, bringt mich in Hochstimmung. Ich esse so viel wie nie zuvor, und das Fischen erhält mich fit. Darüber hinaus treibe ich alle Morgen zwei Stunden Sport in den Felsen. Vor allem arbeite ich mit den Beinmuskeln, denn das Fischen trainiert nur die Arme. Für die Beine habe ich einen Trick gefunden: Ich gehe viel weiter ins Meer hinaus, als fürs Angeln nottut, und der Wellenschlag kräftigt mir dabei die Oberschenkelmuskeln. Um sie recht elastisch zu bekommen, spanne und entspanne ich sie während jeder Bewegung. Das Ergebnis ist ausgezeichnet.
Juliette, die Kommandantin, ist nach wie vor sehr liebenswürdig zu mir, doch sie hat bemerkt, daß ich nur mehr bei ihr eintrete, wenn ihr Mann daheim ist. Sie hat es mir freimütig gesagt und, damit ich gute Laune kriege, mir erklärt, daß sie an jenem Morgen beim Frisieren doch nur gespaßt habe. Trotzdem beobachtet mich die junge Frau, die ihr als Friseuse dient, heimlich, wenn ich vom Fischfang zurückkomme, und begegnet sie mir unterwegs, dann hat sie immer ein paar freundliche Worte für meine Gesundheit oder meine Stimmung bereit. Es steht also alles zum besten. Bourset nimmt jede Gelegenheit wahr, ein neues Stück anzufertigen. Zweieinhalb Monate sind es jetzt her, daß wir begonnen haben.
Das Versteck ist bereits voll, wie ich es kommen sah. Es fehlen immer noch zwei Stücke, die längsten, eines mit zwei, das andere mit einem Meter fünfzig. Die werden in dem Versteck keinen Platz mehr haben. Zum Friedhof hinüberschauend, bemerke ich ein frisches Grab; es ist das Grab der Frau eines Aufsehers, die vergangene Woche gestorben ist. Ein häßliches Bukett verwelkter Blumen liegt oben drauf. Der Friedhofswärter ist ein alter Sträfling, halb blind, er wird »Papa« genannt. Er verbringt den ganzen Tag im Schatten einer Kokospalme sitzend, in einer entgegengesetzten Ecke des Friedhofs, von wo aus er weder das frische Grab noch jemanden sehen kann, der sich diesem Ort nähert. Ich überlege also, ob man sich nicht dieses Grabes bedienen könnte, um das Floß zusammenzustellen und eine Art Verschalung unterzubringen, die der Tischler für die Kokosnüsse gemacht hat. Es sind ungefähr dreißig bis vierzig Nüsse weniger, als vorgesehen war. Ich selbst habe mehr als fünfzig Stück auf verschiedene Orte verteilt. Selbst im Hof von Juliette ein gutes Dutzend. Der Hausbursche glaubt, daß ich sie hier aufgestapelt habe, um eines Tages Öl daraus zu pressen.
Nachdem ich hörte, daß der
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