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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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waren es mehr als hundert…
    Wegen eines Messerstichs für eine Bagatelle krepieren zu müssen, mit vierzig Jahren! Armer Kerl. Ich bin total fertig. Nein. Nein. Nein. Wenn die Haifische auch mich verdauen wollen, dann sollen sie mich lebend zerreißen, während ich um meine Freiheit kämpfe. Ohne Mehlsäcke, ohne Stein, ohne Strick. Ohne Zuschauer. Weder Sträflinge noch Wächter. Ohne Glocke. Wenn ich gefressen werden soll, gut… sie werden nach mir schnappen, während ich – lebend! – gegen die Elemente kämpfe, um das Festland zu erreichen.
    Alles in allem wird es nur eine Frage der körperlichen Widerstandskraft sein. Achtundvierzig oder sechzig Stunden? Wird ein so langer Aufenthalt im Meerwasser, die Schenkel um die Kokossäcke gekrampft, wird das nicht nach einiger Zeit meine Beine lahmen? Wenn ich die Chance habe, auf die Teufelsinsel zu kommen, werde ich meine Versuche anstellen. Zuerst einmal weg von Royale und auf die Teufelsinsel, dann werden wir weitersehen.
    »Schläfst du, Papi?«
    »Nein.«
    »Möchtest du ein wenig Kaffee?«
    »Wie du willst.« Ich setze mich auf meiner Hängematte auf und nehme die Tasse warmen Kaffee zu mir, die mir Grandet zugleich mit einer angerauchten Gauloise reicht.
    »Wie spät?«
    »Ein Uhr früh. Ich habe die Wache zu Mitternacht übernommen, aber als ich sah, wie du dich fortwährend bewegtest, dachte ich, daß du nicht schläfst.«
    »Du hast recht. Der Tod von Matthieu hat mich schon fertiggemacht. Aber sein Begräbnis und der Haifischfraß haben mir den Rest gegeben. Es war grausig. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Sag mir nichts davon, Papi, ich ahne, wie das gewesen ist. Du hättest niemals mitdürfen.«
    »Ich glaubte, daß diese Geschichte mit der Glocke nur Quatsch ist. Und dann auch, daß der Eisendraht, der den großen Stein hielt, nicht durchgebissen werden kann. Niemals hätte ich geglaubt, daß die Haifische Zeit hätten, ihn im Nu zu zerreißen. Armer Matthieu! Mein ganzes Leben werde ich diese schreckliche Szene vor mir sehen. Und du? Wie hast du es eigentlich angestellt, den Armenier und Sans-Souci so schnell zu liquidieren?«
    »Ich war gerade am Ende der Insel und dabei, eine Eisentür an der Bäckerei anzuschlagen, als ich erfuhr, daß man unseren Freund getötet hat. Es war Mittag. Anstatt ins Lager zurückzukehren, bin ich zu den Werkstätten gegangen, angeblich um das Schloß zu richten. An einem Rohr von einem Meter Länge brachte ich ein Messer an, auf beiden Seiten scharf. Darüber stülpte ich ein kurzes Stück ausgehöhltes Holz, so daß man das Messer gar nicht sehen konnte. Um fünf bin ich dann mit dem Rohr in der Hand ins Lager zurückgekehrt. Der Aufseher hat mich gefragt, was das wäre, und ich habe ihm geantwortet, daß das Querholz von meiner Hängematte gebrochen sei und ich es für diese Nacht durch das Rohr ersetzen müsse.
    Es war noch Tageslicht, als ich in den Saal kam, aber ich ließ das Rohr im Waschraum. Vor dem Appell hab ich’s dann reingeholt. Es begann Nacht zu werden. Umgeben von meinen Freunden hab ich schnell das Messer freigelegt. Der Armenier und Sans-Souci standen vor ihren Hängematten, Paolo ein wenig dahinter.
    Du weißt, Jean Castelli und Louis Gravon sind recht tapfer, aber sie sind alt und nicht mehr wendig genug, um bei einer Schlägerei durchzuhalten. Ich wollte handeln, bevor du kommst, damit du nicht in die Sache hineingezogen wirst. In deinem Fall, mit dem, was du schon hinter dir hast, könnte dir das Maximum blühen, wenn die es wollen. Jean war am Ende des Saales und hat eine der Lampen ausgelöscht. Gravon tat das gleiche am andern Ende. Der Saal war fast ohne Licht. Nur die Petroleumlampe in der Mitte brannte noch.
    Ich hatte eine große Taschenlampe, die mir Dega gegeben hat. Jean ist vorangegangen, ich hinter ihm. Wie ich bei ihnen ankomme, blende ich ihnen mit der Lampe ins Gesicht. Der Armenier hat seinen linken Arm vor die Augen gehoben, und so habe ich Zeit gehabt, ihm den Hals mit der Lanze zu durchbohren. Sans-Souci, ebenfalls geblendet, hat sein Messer gezogen und vor sich hin ins Leere gestochen. Ich habe ihn mit meiner Lanze so stark angerammt, daß er durch und durch gebohrt war. Paolo hat sich flach auf den Boden geworfen und unter die Hängematte gerollt. Jean hat die Lampe ausgemacht, und ich verzichtete darauf, Paolo unter den Hängematten zu verfolgen, das hat ihn gerettet.«
    »Und wer hat sie in die Klos geschleppt?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, es waren welche aus

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