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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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auf den Furchtlosen Jean.
    »Danke«, sagt Clousiot zu mir, und jetzt schäme ich mich, daß ich gelogen habe. »Nein«, sage ich leise, »das kann ich nicht von dir annehmen, das wäre ganz unbegründet.«
    »Es ist durchaus nicht unbegründet«, erwidert er. »Dreitausend Franc sind eine Menge Geld, und trotzdem hat Allerheiligen bei dem Geschäft mindestens zweitausend verloren, denn das Boot, das er euch gegeben hat, ist ausgezeichnet. Warum sollte ich nicht auch etwas beisteuern?«
    Jetzt geschieht etwas Rührendes: Sumpfeule legt einen Hut auf die Erde, und alle Aussätzigen werfen Geldscheine und Münzen hinein. Sie kommen von allen Seiten. Ich fühle mich tief beschämt, aber ich kann ihnen doch nicht sagen, daß ich ohnehin noch Geld habe! Was soll ich machen, mein Gott! Es ist infam, was ich da tue gegenüber so viel Edelmut… »Ich bitte euch, bringt nicht ein solches Opfer!« Ein völlig verstümmelter Tombuktu-neger – er hat zwei Stümpfe als Hände und keinen einzigen Finger mehr – sagt:
    »Uns nützt das Geld nichts. Nimm es nur, schäm dich nicht! Wir verspielen es höchstens oder verhuren es mit leprösen Weibern, die ab und zu aus Albina herüberkommen.« Seine Antwort tröstet mich, sonst hätte ich ihnen doch noch eingestanden, daß ich Geld habe.
    Ein paar Leprakranke kochen zweihundert Eier ab, die sie in einer Kiste mit einem roten Kreuz oben drauf verfrachten. Es ist die Kiste, die sie am Morgen mit der täglichen Medikamentenration bekommen haben. Sie schleppen auch zwei lebende Schildkröten daher, von denen jede mindestens dreißig Kilo wiegt, Tabakblätter und zwei Flaschen mit Streichhölzern und Reibpapier, einen Fünfzigkilosack Reis, zwei Säcke Holzkohlen, einen Spirituskocher Marke Primus aus dem Krankenhaus und einen Kanister Benzin. Die ganze traurige Gemeinschaft ist von unserem Schicksal ergriffen und möchte etwas zum Gelingen unseres Unternehmens beitragen. Als ob sie selbst mit auf die Flucht gingen.
    Wir haben das Schiff an die Stelle gebracht, an der wir angekommen sind. Das Geld aus dem Hut macht zusammengerechnet achthundertzehn Franc aus. Ich brauche Allerheiligen also nur tausendzweihundert Franc zu geben. Clousiot gibt mir seinen Stöpsel, ich öffne ihn vor aller Augen. Er enthält einen Tausendfranc und vier Fünfhundertfrancscheine. Ich gebe Allerheiligen tausendfünfhundert Franc, und er gibt mir dreihundert wieder.
    »Halt, nimm den Revolver«, sagt er dann. »Ich schenk ihn dir. Du hast alles aufs Spiel gesetzt, die Sache soll nicht im letzten Moment zum Platzen kommen, nur weil du keine Waffe hast. Ich hoffe, du wirst ihn nicht brauchen.«
    Ich weiß nicht, wie ich ihm danken soll, ihm vor allem, und dann allen übrigen. Der Krankenwärter hat eine kleine Schachtel mit Baumwollwatte, Alkohol, Aspirin, Verbandstoff, Jod, einer Schere und etwas Heftpflaster vorbereitet. Einer der Kranken bringt ein paar gehobelte Holzbretter und zwei eingepackte elastische Binden – wir sollen damit Clousiots Verband erneuern.
    Gegen fünf Uhr beginnt es zu regnen. »Das ist eure Chance«, sagt der Furchtlose Jean. »Man wird es nicht für nötig halten, nach euch auszuspähen, ihr könnt sofort aufbrechen und habt eine gute halbe Stunde gewonnen. Dann seid ihr schon näher an der Mündung, wenn ihr um halb fünf in der Früh losfahrt.«
    »Aber wie werde ich wissen, wie spät es ist?« frage ich.
    »Flut und Ebbe werden es dir sagen.«
    Wir setzen das Boot ins Wasser. Das ist freilich etwas ganz anderes als die Piroge von gestern! Es ragt mit seiner ganzen Ladung und uns dreien dazu nur noch vierzig Zentimeter aus dem Wasser. Der Mast liegt, in das Segel eingerollt, am Boden, er wird erst an der Mündung gesetzt werden. Wir bringen das Steuer samt Sicherungsstange und Pinne an, und für mich, den Steuermann, gibt es ein Kissen aus Lianen zum Draufsetzen. Aus den Decken richten wir auf dem Boden des Bootes ein Lager für Clousiot, der seinen Verband nicht wechseln wollte. Er liegt zwischen mir und dem Wasserfaß zu meinen Füßen. Maturette setzt sich vorne auf den Boden. Ich habe sofort ein Gefühl der Sicherheit, das ich in der Piroge von Jesus niemals hatte.
    Es regnet noch immer. Ich muß in die Mitte des Flusses gelangen, halte mich aber etwas mehr links, an der Seite der holländischen Küste.
    »Adieu, macht schnell!« sagt der Furchtlose Jean.
    »Viel Glück!« sagt Allerheiligen und gibt dem Boot einen kräftigen Stoß mit dem Fuß.
    »Danke, Allerheiligen! Danke,

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