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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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habe den Fermentierungsprozess beschleunigt und der Quotient ist auch besser geworden!“
    „Das ist grossartig“, sagte Musanthin leicht mechanisch. Er hatte bereits vor einiger Zeit den Faden verloren, aber durch das Vorweisen von gesteigerten Leistungen sah er sich stets gerettet.
    Die Laborkollegen beugten sich über die Ergebnisse und überprüften genauer, was den Chef so rasch überzeugt hatte. Aber sie mussten ihm zustimmen. Nuuk hatte wirklich etwas erreicht, sie hatte einen signifikanten Fortschritt erzielt und nun brauchten sie nur noch mehr Mais und Zellulose, um weiter arbeiten zu können und Marktführer zu werden. Träume spannten sich über ihren Häuptern wie Fahnen im Wind und ein unbestimmtes Glück beflügelte sie.
    Schliesslich flaute die Stimmung auf ein allgemeines Hochgefühl ab und in einer ruhigen Minute trat Siegmar auf Nuuk zu.
    „Wie bist du denn auf die Idee gekommen? Formalinsäure ist doch sehr ungewöhnlich“, fragte er, den wissenschaftlichen Begriff für die Ameisensäure verwendend.
    Nuuk fühlte sich wie ertappt. Was ging es ihn an? Es war eben so eine Idee gewesen. Wissenschaft war die Sammlung aus Erkenntnissen, hervorgegangen aus Ideen, für die es zunächst keine Grundlage gab. Darum ging es.
    „Es war eben eine Idee“, sagte sie kurz angebunden und wollte sich abwenden.
    „Offensichtlich keine schlechte Idee, Nuuk. Aber ich glaube, es wäre nun auch keine schlechte Idee, wenn du dir eine warme Mahlzeit und eine gute Mütze Schlaf gönnst“, erwiderte er ruhig.
    Eine Mütze Schlaf? Sprach so ein normaler Mensch?
    Sie schnaubte leise und nickte unmerklich, bevor sie Siegmar stehen liess.
     
     
    Das Symposium fand diesmal in Kopenhagen statt. Die Stadt bestach nicht mit ihrer wasserschimmernden Leichtigkeit, denn der Frost hatte sie überzogen und erstarren lassen. Das Weiss des überkrusteten Schnees erhellte die nordwinterliche Dunkelheit und zwischen den Eisschollen auf der ruhigen See zeichneten sich wie fraktale Spuren die Risse des bleidunklen Wassers ab. Nie schien die See so tief und so verborgen wie im Angesicht des Winters, wenn das Weiss des Eises sich krönend über das fliessende Meer erhebt und dem Land sich angleicht, ohne ihm jemals gemein zu sein.
     
    Zwischen dem gläsern überspannten Palmengarten und dem Louis XVI-Saal verteilten sich die Gäste während des ausgesuchten Apéro Riches. Die üppigen Ansprachen und die karg gehaltenen Referate waren verklungen. Man gönnte sich reinen Gewissens niedlich glasierte Häppchen, von dessen monetärem Gegenwert eine Familie während eines Tages essen konnte. Das Buffet führte nur grosse Namen, doch keine Preise, so dass sich kein Unwohlsein in den Gemütern regen musste. Was sollte man hier anderes, als geniessen?
    Herrn Milo Musanthin war es gelungen, eine Einladung plus Eins zu erhalten. Es hatte ihn eine Reihe geschmalzter Briefe und einiges gutes Zureden gekostet, dass er sein Unternehmen GreenPower beim Symposion für die EU-Beihilfen zur Unterstützung alternativer Brennstoffe vorstellen durfte. Er war gereist, er hatte geschmeichelt, Kratzfüsse vollführt und seine besten Seiten vorgekehrt. So stand er nun am weissbespannten Büffet, dessen dick gewobene Tischdecke bauschig seine Schuhspitzen berührte und genoss mit verhaltener Gier vom silbernen Tablett die Hummerröllchen, dass es eine Art hatte. Nuuk, sein plus Eins, hatte er aus den Augen verloren. Sie war erstaunlich schlecht gelaunt und er bereute etwas, sie mitgenommen zu haben. Aber welche Alternativen hatte er denn unter den verqueren Fröschen, die er liebevoll seine Forscher nannte? Nuuk mit ihrer überragenden Körpergrösse und dem gazellenhaften Wuchs machte wenigstens etwas her. Mochte Sigemar auch tausendmal besser bekannt und dotiert sein, zeigen konnte man sich mit dem abgeschabten Professor ernstlich nicht. Nun aber gab sich Nuuk kühl wie der dänische Küstenwind. Zwar sah sie glänzend aus, seitdem sie beim Friseur gewesen war und sich einer kosmetischen Kur unterzogen hatte. Als sie aus ihrer forschenden Tauchstation aufgetaucht war, hatte sie kaum einen Schatten ihrer selbst hergegeben. Nun aber, mit Rouge und einem neuen Kleid sah sie aus wie ein Fotomodell und Musanthin strich mit dem Zeigefinger langsam über den Stil seines Glases.
    „Sie beschäftigen sich auch mit alternativen Brennstoffen?“ fragte eine Stimme neben ihm. Es war ein untersetzter Herr mit einer Welle zu langer Locken über einer sich lichtenden

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