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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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ihnen mitten beim Werfen erwischt. Man sieht ziemlich genau, was los ist. Lotta hat gesagt, ich soll Marcel wegschneiden.
Weil er sie sonst wirklich richtig haut. Das hat er zu ihr gesagt.
Es ist nicht gut und auch nicht gerecht, aber ich habe ihn weggeschnitten. Er war sowieso am Rand.
Die Bilder minus Marcel habe ich mit Tesafilm außen ans Schaufenster vom Edeka geklebt und an die Bushaltestelle. Ich habe gesehen, wie die einsame Spaziergängerin sie sich angeguckt und den Kopf geschüttelt hat, und auch Lottas Schwester Livia stand eine Weile davor. Einen Tag später waren die Bilder alle abgerissen, aber ich habe sie einfach noch mal ausgedruckt und aufgehängt, und ich glaube, sie haben jetzt Angst, die vom Bushäuschen. Mal sehen.
Eine Weile fürchtete ich mich davor, dass sie Lotta was tun, aber entweder haben sie sich nicht getraut, oder sie denken, dass Lotta nur zufällig in der Nacht da war, weil sie ganz bestimmt keinen Fotoapparat hat und keinen Drucker.

Ad 3) – Frau Hemke
Das ist ein kurzes »Ad«. Es besteht eigentlich nur aus einem Pappkarton, auf den ich SPENDEN FÜR FRAU HEMKE, DAMIT SIE NICHT INS ALTERSHEIM MUSS geschrieben habe. Oben habe ich einen breiten Schlitz reingeschnitten. Wir haben den Pappkarton außen an die Kirche gehängt, da, wo es ein bisschen windgeschützt ist, neben die Metallbox, in die man Spenden »Für die Restauration der Kirche« stecken kann.
November ist natürlich ein Monat, in dem nicht so viele Touristen kommen, die Geld spenden. Aber die Leute aus dem Dorf, die gucken manchmal nach den Gräbern von ihren gestorbenen Verwandten, die können ja Geld reinstecken. Ich bin gespannt, wann genug Geld in dem Karton ist, um die notwendigen Essens-und-Aufpass-Dienste für Frau Hemke zu bezahlen.

Ad 4) – Hund
Ich habe in der Schule einen Zettel ausgehängt, damit einer sich meldet, der den Hund will. Das muss ja einer sein, der weiter weg wohnt, damit Herr Tielow nichts merkt. Solange muss der Hund bei uns im Werkzeugschuppen bleiben.
Als ich gestern an Tielows Haus vorbeikam, saß er auf einem Stuhl vor seiner Tür und sah die ganze Zeit den Hundezwinger an. Er sah gar nicht wütend aus, sondern ratlos und auch traurig. Ich weiß von Renés Mutter, mit der ich zufällig geredet habe, was Tielow denkt. Er denkt, der Hund wäre weggelaufen, als Lotta ihm entwischt ist. Er hat vorher gar nicht gemerkt, dass der Hund schon weg war, und er denkt, Lotta hat die Tür des Zwingers irgendwie alleine aufbekommen, und der Hund ist mit abgehauen. Das hat er der Mutter von René erzählt, und sie hat ihn gefragt, wieso Lotta im Hundezwinger war, und er hat gesagt, weil sie seine Kirschen klauen wollte, und Renés Mutter hat zu mir gesagt, so ein Unsinn, Kirschen im Oktober (da war es noch Oktober), aber das ist Herrn Tielow wohl überhaupt nicht aufgefallen.
Ich glaube, er vermisst den Hund. Zu spät. Zurück kriegt er den nicht.

Ad 5) – Kühe
Ich war alleine noch mal bei den Kühen, mit meiner Taschenlampe. Sie standen wieder da und guckten ins Leere. Celia war nicht da. Ich habe mir die Gitter näher angesehen. Es gibt keine Schlösser. Die Kühe sind nur durch ihre Dummheit in den Boxen gefangen, oder durch die Eigenschaft, dass sie Kühe sind, die Kuhheit an sich, sozusagen, denn sie können die Riegel vor den Gittern nicht lösen. Wenn man die Riegel löst, können die Kühe in den Gang, aber die Tür, durch die Lotta und ich gegangen sind, ist zu schmal und nicht für Kühe gemacht. Es gibt deshalb ein Tor am anderen Ende des Ganges. Und das ist verschlossen, mit einem Schlüssel.
»Wen könntest du denn nach dem Schlüssel fragen?«, sagte Rosekast, als ich ihm die Sache erzählte.
»Den Bauern«, sagte ich. »Aber das geht ja wohl nicht. Bleibt nur Celia.«
Wir saßen draußen auf der Bank in Rosekasts Garten, mit einem dicken Stapel Bücher neben uns, die Rosekast wohl gelesen hatte. Manchmal lese ich auch die eine oder andere Seite aus seinen Büchern, und was da steht, ist sehr seltsam, weil man es nicht begreift.
»Ist es richtig, die Kühe zu entführen?«, fragte Rosekast.
»Natürlich«, sagte ich. »Sie haben zu wenig Platz. Kühe sind, glaube ich, Steppentiere. Im weiteren Sinne. Sie müssen eigentlich ziehen, wie Vögel, in einer Herde. Mindestens brauchen sie aber eine Wiese. Mein Paradies ist nicht nur für Menschen, sondern auch für Hunde und Kühe, und deshalb entführe ich sie. Aber das stimmt nicht, ich befreie sie nur.«
»Wie verdient der Bauer dann

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