Paradies in Gefahr: Mittsommergeheimnis (German Edition)
wusste, dass sie als Teenager ein solches Geheimnis niemals auf Dauer für sich hätte behalten können.
Im Tagebuch war immer wieder die Rede von einer gewissen Frida. Ob es sich dabei um Frida Norden, die Mutter von Linda Norden handelte, deren Klassenlehrerin Hanna gewesen war? Sie wusste es nicht sicher, aber sie musste es wenigstens versuchen.
Da sie erst zum Beginn des nächsten Halbjahres wieder an die Schule zurückkehren musste, hatte sie die Zeit genutzt, um in ihrem Arbeitszimmer ein bisschen Ordnung zu machen. Sie suchte die Adresse der Nordens heraus, schnappte sich ihren Autoschlüssel und fuhr runter in den Ort.
Sie hatte Glück, im Haus der Nordens brannte Licht. Trotzdem blieb Hanna in ihrem Wagen sitzen. Seufzend fuhr sie sich durchs Haar. Frida Norden würde sich sicherlich wundern, wenn die ehemalige Lehrerin ihrer Tochter plötzlich bei ihr vor der Tür stand. Und überhaupt – wie sollte sie das Gespräch beginnen?
Als sie bereits kurz davor war, den Motor anzulassen und wieder nach Hause zu fahren, fasste sie sich doch noch ein Herz. Es war vielleicht nur eine verschwindend geringe Chance, doch sie musste es wenigstens versuchen. Das war sie Audrey schuldig. Trotzdem zögerte sie noch einmal, als sie vor der Tür stand. Sollte sie das wirklich tun? Sie wusste ja nicht einmal, ob Frida Norden tatsächlich die Frida aus Audreys Tagebuch war!
Doch dann wurde plötzlich die Haustür des hübschen kleinen hellblauen Holzhäuschens aufgerissen – und Hanna somit die Entscheidung abgenommen. Die rotblonde Frau, die auf der Türschwelle stand, blinzelte irritiert, als sie Hanna erblickte. “Huch, hast du mich erschreckt. Kennen wir uns nicht?” Sie runzelte die Stirn. “Du bist doch Hanna Fredrikson, Lindas Lehrerin nicht wahr? Meine Tochter war schrecklich traurig, als du für ein Jahr nach Spanien gegangen bist. Sie hat immer gesagt, dass du ihre Lieblingslehrerin bist.”
“Hej
.” Hanna zwang sich zu einem Lächeln. “Ja, Linda war meine Schülerin. Wie geht es ihr? Sie geht jetzt auf die weiterführende Schule, nicht wahr?”
“Genau.” Die ein paar Jahre ältere Frau nickte. “Und es geht ihr gut, vielen Dank. Aber … Bist du deshalb hier? Um dich nach meiner Tochter zu erkundigen?”
“Offen gestanden – nein.” Hanna atmete tief durch. “Ich würde mich gern mit dir über Audrey Westbrook unterhalten. Hast du einen Augenblick Zeit für mich?”
“Audrey? Das ist lange her …” Frida Norden wirkte überrascht, trat dann aber zur Seite. “Sicher. Eigentlich wollte ich zwar gerade noch rasch zu meiner Mutter, aber das kann ich auch auf morgen verschieben. Komm doch rein, ich koche uns einen Kaffee, und dann reden wird in Ruhe.”
“Du kanntest Audrey also?”, fragte Hanna hoffnungsvoll.
“Natürlich”, erwiderte Frida. “Wir waren bis zu ihrem Verschwinden sehr gut miteinander befreundet.”
Zehn Minuten später saß Hanna mit Frida Norden in deren gemütlichem Wohnzimmer bei einer Tasse Kaffee zusammen. Hanna war von einer nervösen Anspannung erfüllt. Ob sie durch dieses Gespräch etwas über Audreys geheimnisvollen Verehrer in Erfahrung bringen konnte? Die Chancen darauf schienen gar nicht mal so schlecht zu stehen; denn wenn sich das Au-pair jemandem anvertraut hatte, dann doch sicher einer guten Freundin!
“Du interessierst dich also für Audrey?”, fragte Frida neugierig. “Warum?”
“Weil ich herausfinden möchte, was vor fünfzehn Jahren wirklich mit ihr geschah. Ich weiß bereits, dass sie einen heimlichen Freund gehabt haben muss. Aber sie hat aus seiner Identität ein riesiges Geheimnis gemacht. Weißt du vielleicht, wer der Junge wahr?”
Zu Hannas Enttäuschung schüttelte Frida den Kopf. “Nein, tut mir leid, sie hat es mir nie verraten. Er wollte das wohl nicht. Ich weiß nur, dass er einer von Audreys Nachhilfeschülern war, mehr nicht”, erklärte sie. “Sie war furchtbar unglücklich, weil er sich nicht zu ihr bekennen wollte, aber sie hatte auch Verständnis für ihn. Seine Eltern waren wohl ziemlich streng und hatten bereits eine passende Ehefrau für ihn vorgesehen. Sie wären niemals mit seiner Beziehung zu einem Mädchen aus einfachen Verhältnissen einverstanden gewesen.”
“Weißt du denn zufällig, wem Audrey so alles Nachhilfe gegeben hat?”
Frida schüttelte den Kopf. “Es waren einige Jungs aus der Unterstufe dabei. Der Sohn vom Bürgermeister gehörte, glaube ich, auch dazu. Tut mir leid, aber mehr weiß ich
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